09-Die Pfade des Schicksals
blieb Sturmvorbei Böen-Ende etwas zurück. Sie hielt ihr Langschwert in der Rechten. Auf dem linken Arm trug sie Anele, der sich in panischer Angst klein zu machen versuchte.
»Eisenhand!«, rief sie laut, um das Geschrei der Höhlenschrate zu übertönen. »Was soll ich tun? Der Alte behindert mich!«
Kaltgischt suchte rasch die Formation ihrer Schwertmainnir ab, registrierte Lindens Schock und wandte sich mit einem Fluch ab.
»Setz ihn auf den Grabhügel! Auf Stein passiert ihm hoffentlich nichts! Bei dieser Überzahl müssen wir darauf vertrauen, dass er Speeren ausweichen kann!«
Aus Liands Orkrest würde Anele hoffentlich so viel Vernunft ziehen, dass er sich ducken und ausweichen konnte.
Während Böen-Ende gehorchte, erklärte die Eisenhand Linden schroff: »Gegen diese Horden können wir nicht bestehen - auch nicht gegen solche Theurgie! Wir brauchen deine Hilfe!«
Das verstand Linden. 0 ja, sie verstand es! Trotzdem war sie wie gelähmt, von Schrecken und Verwirrung überwältigt. Kastenessen musste Roger gesagt haben, wo sie waren, wo Galt den Croyel in seiner Gewalt hatte. Aber wie hatten Roger und seine Höhlenschrate so rasch herkommen können? Ihres Wissens konnte er ohne Hilfe des Croyels weder sich noch andere auf magische Weise an andere Orte versetzen.
Anele schien zu erkennen, welche Gefahr ihm drohte. Er kletterte in verzweifelter Hast die Felsblöcke hinauf, bis er den höchsten Punkt des Grabhügels erreicht hatte. Dort suchte er nach einer Nische oder Spalte zwischen den Felsen, nach einem Versteck für sich.
Mit gellendem Dämonengeheul strömten die Höhlenschrate über die nächsten Hügelkämme. Ihr uralter Blutdurst - vor allem nach dem Blut von Riesen - war legendär. Zumindest in ihren Augen er war gerechtfertigt. Pechnase und die Erste der Suche hatten entscheidend dazu beigetragen, die Auferstehung Seibrich Felswürms zu verhindern.
Clyme und Branl erreichten den weißen Grat, auf dem die anderen standen, weit vor den angreifenden Kreaturen. Sekundenschnell begutachteten sie die Formation der Riesinnen, registrierten, dass Bhapa und Pahni Covenant an den Armen hielten, und verständigten sich telepathisch mit Galt. Dann schloss Clyme sich den Schwertmainnir an, während Branl sich zwischen Covenant und der anstürmenden Horde aufstellte. Die Seilträger forderte er ausdruckslos auf: »Notfalls flüchtet ihr mit dem Zweifler. Er muss unbedingt gerettet werden.«
»Wie …?«, versuchte Linden Stave zu fragen. Aber die Frage blieb ihr im Hals stecken.
Über die Schulter hinweg erklärte er Galt: »Ich biete dir nochmals an, mit dir zu tauschen. Duldung ist besser als ein Mord. Willst du kämpfen, überlass mir den Krill.«
Galt antwortete, ohne zu zögern: »Das tue ich nicht. Den bekommst du höchstens auf Befehl des Zweiflers. Ich weiß, dass du den Croyel niemals umbringen würdest. Lieber würdest du zusehen, wie alle Verteidiger des Landes abgeschlachtet werden.«
Stave sah zu Anele hinauf, streifte Linden mit einem kurzen Blick. Dann zuckte er mit den Schultern. Entspannt und hoch motiviert machte er sich bereit, sie zu verteidigen.
Ihre Freunde brauchten sie. Und sie würde Covenant kein zweites Mal wiedererwecken können; nicht wenn er hier den Tod fand. Sie würde so viele Höhlenschrate wie nur möglich verbrennen müssen. Sie würde Roger mit äußerster Kraft widerstehen müssen.
Hier, wo sie nicht durch Kevins Schmutz behindert wurde, konnte sie mächtig sein …
Lindens größte Sorge galt jedoch Jeremiah. Dadurch war sie wie gelähmt. Sie konnte sich nur allzu leicht die flüssige Bewegung von Galts Arm vorstellen, mit der er dem Croyel mit dem Krill die Kehle durchschnitt…
»Wie«, brachte sie endlich krächzend heraus, »sind sie so schnell hergekommen?«
»Das weiß ich nicht genau«, antwortete Stave, den diese Frage nicht sehr zu interessieren schien. »Aber ich vermute, dass Kastenessen ihnen mit seinen seltsamen Magien geholfen hat. Durch Anele hat er unseren Standort gekannt. Und das wäre nicht der erste Fall. Schon der Angriff des Sohns des Ur-Lords und seiner Höhlenschrate auf Erstes Holzheim wäre bei normaler Fortbewegung nicht möglich gewesen. Die Entfernung vom Gravin Threndor war zu groß, und die Höhlenschrate besitzen nur wenig Theurgie. Trotzdem ist es dem Sohn des Ur-Lords gelungen, uns zu überfallen, als wir wie hier verwundbar waren.
Urteilt man nach Esmers Zustand, tut Kastenessen nichts, um die Not von Dienern, mit denen er
Weitere Kostenlose Bücher