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0903 - Der Schattenkelch

0903 - Der Schattenkelch

Titel: 0903 - Der Schattenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Schlüssel ab und ließ sich selbst aus dem Gebäude.
    Die Tür war gerade hinter ihm ins Schloss gefallen, als er schon wieder angesprochen wurde.
    »Ich habe auf dich gewartet«, sagte Alain Albeau, der Clochard. Sein Augenlid flatterte wie der Flügel eines Vogels.
    ***
    Professor Zamorra stand in Clement Luynes' Arbeitszimmer und starrte den Blutfleck auf dem Teppich an. Das war es also, was von einem Leben übrig blieb. Ein riesiges Anwesen, ein Industrieunternehmen, ein Schnösel als Sohn und ein Fleck auf dem Teppich.
    Er bückte sich und strich mit der Hand über das Zeugnis von Luynes' gewaltsamen Ableben. Das Blut war noch feucht. Zamorra fragte sich, wie viel davon eingesickert sein mochte, denn der Teppich fühlte sich an dieser Stelle wie ein klatschnasser Schwamm an.
    Als er die Finger zurückzog, schimmerte ein dunkelroter Film darauf.
    Zamorra stand auf, wischte die Hand an der Hose ab und hinterließ vier parallele Blutschmierer auf dem Oberschenkel. Aber das machte auch nichts mehr aus, denn schließlich war die Jeans dank der Gras- und Dreckrückstände einer französischen Kuhweide auf dem Hinterteil ohnehin nicht mehr zu gebrauchen.
    Er ging zum Schreibtisch und betrachtete die zwei Kelche, die darauf standen. Der linke war alt, verrostet und eingedellt. Der andere sah aus wie neu. Das Schwarz der Oberfläche glänzte, als wäre sie mit einer Speckschwarte eingerieben worden. In beiden Gefäßen befand sich eine Flüssigkeit, die Rotwein hätte sein können. Oder Blut.
    »Wähle!«, hörte er jemanden sagen.
    Er drehte sich zur Tür um und sah einen Dämon mit Hörnern und Schwingen. Zu seinen Füßen saß eine haarlose Mischung aus Hund und Affe.
    »Du bist wieder da!«, sagte Zamorra.
    »Ich war nie weg«, erwiderte Agamar und kraulte den Schattenhund hinterm Ohr. »Und nun wähle!«
    »Ich habe keinen Durst.«
    »Schade. Dabei habe ich einen guten Jahrgang ausgewählt. Das Tröpfchen ist fast zweitausend Jahre alt.«
    »Tatsächlich? Dann solltest du es für einen besonderen Anlass aufbewahren.«
    »Ist dies denn keiner?«
    Zamorra runzelte die Stirn. Was für ein absurdes Gespräch! Er stand hier vor einem Dämon und sprach mit ihm über… ja, worüber eigentlich? Er sollte nicht mit ihm reden, sondern ihn vernichten! Das war schließlich sein Job. Doch wie sollte er das tun? Das Amulett reagierte nicht auf Agamars Anwesenheit und blieb kalt.
    Der Professor riss den E-Blaster von der Magnetplatte an seinem Gürtel…
    War der gerade auch schon da gewesen?
    ... und feuerte einen blassroten, nadelfeinen Hochenergiestrahl auf Agamar ab. Der verwandelte sich jedoch im letzten Augenblick in eine schwarze Nebelwolke, die der Strahl durchdrang, ohne Schaden anzurichten.
    Ein leises Kichern ertönte vor Zamorras Brust.
    Kam das von Merlins Stern ?
    Zamorra rief das Amulett und sofort erschien es dort, wo sich gerade eben noch der E-Blaster befunden hatte: in seiner Hand. Im Pentagramm in der Mitte, da wo sonst die Bilder der Zeitschau zu sehen waren, entdeckte Zamorra ein Gesicht. Aber nicht irgendein Gesicht, sondern das mit der schiefen, gebrochenen Nase, das er beim Verlassen der Villa schon einmal gesehen hatte. Das des Clochards.
    Er kicherte wieder.
    »Na, Herr Professor, das war wohl nichts!«
    Zamorra wollte etwas erwidern, da verschwand das Amulett von einer Sekunde auf die andere. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf die leere Handfläche. Hatte Nicole Duval Merlins Stern gerufen ? Sie war außer ihm der einzige Mensch, der das konnte. Aber sie war in Paris! War sie in Schwierigkeiten?
    »Nicht sie ist in Schwierigkeiten, Professorchen«, dröhnte eine Bassstimme. »Sondern du!«
    Zamorra blickte auf. Wieder sah er in der Tür einen Dämon mit Schwingen und Hörnern. Doch diesmal war es nicht Agamar, diesmal war es -
    »Du?«, hauchte Zamorra.
    Lucifuge Rofocale nickte.
    »Aber du bist… du bist…«
    »Tot?« Der Erzdämon lachte. »Sieh mich an! Sehe ich tot aus?«
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Na also!«, freute sich Lucifuge Rofocale. »Aber du wirst gleich tot sein!«
    Von irgendwoher förderte er ein längliches Gerät zutage, auf dem mehrere Tasten zu sehen waren. Zamorra hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handelte, dennoch stand ihm plötzlich der kalte Schweiß auf der Stirn. Sein Mund war trocken und fühlte sich an, als hätte er eine alte Socke darin.
    »Nein!«, brachte er hervor. Seine Stimme war nur ein leises Kratzen.
    Er wollte davonlaufen, wollte zum

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