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0900 - Der Magier

0900 - Der Magier

Titel: 0900 - Der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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fragst. Also los, mach schon - gib den Weg für einen anderen frei, einen, der deine Aufgaben viel besser, schneller und effektiver zu lösen in der Lage ist. Nun stirb doch endlich!!«
    Eiskalter Schweiß stand auf Merlins Stirn. Er rief sich ins Gedächtnis, dass das alles ganz anders abgelaufen war - die Vorstellung war doch nur eine böse Vision gewesen, mehr nicht. Der Besuch des Boten hatte stattgefunden, doch er hatte etwas ganz anderes gesagt: »In nächster Zeit stehen weitere wichtige Aufgaben für dich an, Merlin. Große Veränderungen werfen ihre Schatten voraus und du wirst all deine Kraft benötigen. Wirst du diese Aufgaben übernehmen können, mein Freund?« Der Bote blickte mitleidig auf den geschundenen Körper des ehedem so mächtigen Wesens, das jetzt hilflos wie ein Neugeborenes hier in der Kammer lag.
    Der alte Zauberer antwortete nur zögernd.
    »Ich fühle mich schwach und elend. Mein Körper und auch mein Geist wollen die wunderbaren heilenden Kräfte, die hier fließen, zum ersten Mal seit Äonen nicht mehr annehmen. Oder doch nur zu einem winzig kleinen Teil. Warum ist das so, Bote? Bin ich am Ende meines Wegs angekommen?«
    Der Bote sah nur auf Merlin herab und antwortete nicht.
    »Ist es soweit? Ja, ich gebe zu, ich spüre genau dies in meinem tiefsten Inneren und es stimmt mich wehmütig. Denn es gäbe noch so viel zu tun. Doch keine Kraft, kein Wille und kein Feuer ist mehr in mir. In meinen schlimmen Träumen umschwirren mich bereits die Geister des Jenseits, locken mich und ich würde ihnen nur zu gerne folgen. Aber das kann damit zusammenhängen, dass mich die letzte Aktion fast alle noch verbliebenen Kräfte gekostet hat. Wenn ich aber tatsächlich jemals wieder zu alter Macht und Herrlichkeit gelangen sollte, werde ich viele hundert Jahre ungestört in der Regenerationskammer verbringen müssen. Ich kann die anstehenden Aufgaben daher nicht übernehmen. Das ist unmöglich.«
    »Der Wächter der Schicksalswaage wird dafür sorgen, dass deine Aufgabe weitergeführt werden kann« , erwiderte der Bote sanft. »Wir brauchen ein schlagkräftiges Wesen an deiner Statt, während du die Gelegenheit zur umfassenden Regeneration erhalten wirst, egal, wie lange sie auch dauern mag.«
    Wer wird das sein?, fragte Merlin.
    Der Bote hatte gelächelt. »Kannst du es dir nicht denken?«
    Merlin hatte darauf nicht geantwortet. Ohne ein weiteres Wort war der Bote wieder verschwunden. Er hatte dem Herrn der Schicksalswaage die Botschaft zu überbringen, das der alte Diener ersetzt werden musste - zumindest für einen sehr langen Zeitraum.
    Ja, und auch Merlin war sich da noch sicher gewesen, dass noch nicht alles vorbei war. Noch war sein Weg nicht am Ende. Es würde sicher eine kleine Ewigkeit dauern, doch irgendwann musste auch diese Regeneration beendet sein.
    Es hatte jedoch nicht mehr lange gebraucht, bis diese Illusion vollkommen zerstört wurde. Die Erkenntnis war schleichend gekommen, doch mit jeder verstreichenden Stunde wurde sie eindeutiger: Es gab keine Regeneration mehr für Merlin.
    Die hier herrschenden Kräfte, sie erreichten den alten Körper einfach nicht mehr. Im Gegenteil - immer deutlicher wurde Merlin, dass die Kammer die ihm verbliebenen Kräfte absorbierte. Er musste hier raus! Doch das war leicht vor sich hin gesagt, denn die Realität sah anders aus. Die Kraft reichte einfach nicht mehr aus, um die Kammer zu verlassen. Zumindest nicht die normale Kraft des Zauberers.
    Doch da gab es noch etwas, das in ihm schlummerte. Er hatte es nie angerührt, niemals aktiviert, doch nun schien der Moment gekommen zu sein, um das einzusetzen, was die Sieben in ihm zurück gelassen hatten.
    Sieben Amulette hatte er erschaffen, eines mächtiger als das andere, und nur er allein hatte die Magie besessen, dies zu vollbringen. Sieben Amulette - sieben machtvolle Talismane - und von jedem war ein winziger Teil auf Merlin übergegangen, eingesperrt tief im Bewusstsein des Zauberers. Sechs der Amulette waren vernichtet worden, das siebte trug Professor Zamorra stets bei sich: Merlins Stern , für dessen Erschaffung Ambrosius einen Stern vom Himmel hatte holen müssen. Macht, Stärke… viel war davon nun nicht mehr übrig geblieben.
    Der Zauberer hatte nicht vor gehabt, diese schlafende Energie einmal als so eine Art Notreserve zu nutzen - erst recht nicht, um damit eine Flucht aus der Regenerationskammer zu initiieren. Was für ein Widerspruch in sich, denn er floh von dem Ort, der ihn doch heilen

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