09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
Silbersträhnen. »Serra. Ich habe sie in einem Kissenhaus in Lys entdeckt und habe sie mit nach Hause genommen, damit sie mir das Bett wärmt, aber am Ende habe ich sie geheiratet. Ich, dessen erste Gemahlin eine Base des Fürsten von Pentos gewesen war. Danach blieben mir die Palasttore versperrt, doch mich kümmerte das nicht. Ein geringer Preis für Serra.«
»Wie ist sie gestorben?« Tyrion wusste, dass sie tot war; kein Mann würde so liebevoll über eine Frau sprechen, die ihn verlassen hatte.
»Eine Handelsgaleere aus Braavos legte auf dem Heimweg aus der Jadesee in Pentos an. Die Schatztruhe hatte Nelken und Safran, Jett und Jade, scharlachroten Samit und grüne Seide an Bord… und den Grauen Tod. Wir haben die Ruderer getötet, sobald sie an Land kamen, und das Schiff im Hafen verbrannt, doch die Ratten krabbelten an den Rudern hinunter und paddelten mit kalten Steinfüßen zum Anleger. Die Seuche forderte zweitausend Opfer.« Magister Illyrio schloss das Medaillon. »Ich bewahre ihre Hände in meinem Schlafzimmer auf. Ihre Hände, die einst so weich waren …«
Tyrion dachte an Tysha. Er blickte hinaus auf die Felder, auf denen einst die Götter gewandelt waren. »Was müssen das für Götter sein, die Ratten und Seuchen und Zwerge erschaffen?« Eine weitere Stelle aus dem Siebenzackigen Stern fiel ihm ein. »Die Jungfrau brachte ihm ein Mädchen, biegsam wie eine Weide und mit Augen, blau wie tiefe Teiche, und Hugor verkündete, er werde sie zur Braut nehmen. Also schenkte die Mutter ihr Fruchtbarkeit, und das Alte Weib weissagte, dass sie dem König vierundvierzig mächtige Söhne gebären werde. Ihnen verlieh der Krieger große Kraft, und der Schmied fertigte für jeden eine Rüstung aus Eisenplatten.«
»Euer Schmied muss von der Rhoyne stammen«, witzelte Illyrio. »Die Andalen haben das Schmieden von Eisen von den Rhoynar erlernt, die entlang des Flusses lebten. Das ist bekannt.«
»Unseren Septonen wohl nicht.« Tyrion deutete hinaus auf die Felder. »Wer wohnt in Eurem Flachland?«
»Ackerbauern und Landarbeiter, die an das Land gebunden sind. Es gibt Obsthaine, Bauernhöfe, Minen … Ich besitze selbst einige, allerdings statte ich ihnen selten einen Besuch ab. Warum soll ich meine Zeit hier draußen verbringen, wo sich mir in Pentos Myriaden von Freuden bieten.«
»Myriaden von Freuden.« Und hohe, dicke Mauern. Tyrion schwenkte den Wein in seinem Becher. »Seit Pentos haben wir keine Stadt mehr gesehen.«
»Es gibt Ruinen.« Illyrio deutete mit einer Hähnchenkeule auf den Vorhang. »Die Pferdeherren kommen hier entlang, wann immer irgendein Khal es sich in den Kopf setzt, das Meer zu sehen. Die Dothraki mögen keine Städte, das dürfte selbst in Westeros bekannt sein.«
»Fallt über eines dieser Khalasare her und vernichtet es, dann stellt Ihr vielleicht fest, dass es die Dothraki gar nicht so eilig haben, die Rhoyne zu überqueren.«
»Es ist billiger, Feinde mit Vorräten und Geschenken zu bestechen.«
Wenn ich nur daran gedacht hätte, einen schönen Käse mit in die Schlacht am Blackwater zu nehmen, hätte ich vielleicht meine Nase noch. Lord Tywin hatte den Freien Städten stets nur Verachtung entgegengebracht. Sie kämpfen mit Münzen anstelle von Schwertern, pflegte er zu sagen. Gold ist durchaus von Nutzen, aber Kriege gewinnt man mit Eisen. » Gibt man einem Feind Gold, so wird er stets wiederkehren und mehr verlangen, hat mein Vater immer gesagt.«
»Handelt es sich dabei um ebenjenen Vater, den Ihr ermordet habt?« Illyrio warf den Hähnchenknochen aus der Sänfte. »Söldner halten den Dothraki-Schreiern nicht stand. Das wurde bei Qohor unter Beweis gestellt.«
»Nicht einmal Euer tapferer Greif?«, stichelte Tyrion.
»Greif ist anders. Er hat einen Sohn, in den er vernarrt ist. Den Jungen Greifen, nennt man den Knaben. Nie gab es einen edleren Jungen.«
Wein, Essen, Sonne, das Schwanken der Sänfte und das Summen der Fliegen hatten sich verschworen, Tyrion schläfrig zu machen. Also schlief er, wachte wieder auf und trank weiter. Illyrio trank Becher um Becher mit. Und als der Himmel sich im Sonnenuntergang violett färbte, begann der fette Mann zu schnarchen.
In dieser Nacht träumte Tyrion Lannister von einer Schlacht, in der die Berge von Westeros sich rot wie Blut färbten. Er befand sich mitten im Getümmel und teilte mit einer Axt, die so groß war wie er selbst, rechts und links den Tod aus, und kämpfte Seite an Seite mit Barristan dem Kühnen und
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