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09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)

Titel: 09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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Schlacht geschlagen haben.«
    »Jeder zieht irgendwann zum ersten Mal in die Schlacht, Euer Gnaden. Die Unbefleckten werden ihnen Halt geben. Wenn ich fünfhundert Ritter hätte …«
    »Oder fünf. Und wenn ich Euch die Unbefleckten gebe, habe ich außer den Messingtieren niemanden mehr, der Meereen hält.« Als Ser Barristan dagegen nichts vorzubringen hatte, schloss Dany die Augen. Götter, betete sie, ihr habt mir Khal Drogo genommen, der meine Sonne, meine Sterne war. Ihr habt mir unseren tapferen Sohn genommen, ehe er das erste Mal Atem holen konnte. Ihr habt genug Blut von mir bekommen. Helft mir jetzt, ich flehe euch an. Gebt mir die Weisheit, den Pfad zu erkennen, der vor mir liegt, und die Kraft zu tun, was ich tun muss, um meine Kinder zu schützen.
    Die Götter antworteten nicht.
    Als Daenerys die Augen wieder aufschlug, sagte sie: »Ich kann nicht gegen zwei Feinde gleichzeitig kämpfen, den innerhalb der Mauern und den davor. Wenn ich Meereen halten will, muss ich die Stadt hinter mich bringen. Die ganze Stadt. Ich brauche … ich brauche …« Sie konnte es nicht aussprechen.
    »Euer Gnaden?«, hakte Ser Barristan sanft nach.
    Eine Königin gehört nicht sich selbst, sondern ihrem Volk.
    »Ich brauche Hizdahr zo Loraq.«

MELISANDRE
    In Melisandres Gemächern wurde es niemals richtig dunkel.
    Drei Talgkerzen brannten auf ihrer Fensterbank, um die Schrecken der Nacht in Schach zu halten. Vier weitere flackerten neben ihrem Bett, zwei an jeder Seite. Im Kamin brannte Tag und Nacht ein Feuer. Die erste Lektion jener, die ihr dienten, bestand darin zu lernen, dass das Feuer niemals, unter keinen Umständen verlöschen durfte.
    Die Rote Priesterin schloss die Augen und sprach ein Gebet, dann schlug sie sie wieder auf und starrte ins Kaminfeuer. Noch einmal. Sie musste sicher sein. Viele Priester und Priesterinnen vor ihr waren durch falsche Visionen zu Fall gebracht worden, weil sie gesehen hatten, was sie hatten sehen wollen, und nicht das, was der Herr des Lichts ihnen gesandt hatte. Stannis marschierte nach Süden, der Gefahr entgegen; der König, der das Schicksal der Welt auf seinen Schultern trug, die Wiedergeburt von Azor Ahai. Sicherlich würde R’hllor ihr einen Blick auf das gewähren, was ihn erwartete. Zeig mir Stannis, Herr, betete sie. Zeig mir deinen König, dein Werkzeug.
    Bilder tanzten vor ihr in Gold und Scharlachrot, flackerten und formten sich und verschmolzen und lösten sich in andere auf, in fremde und erschreckende und verführerische Schemen. Sie sah wieder die augenlosen Gesichter, die sie mit leeren Augenhöhlen anstarrten, aus denen blutige Tränen rannen. Dann die Türme am Meer, die zerbröckelten, als die dunkle Flut über sie hinwegbrandete, die sich aus der Tiefe erhoben hatte. Schatten in Form von Schädeln, Schädel, die sich in Nebel verwandelten, Körper, die sich voller Lust vereinten, sich umklammerten und umherwälzten und sich wanden. Durch Vorhänge aus Feuer sah sie große geflügelte Schatten, die unter einem harten blauen Himmel kreisten.
    Das Mädchen. Ich muss das Mädchen wiederfinden, das graue Mädchen auf dem sterbenden Pferd. Das würde Jon Snow von ihr erwarten, und zwar bald. Es würde nicht genügen, wenn sie nur sagte, dass das Mädchen auf der Flucht war. Er würde mehr wissen wollen, er würde das Wann und Wo erfahren wollen, und sie konnte es ihm noch nicht nennen. Sie hatte das Mädchen nur ein einziges Mal gesehen. Ein Mädchen so grau wie Asche, und noch während ich zuschaute, zerfiel sie und wurde vom Wind zerstreut.
    Im Kamin nahm ein Gesicht Gestalt an. Stannis?, dachte sie, aber nur einen Moment lang … doch nein, das waren nicht seine Gesichtszüge. Ein Gesicht aus Holz, so weiß wie eine Leiche. War das der Feind? Tausend rote Augen trieben durch die aufwallenden Flammen. Er sieht mich. Neben ihm warf ein Junge mit dem Gesicht eines Wolfes den Kopf in den Nacken und heulte.
    Die Rote Priesterin schauderte. Blut rann schwarz und rauchend ihren Schenkel hinunter. Das Feuer war in ihr, Qual und Verzückung zugleich, es erfüllte sie, es versengte sie, es verwandelte sie. Hitzeflimmern bildete Muster auf ihrer Haut und war so hartnäckig wie die Hand eines Geliebten. Fremde Stimmen riefen nach ihr, riefen aus lang vergangenen Tagen. »Melonie«, hörte sie eine weinende Frauenstimme rufen. Die Stimme eines Mannes rief: »Los Nummer sieben.« Sie weinte, und ihre Tränen waren Flammen. Und trotzdem trank sie weiter.
    Schneeflocken wirbelten

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