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0903 - Der Schattenkelch

0903 - Der Schattenkelch

Titel: 0903 - Der Schattenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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ein Zeichen deiner Herrscherwürde. Ein ewiges Andenken an deinen versuchten Verrat.«
    Er ging zu einem der Kelche, pflückte ihn vom Boden auf und warf ihn ebenfalls in die Blase.
    »Nun zu dir, mein neuer Freund«, sagte er und ging zu Dòmhnall, der noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht im Staub kauerte. »Du hast mir das Leben gerettet. Unbeabsichtigt, wie ich annehme, aber das ändert nichts daran, dass es mich ohne dich nicht mehr gäbe. Ich bin dir zu Dank verpflichtet.« Er nickte dem Magier zu. »Steh auf!«
    Dòmhnall kämpfte sich hoch.
    »Du musst furchtbare Schmerzen haben, mein Freund. Ich werde dir meine Dankbarkeit beweisen und die Schmerzen von dir nehmen.«
    Bei diesen Worten zuckte Lucifuge Rofocales Klaue nach vorne und riss Dòmhnall mit einem einzigen Hieb die Kehle auf. Sofort sprudelte Blut hervor und ergoss sich auf die mörderische Klaue. Der Körper des Magiers blieb noch einige Sekunden stehen, als wüsste er nicht, wie ihm geschehen war, dann gab er einen gurgelnden Laut von sich und sackte zusammen.
    »Na siehst du. Das wäre geschafft. Jetzt tut dir nichts mehr weh.«
    Der Ministerpräsident der Hölle wischte mit der blutigen Hand durch die Luft, als würde er eine Fliege fangen. Mit geballter Faust ging er zurück zu Agamars neuem Schattenreich, der schwarzen Blase. Er führte die Faust zum Mund und pustete hinein.
    Danach machte er noch einige Gesten und schrieb flammende Zeichen in die Luft. Im gleichen Augenblick wurde die schwarze Blase erst durchscheinend und verschwand schlussendlich ganz.
    Lucifuge Rofocale begann zu lachen und konnte gar nicht mehr aufhören.
    ***
    Zamorra lehnte sich zurück und atmete tief durch.
    Er konnte sich vorstellen, welche Angst Ailean ausgestanden haben musste, als er aus seinem Versteck heraus beobachtete, wie sein Herr und Lehrmeister Dòmhnall ein Opfer »des Teufels« wurde. Seinem Bericht zufolge hatte er noch mehrere Tage in einer Hütte ausgeharrt, die noch halbwegs intakt war. Er teilte seinen Unterschlupf mit der Leiche einer Frau, die bestialisch zugerichtet war. Es musste sich Schlimmes in dieser Siedlung zugetragen haben - wie in allen anderen Dörfern, denen Agamar zuvor schon einen Besuch abgestattet hatte. In den leeren Augen der Frau lag die Frage, warum sie hatte sterben müssen.
    Ailean konnte den Anblick und den zunehmend übleren Geruch der Leiche nicht länger ertragen und dennoch wagte er es nicht, die Hütte zu verlassen. Obwohl vom Teufel nichts mehr zu sehen war, fürchtete Ailean, der Dämon könne in dem Augenblick wieder erscheinen, in dem er, Ailean, aus seinem Versteck kroch. Um sich abzulenken, zog er seine Aufzeichnungen hervor und fügte die letzten Teile seines Berichts an. Er zeichnete das Bild des Kampfs, das Zamorra schon betrachtet hatte, und er beschrieb den völlig sinnlosen Mord an Dòmhnall.
    Obwohl es sich bei dem, was Zamorra auf dem Bildschirm gelesen hatte, um eine Übersetzung und Interpretation des Pergamentinhalts handelte, merkte er den letzten Absätzen deutlich an, wie Ailean zunehmend zerbrach und dem Wahnsinn verfiel. Am Ende machte er sich sogar Vorwürfe, dass er seinen Meister nicht hatte retten können. Er erzählte, dass ihn die Leiche der Frau erst beschimpfte und ihn dann verführen wollte. Als er ihren Avancen nicht nachgab, begann sie zu weinen und beschimpfte ihn erneut. Und er beschrieb seine Angst, nie mehr vor den Dämonen sicher zu sein. Deshalb beschloss er, seinem Leben ein Ende zu setzen.
    Damit schloss der Bericht. Als Jahrhunderte später die Siedlung bei Le Conquet entdeckt wurde, fand man die Pergamentrolle in einem Tonkrug. Ob Ailean sie dort verwahrt und sich anschließend tatsächlich umgebracht hatte, war nicht bekannt.
    Zamorra versuchte, etwas Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Was wusste er?
    Zunächst einmal stand für ihn fest, dass es einen Zusammenhang zwischen Aileans Erzählung und den Ereignissen in der Luynes-Villa geben musste. Wäre er nur auf die Abbildung des alten Kelchs gestoßen, hätte er vielleicht noch an eine zufällige Ähnlichkeit mit dem Gefäß glauben können, mit dem Clement Luynes ermordet worden war. Aber dass auf Aileans Zeichnung ein Geschöpf abgebildet war, wie es Zamorra auf dem Nachhauseweg angegriffen hatte, konnte kein Zufall mehr sein.
    Wie viele dieser Wesen gab es überhaupt? Auf der Pergamentrolle war nur eines dargestellt, in seiner Geschichte berichtete Ailean allerdings von mehreren. Eine genaue Zahl nannte er

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