09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
mein süßer Stinker?«, murmelte Ramsay leise wie ein Liebhaber. Sein Atem roch so süß nach Gewürzwein und Nelken. »Solch eine mutige Tat verdient eine Belohnung. Deine Finger oder deine Zehen kann ich dir nicht zurückgeben, aber sicherlich wünschst du dir etwas anderes von mir. Soll ich dir stattdessen die Freiheit schenken? Dich aus meinen Diensten entlassen? Willst du mit ihnen gehen und zu euren öden Inseln im kalten grauen Meer zurückkehren, wo du wieder ein Prinz sein kannst? Oder möchtest du lieber bei mir bleiben und mir weiterhin treu dienen?«
Ein kaltes Messer kratzte über sein Rückgrat. Sei vorsichtig, mahnte er sich, sei sehr, sehr vorsichtig! Das Lächeln seiner Lordschaft gefiel ihm gar nicht, die Art, wie seine Augen leuchteten, der Speichel, der in seinen Mundwinkeln glitzerte. Diese Zeichen kannte er. Du bist kein Prinz. Du bist Stinker, bloß Stinker, das kommt von stinken, und das reimt sich auf abwinken. Gibt ihm die Antwort, die er haben will.
» Mylord«, sagte er, »mein Platz ist hier bei Euch. Ich bin Euer Stinker. Ich möchte nur Euch dienen. Alles, was ich mir wünsche ist … ist ein Schlauch Wein, das wäre Belohnung genug für mich … roten Wein, den stärksten, den Ihr habt, so viel Wein, wie ein Mann nur trinken kann.«
Lord Ramsay lachte. »Du bist kein Mann, Stinker. Du bist nur mein Geschöpf. Trotzdem sollst du deinen Wein bekommen. Walder, kümmere dich darum. Und keine Angst, ich werde dich nicht wieder in den Kerker werfen, darauf hast du mein Wort als Bolton. Stattdessen machen wir einen Hund aus dir. Jeden Tag gibt es Fleisch, und ich werde dir sogar genug Zähne lassen, um es zu essen. Du kannst bei meinen Mädchen schlafen. Ben, hast du ein Halsband für ihn?«
»Ich werde ihm eins anfertigen lassen, M’lord«, sagte der alte Ben Knochen.
Nicht nur dafür sorgte der alte Mann. An diesem Abend bekam Stinker außer dem Halsband auch noch eine zerfetzte Decke und eine halbes Hähnchen. Zwar musste er das Fleisch gegen die Hunde verteidigen, aber es war das beste Mahl, das er seit Winterfell genießen durfte.
Und der Wein … der Wein war dunkel und sauer, aber stark. Während er zwischen den Hunden hockte, trank Stinker, bis ihm der Kopf dröhnte. Er übergab sich, wischte sich den Mund ab und trank weiter. Danach lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Als er aufwachte, leckte ihm ein Hund Erbrochenes aus dem Bart, und dunkle Wolken huschten vor dem Sichelmond entlang. Irgendwo in der Nacht schrien Männer. Er schob den Hund zur Seite, wälzte sich herum und schlief weiter.
Am nächsten Morgen schickte Lord Ramsay drei Reiter über den Damm, die seinem Hohen Vater die Nachricht bringen sollten, dass der Weg frei war. Der gehäutete Mann des Hauses Bolton wurde über dem Torhausturm aufgezogen, wo Stinker den goldenen Kraken von Pyke eingeholt hatte. Entlang der verrotteten Plankenstraße wurden Holzpfähle tief in den Sumpfboden gerammt; daran wurden Leichen befestigt, rot und tropfend. Dreiundsechzig, wusste Stinker, es sind dreiundsechzig Leichen. Einem Mann fehlte ein halber Arm. Einem anderen hatte man ein Pergament zwischen die Zähne geschoben, dessen Wachssiegel noch immer ungebrochen war.
Drei Tage später trottete die Vorhut von Roose Boltons Heer zwischen den Ruinen hindurch und an den grässlichen Wächtern vorbei, vierhundert berittene Freys in Blau und Grau, deren Speerspitzen glitzerten, wann immer die Sonne durch die Wolken brach. Zwei der Söhne des alten Lord Walder führten sie an. Einer war kräftig gebaut, hatte ein riesiges Kinn und Arme mit dicken Muskeln. Der andere hatte hungrige engstehende Augen und eine spitze Nase, einen dünnen brauen Bart, der das fliehende Kinn darunter kaum zu verbergen vermochte, und einen kahlen Kopf. Hosteen und Aenys. Er erinnerte sich an sie, aus der Zeit, als er seinen Namen noch nicht gelernt hatte. Hosteen war ein Bulle, den man nicht leicht reizen konnte, der jedoch unversöhnlich wurde, wenn es doch geschah, und er hatte den Ruf, der gefährlichste Kämpfer von Lord Walders Nachkommen zu sein. Aenys war älter, grausamer und klüger; ein Kommandant, kein Schwertkämpfer. Beide waren erfahrene Soldaten.
Die Nordmänner folgten dicht hinter der Vorhut, ihre zerfetzten Banner flatterten im Wind. Stinker schaute zu, wie sie vorbeizogen. Die meisten waren zu Fuß, und überhaupt waren es nur wenige. Er erinnerte sich an das große Heer, das mit dem Jungen Wolf unter dem Banner des Schattenwolfs
Weitere Kostenlose Bücher