Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
nächste Woche einmal zum Mittagessen ausführe?
    Ich würde gern - also, da findet zur Zeit eine Schmuckausstellung statt - in Green Lodge, wo sie immer die Sommerkurse abhalten -, und da Sahlah doch selbst Schmuck herstellt, dachte ich, sie würde sie vielleicht gern sehen.«
    Akram legte den Kopf schief, während er die Bitte bedachte. Er musterte seine Tochter, als wollte er sich ein Bild davon machen, ob man sie einem solchen Abenteuer aussetzen könne. Dann sagte er: »Sie sind ein guter Freund unserer Familie, Theo. Ich persönlich habe nichts dagegen einzuwenden, wenn Sahlah Sie begleiten möchte. Wie ist es, Sahlah?«
    Sie hob den Kopf. »Green Lodge?« fragte sie. »Wo ist denn das, Theo?«
    Seine Stimme war so ruhig wie sein Blick, als er antwortete: »Das ist in Clacton.«

24
    Yumn drückte beide Hände in ihr Kreuz und stieß mit dem Fuß den Gartenkorb zwischen den ihr zugeteilten Reihen im verhaßten Gemüsegarten ihrer Schwiegermutter vorwärts. Mürrisch beobachtete sie Wardah, die zwei Reihen weiter arbeitete - so hingebungsvoll um ihre Peperoni bemüht wie eine junge Braut um ihren Ehemann -, und wünschte ihr alles nur erdenkliche Schlechte an den Hals, vom Sonnenstich bis zur Lepra. Es hatte ungefähr zwei Millionen Grad hier im baumlosen Gemüsegarten. Und als wäre die glühende Hitze, die den BBCMorgennachrichten zufolge Rekordhöhe erreicht hatte, nicht schon Plage genug, schien es auch noch das gesamte Insektenvolk, nicht zufrieden damit, sich von Tomaten, Paprika, Zwiebeln und Bohnen zu nähren, auf menschliche Beute abgesehen zu haben. Mücken und Fliegen sausten Yumn wie boshafte Satelliten um den Kopf. Sie landeten auf ihrem schweißnassen Gesicht, während Spinnen unter ihr dupatta krochen und kleine grüne Raupen sich aus rankenden Blättern auf ihre Schultern herabfallen ließen. Wütend schlug sie mit beiden Armen um sich und versuchte, die Fliegenschwärme zu ihrer Schwiegermutter hinüberzuscheuchen.
    Sie diesen Strapazen auszusetzen war nur eine der zahlreichen Kränkungen, die Wardah ihr täglich antat. Jede andere Großmutter hätte, froh und dankbar darüber, so bald nach der Heirat ihres Sohnes und so schnell hintereinander zwei Enkelkinder beschert zu bekommen, darauf bestanden, daß Yumn sich unter dem Walnußbaum am Rand des Gartens ausruhte, dort, wo eben jetzt ihre Kinder - zwei männliche Kinder - ihre Spielzeugautos zwischen den knorrigen Wurzeln des alten Baumes umherschoben. Jede andere Schwiegermutter hätte eingesehen, daß eine Frau, die vor einer weiteren Schwangerschaft stand, in dieser sengenden Hitze nicht einmal spazieren, geschweige denn schwer arbeiten sollte. Schwere körperliche Arbeit war nicht gesund für eine Frau im besten gebärfähigen Alter, sagte sich Yumn. Aber sollte mal einer versuchen, das Wardah klarzumachen, Wardah, der Wunderfrau, die am Tag der Geburt ihres Sohnes Muhannad sämtliche Fenster im Haus geputzt, das Abendessen für ihren Mann gekocht, Geschirr und Töpfe gespült und den Küchenboden geschrubbt hatte, bevor sie sich in der Speisekammer niedergekauert hatte, um ihr Kind zu gebären. Nein, Temperaturen, die bis auf fünfunddreißig Grad hinaufschnellten, waren für Wardah Malik nicht mehr als eine kleine Unannehmlichkeit, nicht anders als das anläßlich der Hitzewelle ausgesprochene öffentliche Verbot, in Privatgärten mit Schlauch oder Sprinkleranlagen zu gießen.
    Jeder vernünftige Mensch in England hatte daraufhin die Neupflanzungen im Garten stark eingeschränkt. Aber das kam für Wardah natürlich nicht in Frage. Wardah Malik hatte wie immer unendlich viele Reihen zarter Sämlinge gepflanzt, die sie jeden Nachmittag versorgte. Da Gießen mit dem Schlauch verboten war, schleppte sie das Wasser in Eimern vom Außenhahn bei der Küche heran, um jedes einzelne widerwärtige Pflänzchen von Hand zu wässern.
    Sie arbeitete dabei mit zwei Eimern. Während sie damit beschäftigt war, den einen Eimer vollaufen zu lassen, um ihn dann zum Rand des Gemüsegartens zu tragen, erwartete sie von Yumn, daß diese aus dem anderen Eimer die Pflanzen goß. Aber vor dieser täglichen Übung mußte geschnitten, gestutzt, gejätet und geerntet werden, was reif war. Und auch bei diesen Arbeiten, mit denen sie eben jetzt beschäftigt war, erwartete Wardah Yumns Hilfe. Mochte sie doch in ewig brennender, brutzelnder Qual in der Hölle aller Höllen schmoren.
    Yumn wußte genau, was hinter Wardahs ewigen Forderungen - Kochen, Putzen,

Weitere Kostenlose Bücher