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0903 - Der Schattenkelch

0903 - Der Schattenkelch

Titel: 0903 - Der Schattenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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nicht.
    Schattenhunde hatte »der Teufel« in dem Bericht sie genannt. Dann hatte er sie mitsamt Agamar verbannt.
    Natürlich handelte es sich nicht wirklich um den Teufel, sondern um Lucifuge Rofocale. Oder zumindest um einen Dämon, der auf Aileans Zeichnung dem ehemaligen Ministerpräsidenten der Hölle sehr ähnelte. Letztlich spielte es aber auch keine Rolle, wer dieser Dämon gewesen war. Viel wichtiger war, wie eines der Wesen, die er verbannt hatte, wieder auftauchen konnte. Oder war es gar keiner von Agamars Schattenhunden, dem Zamorra den ruinierten Jeans-Anzug verdankte? War es nur ein Vieh aus der gleichen Familie? Gewissermaßen ein Nachfahre derer von Schattenhund? Außerdem war da noch der Kelch. Auch er hätte doch eigentlich in Agamars Schattenreich stecken müssen, oder nicht? Gab es womöglich noch einen dritten Kelch, der nun plötzlich aufgetaucht war? Und was beim knarzenden Keulenzeh der Panzerhornschrexe hatte Clement Luynes mit der ganzen Sache zu tun? Warum hatte er sterben müssen?
    War ihm seine Sammelleidenschaft für überteuerte, seltene und hässliche Kunstgegenstände zum Verhängnis geworden? Hatte er sich für das falsche Objekt interessiert? Alle Befragten hatten zwar ausgesagt, dass sie den Kelch noch nie gesehen hätten, aber hatte das wirklich etwas zu bedeuten? Vielleicht hatte Luynes das Gefäß gerade erst erworben. Oder er hatte es vor seinem Sohn und allen anderen versteckt gehalten.
    Nein, Unfug! Die Zeitschau hatte gezeigt, dass der Kelch aus dem Nichts aufgetaucht war. Wäre Luynes deswegen ermordet worden, hätte ihn der Mörder kaum neben der Leiche liegen lassen.
    Der Mörder! Wer war er? Warum hatte Zamorra ihn bei der Zeitschau nicht sehen können? Höchst eigenartig.
    Da fiel Zamorra noch etwas höchst Eigenartiges ein: der Clochard mit dem zu weiten Parka und der schiefen Nase, der ihn vor Luynes' Villa angestarrt und ihm zugenickt hatte. An ihn hatte der Professor den ganzen Tag nicht mehr gedacht. Warum auch? Es war einfach nur das merkwürdige Verhalten eines merkwürdigen Gesellen. Oder steckte mehr dahinter? Hatte der Kerl etwas mit der ganzen Sache zu tun? Ein Zeuge? Ein Wissender? Der Mörder, der an den Tatort zurückgekehrt war? Doch er hatte zu klapprig ausgesehen, als dass er den Kelch mit solcher Wucht hätte führen können.
    Zamorra fuhr sich durch die Haare und stöhnte auf. Dann sah er auf die Uhr. Kurz vor elf. Vielleicht sollte er für heute Schluss machen, bevor ihm noch der Kopf zersprang. Zuerst würde er aber noch Nicole anrufen. Alleine ihre Stimme zu hören, würde ihm gut tun. Lieber hätte er sie natürlich hier gehabt. Und noch viel lieber neben sich im Bett.
    Nun ja, vielleicht doch nicht unbedingt neben sich.
    ***
    Lyoner Nachtimpressionen
    Er schlug die Augen auf, aber es blieb dunkel.
    Wo war er? Er tastete nach dem Untergrund, auf dem er lag. Hart und kalt.
    Dann versuchte er, sich aufzusetzen, doch bereits nach wenigen Zentimetern knallte er mit der Stirn gegen ein Hindernis. Es war ebenfalls hart und kalt, das konnte er spüren. Aber Schmerz - Schmerz fühlte er keinen!
    Seltsam.
    Er sank zurück und starrte in die Dunkelheit.
    Wo war er? In einem Gefängnis?
    Wieder tastete er nach seiner Umgebung, versuchte die Grenzen seiner Bewegungsfreiheit auszuloten. Nach links und rechts mochte er jeweils 15 oder 20 Zentimeter Raum haben, nach oben nicht viel mehr.
    Auch wenn er sich wiederholte: Wo war er? In einem Sarg? Nein, was er fühlte war kaltes Metall, nicht Samt. Und ein Sarg, in dem er liegen würde, wäre sicherlich mit Samt ausgekleidet. Schließlich war er…
    Ja? Wer denn?
    Er stellte fest, dass er auch das nicht wusste. Da war der Hauch einer Erinnerung, flüchtiger als ein billiges Parfüm, doch sobald er danach greifen wollte, zerstob er.
    Parfüm? Wie kam er auf diesen Vergleich? Was war Parfüm überhaupt?
    Er tastete weiter. Da war nicht nur Metall! Er machte auch ein Tuch aus, das auf ihm lag und durch seinen Versuch, sich aufzusetzen, verrutscht war. Mit ruhigen Bewegungen zog er es von sich herunter. Dabei stellte er fest, dass er nackt war.
    Wie sollte er nun hier herauskommen?
    Er stemmte sich gegen die Metallwand über ihm, doch sie gab nicht im Geringsten nach. Vielleicht die Wände seitlich von ihm? Nein, auch sie widerstanden seinen Bemühungen.
    Gut, dann die Wände über seinem Kopf oder unter seinen Füßen. Er brachte die Arme über den Kopf, was wegen der beengten Platzverhältnisse nicht einfach war.

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