0901 - Kampf um die Schwefelklüfte
Grohmhyrxxa zu bedenken.
»Wer sollte das wohl sein?«, spöttelte Zarkahr. Er spie verächtlich aus, und unter seinem Speichel begann der Steinboden zischend zu brodeln und zu verdampfen. Deutlicher konnte er nicht zeigen, was er von anderen Bewerbern um die noch nicht einmal vakante Stelle hielt. »Vielleicht Stygia, unser aller Fürstin? Die will zwar nach oben, aber selbst auf ihrem Posten ist sie nur zweite Klasse. Und alle anderen stehen in der Hierarchie weit unter uns.«
»Dann übernimm du halt ihre Ssstelle, wenn sssie weiter nach oben wandert.«
»Nach oben? Du meinst, zu dem Unaussprechlichen?« Zarkahr wollte nicht glauben, was er eben gehört hatte. Die Bezeichnung »Gott« konnte er als Dämon nicht aussprechen, da er in diesem Fall unerträgliche Schmerzen hätte aushalten müssen.
»Ich meine auf den Stuhl als Ministerpräsidentin, nichts anderes«, stellte Grohmhyrxxa klar.
»Bist du denn des Erzengels?«, erboste sich DER CORR. »Wenn wir zusammenhalten, kann sie gar nichts.«
»Das soll sie ja auch nicht. Bis jetzt ist sie wunderbar berechenbar«, warf Astaroth ein. »Es wäre ewig schade, wenn sie nicht mehr die Stelle als Fürstin inne hätte.«
»Das sage ich doch die ganze Zeit.« Zarkahr wirkte leicht beleidigt.
»Er hat recht«, warf Grohmhyrxxa ein. »Ssstygia musss bleiben, wenn alles ssso weiterlaufen soll wie bisssher. Aber um klare Verhältnissse zu ssschaffen, sssollte der jetzige Ssstatthalter von ssseinem Nachfolger umgebracht werden.«
»Vielleicht kehrt ja Asmodis wieder zurück«, sinnierte Astaroth. »Stellt euch vor, dass er Lucifuge Rofocale für die Tötung Merlins umbringen wird und dann automatisch das Amt des Ministerpräsidenten einnimmt. Das halte ich für gar nicht so unwahrscheinlich.«
»Was sagst du da?« Zarkahr saß da wie erstarrt. Seine braune ledrige Haut war eine Spur heller geworden. »Meinst du das im Ernst?«
»Das war nur ein Gedankenspiel«, verteidigte sich Astaroth. »Wir wissen, wie nah sich beide Brüder fühlten. Ich halte es für im Bereich des Möglichen, dass Asmodis Rache nimmt.«
»Das möge KAISER LUZIFER verhüten«, murmelte Zarkahr.
Grohmhyrxxa und Astaroth kannten ihren dämonischen Kollegen und beide sagten nichts weiter zu diesem Thema, um ihn nicht zu verärgern.
»Wir müssen in erster Linie auf Stygia aufpassen, damit sie weiterhin Fürstin der Finsternis bleibt«, warnte Zarkahr.
»Ich möchte blosss wisssen, wasss diesssesss dumme und intrigante Weib jetssst ssso treibt…«, überlegte Grohmhyrxxa laut.
***
Die Hölle war eine real existierende andere Welt, eine eigene Dimension, nur einen winzigen Schritt von uns entfernt und doch nur durch Weltentore oder mittels Magie zu erreichen. Sie war teilweise relativ instabil in ihrer Struktur, und veränderte sich in jenen Zonen ständig. Wo heute noch Wege durch Feuer, Lava oder Felshöhlen führten, war morgen das völlige Nichts und umgekehrt; bewohn- oder begehbare Bereiche wurden übergangslos lebensfeindlich, an anderen Stellen entstanden Sphären, in denen nicht nur Dämonen und Teufel, sondern auch Menschen leben konnten. Gewaltige Landschaften unter unerreichbarem rotglühenden, sonnen-, mond- und sternenlosem Firmament, riesige Höhlen, enge Kavernen und gewundene Gänge, reißende Ströme von Wasser und Lava, frostklirrende Zonen, glühende Wüstenei wechselten sich ab.
Und sie war ein Bollwerk und Zentrum schwärzester Magie…
Und doch gab es hier zwei Orte, die unter allen anderen herausragten. Der Thronsaal des Ministerpräsidenten und der Palast der Fürstin der Finsternis.
Letztere regte sich gerade einmal wieder fürchterlich auf. Ihre ledrigen Schwingen standen weit ab und die Hörner, die aus ihren Schläfen wuchsen, glühten rot auf.
Im Palast der Fürstin herrschte oft großes Treiben. Audienzen waren an der Tagesordnung. Es gehörte zu Stygias Pflichten, sich anzuhören, was ihre Untertanen auf dem Herzen hatten; nötigenfalls musste sie eingreifen, Hilfe und Rat geben oder ein Machtwort sprechen.
Diese Aufgaben waren längst zur Routine für sie geworden. Meistens langweilte sie diese Arbeit, aber im Interesse der Hölle konnte und durfte sie sich dieser Pflicht nicht entziehen. Und manchmal, so wie jetzt, war sie Anklägerin, Richterin und Vollstreckerin in einer Person.
Letzteres machte sie sowieso am liebsten.
»Erzähl mir keinen Unsinn!«, schrie sie einen der zahllosen Diener an, der einer mannshohen, aufrecht gehenden Echse glich.
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