09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
dem alten Lord Caswell aufgefallen, der ihm einen Platz in seiner Garde anbot, doch der Junge hatte nach Höherem gestrebt. Er hatte zuschauen müssen, wie Caswells schwächlicher Sohn zum Pagen, zum Knappen und schließlich zum Ritter gemacht worden war. »Ein schwächlicher Kriecher mit verkniffenem Gesicht war das, aber der alte Lord hatte vier Töchter und nur den einen Sohn, daher durfte niemand ein Wort gegen ihn sagen. Die anderen Knappen wagten auf dem Hof kaum, ernsthaft gegen ihn zu kämpfen.«
»Ihr wart wohl nicht so zaghaft.« Tyrion konnte sich schon denken, in welche Richtung die Erzählung ging.
»Mein Vater hatte ein Langschwert für mich geschmiedet, das er mir zum sechzehnten Namenstag schenken wollte«, fuhr Ente fort, »aber Lorent gefiel es so gut, dass er es für sich nahm. Mein verfluchter Vater hat nicht gewagt, es ihm zu verwehren. Als ich mich beschwert habe, hat Lorent mir ins Gesicht gesagt, meine Hand wäre dafür geschaffen, den Hammer zu halten und nicht das Schwert. Also bin ich gegangen und habe mir einen Hammer geholt. Damit habe ich ihn so lange verprügelt, bis seine beiden Arme und die Hälfte seiner Rippen gebrochen waren. Anschließend musste ich aus der Weite fliehen, und zwar schnell. Ich habe es über das Wasser zur Goldenen Kompanie geschafft. In den ersten Jahren war ich Lehrling bei einem Schmied, bis Ser Harry Strickland mich zu seinem Knappen gemacht hat. Als Greif jemanden suchte, der ihm half, seinem Sohn den Umgang mit Waffen beizubringen, hat Harry mich zu ihm geschickt.«
»Und Greif hat dich zum Ritter geschlagen?«
»Ein Jahr später.«
Haldon Halbmaester lächelte dünn. »Erzähl unserem kleinen Freund doch, wie du zu deinem Namen gekommen bist.«
»Ein Ritter braucht ja mehr als nur einen Namen«, erklärte der große Mann, »und, nun ja, wir standen auf einem Feld, als er mich zum Ritter geschlagen hat, und ich sah auf und entdeckte diese Enten, und daher … Also, das ist überhaupt nicht zum Lachen.«
Kurz nach Sonnenuntergang bogen sie von der Straße ab und rasteten in einem überwucherten Garten an einem alten Steinbrunnen. Tyrion sprang vom Pferd, um seine verkrampften Waden zu lockern, während Ente und Haldon die Pferde tränkten. Zwischen den Steinen wuchs zähes braunes Gras und Unkraut, und die bemoosten Steinmauern hatten vermutlich einst zu einem riesigen Anwesen gehört. Nachdem die Tiere versorgt waren, teilten sich die Reiter eine einfache Mahlzeit aus gesalzenem Schweinefleisch und kalten weißen Bohnen, die sie mit Bier hinunterspülten. Für Tyrion war die schlichte Kost eine willkommene Abwechslung zu den luxuriösen Speisen, die er mit Illyrio gegessen hatte. »Diese Truhen, die wir Euch mitgebracht haben«, wollte er wissen, während sie kauten. »Zuerst dachte ich, es wäre Gold für die Goldene Kompanie, bis ich gesehen habe, wie sich Ser Rolly eine auf die Schulter geladen hat. Wenn sie mit Münzen gefüllt gewesen wäre, hätte er sie nicht so leicht hochheben können.«
»Es ist nur Rüstung«, sagte Ente und zuckte die Schultern.
»Und Kleidung«, fügte Haldon hinzu. »Höfische Kleidung für unsere ganze Reisegesellschaft. Feine Wolle, Samt, Seidenmäntel. Man tritt nicht in schäbigem Zeug vor eine Königin … und auch nicht mit leeren Händen. Der Magister war so freundlich, uns mit angemessenen Geschenken zu versorgen.«
Bei Mondaufgang saßen sie wieder im Sattel und trabten unter dem Sternenhimmel weiter nach Osten. Die alte valyrische Straße schimmerte vor ihnen wie ein langes Silberband, das sich durch Wald und Tal schlängelte. Eine Weile lang empfand Tyrion Lannister fast so etwas wie Frieden. »Lomas Langschritt hat die Wahrheit gesagt. Diese Straße ist ein Wunder.«
»Lomas Langschritt?«, fragte Ente.
»Ein Schriftgelehrter, der schon seit langer Zeit tot ist«, erklärte Haldon. »Er hat sein Leben damit verbracht, die Welt zu bereisen und über die Länder zu schreiben, die er besucht hat. Zwei Bücher hat er über seine Reisen verfasst: Weltwunder und Weltwunder aus Menschenhand .«
»Ich habe sie von einem Onkel geschenkt bekommen, als ich noch ein Junge war«, sagte Tyrion. »Ich habe sie immer wieder gelesen, bis sie auseinandergefallen sind.«
» Die Götter haben Sieben Weltwunder erschaffen, und die sterblichen Menschen erschufen neun «, zitierte der Halbmaester. »Das ist zwar sehr respektlos von den sterblichen Menschen, die Götter um zwei zu übertreffen, aber so ist es nun einmal. Die
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