0900 - Für Teufel, Gold und Templer
alle nur ihn anschauten, ihn allein, sich ihre Gesichter dabei verzerrten und sie ihn anbrüllten als Mörder und Killer.
»Nein«, flüsterte er, »nein, das bin ich nicht. Ich bin kein Mörder. Es war der andere, der andere, der den Kopf geholt hatte. Das war der Mörder!«
Jemand stand plötzlich neben ihm. »Ist Ihnen nicht gut, Monsieur?«
»Doch - nein…«
»Was denn?«
Menzel schaute nach rechts. Mißtrauische Augen blickten in sein Gesicht. Sie gehörten einem Straßenhändler, der seinen Stand verlassen hatte und zu ihm rübergekommen war.
»He, sagen Sie doch, was los ist!«
»Er ist tot!« flüsterte Menzel.
»Wer?«
»Gall, Hugo Gall…«
***
»Monsieur Sinclair?«
Ich hörte, wie jemand meinen Namen rief, blieb hinter dem Eingang stehen und sah, wie unser Portier nach vorn wies, auf eine Sitzgruppe hin, wo ein junger Mann seinen Platz gefunden hatte, der nicht wußte, ob er sich erheben oder sitzenbleiben sollte.
»Ja, das bin ich«, sagte ich, während ich auf ihn zuging. »Und Sie müssen Richard Menzel sein.«
»Richtig.«
»Der Abbé hat mich informiert.«
Menzel lächelte. »Und sie hat Abbé Bloch richtig gut beschrieben, Monsieur Sinclair.«
»Sagen Sie John.«
»Danke, ich bin Richard.«
»Wie geht es Ihnen?« fragte ich.
»Wie soll es mir schon gehen? Ich habe einige Zeit bei der französischen Polizei verbracht und muß Ihnen gestehen, daß dies nicht angenehm gewesen ist. Es war eben neu für mich, unter Mordverdacht zu stehen, aber das ist dann entkräftet worden.«
»Zum Glück auch.«
»Sicher.« Menzel nickte. »Jetzt hoffe ich nur, daß Sie mir helfen können, den Kopf zu finden.«
»Den sprechenden Kopf, meinen Sie?«
»Ja, den Kopf aus Metall, der mehr als neunhundert Jahre alt ist und von einem Papst hergestellt wurde.«
»Darüber können wir später reden. Zunächst einmal sehen Sie mir aus, als hätten Sie Hunger.«
»Stimmt, John, woher wissen Sie das?«
»Vergessen Sie nicht, daß ich Polizist bin.«
»Ja, natürlich.«
»Wenn Sie mit unserer Kantine vorliebnehmen möchten, lade ich Sie gern ein.«
»Mir ist alles recht.«
Wenig später saßen wir an einem Tisch zusammen, und mein Gast hatte zwei Sandwiches vor sich stehen. Dazu trank er eine große Tasse Kaffee. Er aß, lächelte hin und wieder, und ich ließ ihn auch mit Fragen in Ruhe. Die würde ich später stellen.
Richard Menzel war knapp über Zwanzig, er studierte in Paris und beschäftigte sich mit den Templern, besonders mit deren Mystik. Das hatte mir der Abbé mitgeteilt, und ich wußte auch, daß Menzel über einen Fall gestolpert war, der als Legende abgetan wurde, was wohl nicht der Fall war, denn sonst wäre es nicht zum Mord an einem Antiquitätenhändler in Paris gekommen, der angeblich einen sprechenden Metallkopf besessen hatte.
Je mehr Richard aß, um so besser ging es ihm. Sein Gesicht bekam wieder Farbe, in die Augen kehrte Leben zurück, und ich war sehr gespannt auf Einzelheiten.
Einen Namen wußte ich noch. Der Mann hieß Duc Dacry, und um ihn ging es. Er war so etwas wie ein Joker, aber genaues wußte ich nicht.
Nur würde der Fall nicht auf Frankreich begrenzt bleiben, denn Spuren führten nach England.
Darüber sollte mir der Mann Auskunft geben, der mir gegenübersaß und noch sehr jung aussah. Er war schmal, und in seinem Gesicht fiel besonders die Brille mit dem roten Gestell auf. Das Haar wuchs wirr auf seinem Kopf, hinter den Gläsern der Brille schimmerten dunkle Pupillen.
Ich hatte mir einen Tee kommen lassen, der mir aber nicht besonders schmeckte. Richard trank seinen Kaffee und spülte damit auch den letzten Bissen hinunter.
»Satt?« fragte ich ihn.
»Ja.«
»Wunderbar, dann können wir ja jetzt zur Sache kommen.«
»Das glaube ich auch.«
»Wie Sie wissen, Richard, ist mir nur das bekannt, was ich aus einigen Telefongesprächen kenne. Ich denke, daß Sie mir mit mehr Details dienen können.«
»Bestimmt.« Er nickte. »Soll ich bei meinem Fund beginnen?«
»Das wäre gut.«
So erfuhr ich, was ihm in Paris widerfahren war. Man hatte ihn zunächst für einen Mörder gehalten. »Nun ja, es ist ja alles gutgegangen, und ich konnte mich auch mit dem Abbé in Verbindung setzen.«
»Sie kennen ihn?«
»Ja, John, ich kenne ihn. Ich bin einmal in Südfrankreich gewesen, ich habe ihn für kurze Zeit erlebt, und ich muß Ihnen sagen, daß ich von seiner Persönlichkeit begeistert war. Er hat mich behandelt wie einen Getreuen, ich habe nicht gespürt,
Weitere Kostenlose Bücher