0900 - Für Teufel, Gold und Templer
daß ich nicht zu den Templern direkt gehörte.«
»Aber Sie haben mit Ihnen zu tun, nicht wahr?«
»Das stimmt in der Tat.«
»Was?«
»Es ist mein Interesse an ihnen, und vor allen Dingen, was damals um sie herum gelaufen und passiert ist. Sie glauben gar nicht, wie viele Geschichten es dort gibt und…«
Ich unterbrach ihn. »Das weiß ich, Richard. Konzentrieren wir uns auf die eine.«
»Der Abbé hat den sprechenden Kopf erwähnt.«
»Ja.«
»Haben Sie mehr darüber gelesen?«
»Nein«, sagte ich lächelnd. »Mir stand diese Literatur leider nicht zur Verfügung.«
»Gut, aber mir. Ihnen ist ja bekannt, daß die Templer auch in den Orient gereist waren, um das Heilige Grab zu verteidigen? Und sie hatten aus diesen fremden Ländern oftmals viel Wissen mitgebracht, das sie dann auch anwenden wollten. Mir geht es um Silvester IL, einen Papst.«
»Aus Frankreich«, sagte ich.
»Richtig, aber man setzte ihn bald ab. Ich behaupte sogar, daß er der bedeutendste Geist seines Jahrhunderts gewesen ist.«
»Was macht Sie da sicher, Richard?«
»Seine Lebensgeschichte.«
»Erzählen Sie mehr darüber.«
»Nun ja, wenn es Sie nicht langweilt.« Er trank noch einen Schluck Kaffee und fing an. »Die Herkunft des Mannes liegt im Dunkel. Manche sagen, er sei der Sohn einfacher Bauern, andere wiederum behaupten, er sei ein Adelssproß. Belegt ist hingegen, daß er von seinen Eltern verlassen wurde und als Findelkind bei Pflegeeltern aufwuchs. Aber nicht lange, denn dann nahmen sich die Mönche von Aurillac seiner an, die als besonders gebildet galten. Gerbert lernte schnell, doch er war sehr eigenwillig, und er wollte immer noch mehr wissen, doch die Mönche behielten viele Geheimnisse für sich, und so sah der junge Mann nur die Flucht aus dem Kloster. Er floh in Richtung Süden, nach Spanien, denn dort saßen die Araber, und er wollte an ihrem Wissen teilhaben, was die Mönche als Teufelswerk ansahen. Auch die Araber wunderten sich über seine Intelligenz, den meisten Weisen war er sehr bald überlegen, bis auf einen einzigen, der ein Buch besaß mit dem Titel ›Abacum‹. Und genau dieses Buch sollte seinem Besitzer magische Kräfte verleihen. Der Araber wollte das Buch nicht ausleihen, und so verführte Gerbert die Tochter des Alten und stahl das Buch des Gelehrten. Es folgte eine abenteuerliche Flucht in Richtung Norden. Die Araber waren ihm natürlich auf den Fersen, aber Gerbert d'Aurillac war einfach zu gerissen, um sich fangen zu lassen. Nun, John, was meinen Sie dazu?«
»Hört sich abenteuerlich an.«
»Richtig.«
»Ich glaube daran, und Sie werden es bald auch tun, das kann ich Ihnen versichern.«
»Okay, wie geht es weiter?«
Richard Menzel verzog das Gesicht. »Das weiß ich leider auch nicht so genau, denn die Spur ist verwischt worden. Aber später schaffte er es tatsächlich, durch irgendwelche Betrügereien, Erzbischof von Reims zu werden, das aber fiel auf. Der Heilige Stuhl exkommunizierte ihn und belegte ihn mit einem Bann.«
Ich mußte lachen. »Jetzt sagen Sie nicht, Richard, daß er trotz allem noch Papst wurde.«
»Doch, er wurde es!«
»Können Sie mir das auch erklären?«
Richard lachte vor sich hin und schüttelte den Kopf. »Wenn ich Ihnen das sage, werden Sie den Kopf schütteln. Ich kann Ihnen keine Einzelheiten nennen, aber er schaffte es tatsächlich, Nachfolger des Papstes zu werden, der ihn verurteilt hatte. Einen derartigen Aufstieg vermochten sich die meisten Leute nur mit einem Pakt mit dem Teufel zu erklären. Er war für seine Zeit einmalig: Er kümmerte sich nicht nur um die Belange der Kirche, er forschte weiter,, denn er verfügte über die Kenntnisse der arabischen Gelehrten. Er konstruierte zum Beispiel die erste Pendeluhr und eine Wasserorgel, denn er war mathematisch und technisch sehr begabt. Außerdem war er ein hervorragender Astronom; auch dieses Wissen hatte er von den Arabern erhalten. Als die Planeten eine bestimmte Konstellation eingenommen hatten, da konstruierte er seinen goldenen oder kupfernen Kopf. Dieser Schädel konnte mittels einer unbekannten Vorrichtung oder auch durch Hilfe einer starken Magie Fragen mit Ja und Nein beantworten und teilweise sogar die Zukunft voraussagen. Man hat den Papst natürlich gefragt, auf welchem Geheimnis die Reaktion des Kopfes beruhte, doch da hat er sich ausgeschwiegen, zu seinem Schutz denke ich.«
»Das soll wohl sein.«
Richard Menzel hob einen Finger. »Einen Zipfel des Geheimnisses hat er trotzdem
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