09 - Geheimagent Lennet und der verräterische Lippenstift
ließ seine Faust in Lennets Gesicht fliegen, daß dieser Sternchen sah. »Ruhe! Wir haben keine Zeit zu verlieren", befahl Kreuz-As. Die Polizisten rissen die Augen auf.
»Wir dachten, ihr seid Freunde von diesem Burschen. Und jetzt verprügelt ihr ihn", sagte Maurice erstaunt.
»Du mußt dich nicht wundern", ergänzte Baptist. »Die Leute von drüben sind eben alle verrückt.«
Karo-As nahm die linke Hand Lennets und die Rechte von Maurice und fesselte sie mit einer Handschelle aneinander.
Inzwischen fesselte Kreuz-As die Rechte Lennets an die linke Baptists, und Pik-As fesselte die Rechte Baptists an den Griff des Kühlschrankes. Herz-As verlor keine Zeit mehr. Er nahm die Tänzerin, die immer noch bewußtlos war, und lud sie sich auf die Schulter.
Die langen roten Haare hingen fast bis zum Boden herab, als Herz-As, gefolgt von seinen Kameraden, zur Tür ging.
»Unterhaltet euch gut", grinste Karo-As bösartig und löschte das Licht.
Die Tür wurde geschlossen. Lennet war besiegt: Nadja Ratan befand sich wieder in den Händen des Feindes.
»Nun gut", sagte Maurice träge. »Jetzt brauchen wir bloß zu warten, bis der Mann am Radio merkt, daß wir keine Antwort mehr geben. Das kann nicht länger als eine Stunde dauern.«
»Du kennst die Kerle?« fragte Baptist an Lennet gewandt.
»Ja", erwiderte Lennet. »Es sind ausländische Spione. Ich erzähle euch später alles. Jetzt aber: Wollt ihr wirklich warten, bis euer Kollege kommt?«
»Du bist gut. Was sollen wir denn sonst machen?«
»Ihr werdet euch doch nicht durch so lächerliche Handschellen außer Gefecht setzen lassen.«
»Deine sauberen Freunde haben die Schlüssel mitgenommen, mein Kleiner.«
»Ja, und? Gebt mir einen Nagel und ich befreie euch.«
Gemeinsam machten sich die drei auf die Suche. Immer im Bereich des Kühlschranks. Besonders Lennet suchte wie besessen. Wenn er die Polizisten befreite und wenn sie damit einverstanden waren, die Spione zu verfolgen, war vielleicht noch nicht alles verloren. Die vier Asse kannten die Gegend sicher nicht so gut wie die Vertreter des Gesetzes. Mit einem Polizeiwagen konnte man sie einholen, noch ehe sie Montreal erreichten und dann...
»Eine Sicherheitsnadel! Reicht dir das?« fragte der Polizist, der mit der Rechten herumgesucht und zwischen zwei Bodenbrettern die Nadel gefunden hatte.
Lennet nahm die Nadel, erhob sich zusammen mit seinen Mitgefangenen, näherte die beiden Fäuste einander und begann mit der Nadel am Schloß der Handschelle zu arbeiten.
Über seinem gebeugten Kopf sahen sich die beiden Polizisten augenzwinkernd an.
»Klick", machte Lennet, als er seine rechte Hand befreit hatte.
Jetzt ging es mit der anderen Hand schneller. »Klack!«
Baptist war noch an den Kühlschrank gefesselt. Aber nachdem Maurice das Licht angezündet hatte, war es für Lennet eine Kleinigkeit, auch die dritte Handschelle zu öffnen.
»Wir haben uns doch nicht getäuscht, was, Maurice", sagte Baptist triumphierend.
»Nein, wir haben uns nicht getäuscht", bestätigte der andere.
»Wir haben einen Einbrecher erster Klasse erwischt.«
Mit einer schnellen Bewegung hatten sie Lennet an beiden Armen ergriffen und hielten ihn im bekannten Polizeigriff fest.
»He!« schrie Lennet. »Was macht ihr denn da? Wir müssen doch die Spione verfolgen! Wir müssen Nadja Ratan befreien!«
»Jetzt kommst du erst einmal friedlich mit uns", erwiderte Baptist. »Und zwar ohne Geschichten zu machen. Im anderen Fall müssen wir dich leider wieder fesseln.«
Alle Proteste, alle Erklärungen Lennets waren nutzlos. Die beiden Polizisten glaubten fest, einen Einbrecher gefangen zu haben. Sie schleppten ihn zum Polizeiwagen, den die vier Asse nicht angerührt hatten, und fuhren nach Sankt Luc. Dort wurde telefoniert, über Funk angefragt. Aber niemand nahm die Angaben von Lennet über die Spione, das Ballett Stella und Captain Himbeer ernst. Schließlich war jeder davon überzeugt, daß Lennet log.
»Du kannst erzählen, was du willst", sagte der Polizeiwachtmeister ruhig. »In der letzten Woche habe ich die Königin festgenommen. Sie hat sogar gedroht, mir den Kopf abhauen zu lassen, falls ich sie nicht freilasse.«
Lennet mußte die Taschen leeren, Schnürsenkel und Krawatte abliefern, und dann brachten ihn die beiden Polizisten, die sehr stolz auf ihren Fang waren, zu einer Gefängniszelle. Zur mittleren der drei Zellen, die es in dem kleinen Dorfgefängnis gab.
Lennet ließ sich auf die harte Pritsche fallen.
Er hatte
Weitere Kostenlose Bücher