09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
sieben Fingern leben. Sieben ist eine heilige Zahl. Er erinnerte sich an die Schmerzen, als Lord Ramsay Häuter befohlen hatte, ihm die Haut vom Ringfinger abzuziehen.
Die Luft war feucht und schwer, und auf dem Boden hatte sich das Wasser in seichten Pfützen gesammelt. Stinker suchte seinen Weg vorsichtig um sie herum und folgte den Resten der Straße aus Balken und Planken, die Robb Starks Vorhut auf dem weichen Boden ausgelegt hatte, damit das Heer schneller vorankam. Wo einst eine mächtige Umfassungsmauer gestanden hatte, waren nur verstreute Steine geblieben, Blöcke aus schwarzem Basalt, die so groß waren, dass man sicherlich hundert Männer gebraucht hatte, um sie an Ort und Stelle zu bringen. Manche waren bereits so tief im Sumpf versunken, dass nur noch eine Ecke herausschaute, andere lagen herum wie die vergessenen Spielzeuge eines Gottes und zerbröselten und zerbröckelten, während sie von Flechten überwachsen wurden. Vom Regen der letzten Nacht glänzten die riesigen Steine nass, und im Sonnenschein sahen sie aus wie von dünnem schwarzem Öl überzogen.
Dahinter standen die Türme.
Der Säuferturm neigte sich, als würde er im nächsten Augenblick einstürzen, aber so stand er schon seit einem halben Jahrtausend. Der Kinderturm bohrte sich gerade wie ein Speer in den Himmel, doch das verfallene Dach gewährte Wind und Regen Einlass. Der Torhausturm war gedrungen und breit und der größte der drei, mit schleimigem Moos überwuchert. Aus der Nordseite wuchs ein knorriger Baum, und im Osten und Westen gab es noch Reststücke der eingestürzten Mauer. Die Karstarks hatten ihr Lager im Säuferturm, die Umbers im Kinderturm, erinnerte er sich. Den Torhausturm hatte Robb für sich genommen.
Wenn er die Augen schloss, konnte er die Banner vor seinem geistigen Auge sehen, wie sie tapfer im frischen Nordwind knatterten. Jetzt sind sie alle fort, alle gefallen. Der Wind auf seinen Wangen wehte jetzt aus Süden, und die einzigen Banner, die über Moat Cailins Überresten flatterten, zeigten einen goldenen Kraken auf einem schwarzen Feld.
Man beobachtete ihn. Er spürte die Blicke. Als er aufsah, erhaschte er einen Blick auf die bleichen Gesichter, die von den Zinnen des Torhausturms herunter oder zwischen dem eingefallenen Mauerwerk, das den Kinderturm krönte, hervorspähten. Von dort oben, so berichtete es die Legende, hatten die Kinder des Waldes einst den Hammer des Wassers herabgerufen, um das Land von Westeros in zwei Teile zu spalten.
Die einzige trockene Straße durch den Neck war der Damm, und die Türme von Moat Cailin verschlossen dessen Nordende wie ein Korken eine Flasche. Die Straße war schmal, die Ruinen so positioniert, dass jeder Feind, der sich von Süden näherte, unter und zwischen ihnen hindurchziehen musste. Um einen der drei Türme anzugreifen, musste man den beiden anderen den Rücken zukehren und sich den Pfeilen, die daraus abgeschossen wurden, aussetzen, während man die feuchten Steinmauern hinaufkletterte, die mit Streifen aus glitschiger weißer Geisterhaut verziert waren. Der sumpfige Boden zu beiden Seiten des Damms war nicht begehbar, es war ein endloser Morast aus Tümpeln, Treibsand und glänzenden grünen Grasnarben, die für das unachtsame Auge fest aussahen, sich jedoch in Wasser verwandelten, sobald man darauftrat. Überall trieben sich Giftschlangen herum, und riesige Echsenlöwen mit Zähnen wie Dolche lagen auf der Lauer, außerdem wuchsen hier giftige Blumen. Genauso gefährlich war das Volk, das hier lebte, selten gesehen, aber immer in der Nähe, die Sumpfbewohner, Froschesser, Schlammmenschen. Fenn und Reet, Torf und Modder, Flusskrebs und Morig, Grüngut und Schwarzmoor waren die Namen, die sie sich gaben. Die Eisenmänner nannten sie allesamt die Sumpfteufel . Stinker ritt am verwesten Kadaver eines Pferdes vorbei, aus dessen Hals ein Pfeil ragte. Eine lange weiße Schlange glitt in eine der beiden leeren Augenhöhlen, als er sich näherte. Hinter dem Pferd entdeckte er den Reiter, oder besser das, was von ihm übrig war. Die Krähen hatten das Fleisch vom Gesicht des Mannes gefressen, und ein wilder Hund hatte sich unter das Kettenhemd des Mannes gegraben und seine Eingeweide gefressen. Ein Stück weiter war eine Leiche so tief im Schlamm versunken, dass nur noch das Gesicht und die Finger hervorschauten.
Näher an den Türmen bedeckten überall Leichen den Boden. Blutblüten sprossen aus ihren klaffenden Wunden, blasse Blumen mit breiten Blättern, so
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