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0905 - Die Anstalt

0905 - Die Anstalt

Titel: 0905 - Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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dessen Reaktion.
    »Es wird alles getan, um eine Lösung zu finden, seien Sie sich dessen versichert, meine Damen. Aber es ist schwierig. Sie brauchen mir nicht wieder mit Ihren Anwälten zu drohen. Ich bin selbst am unglücklichsten über den Sachverhalt. Wenn Sie mir und den Ärzten wenigstens glauben würden, dass es Ihnen nicht immer so blendend ging wie jetzt - ich denke, dann wüssten Sie die zugegebenen Unannehmlichkeiten Ihrer jetzigen Situation ganz anders einzuschätzen.«
    »Sie behaupten, Polizist zu sein?«, krähte die Sitznachbarin zu Linken der Karoträgerin. »Für mich klingen Sie wie ein verfluchter Politiker . Hauen Sie ab, wenn Sie uns nur den Knast hier schmackhaft machen wollen! Ziehen Sie Leine, junger Mann, oder ich werfe mit Zuckerwürfeln!«
    Sie zeigte auf den Unterteller, auf dem nicht nur ihre Tasse stand, sondern wo auch drei noch eingepackte Zuckerwürfel lagen.
    Hogarth lächelte Zamorra und Nicole verlegen zu. »Wir sind auch schon wieder weg«, versprach er dem Damenquartett. »Kommen Sie… kommen Sie bitte schnell…«
    Er lotste Zamorra und Nicole zurück auf den Flur.
    Erst im Hinausgehen fiel Zamorra auf, dass der Öffnungsknauf auf der Innenseite der Tür entfernt worden war.
    »Warum werden diese Frauen eingesperrt?«, fragte er Hogarth, während die Verwünschungen drinnen allmählich abklangen.
    »Weil sie und die fünf betroffenen männlichen Patienten, die dort im Nachbarzimmer untergebracht sind…« Der Detective zeigte auf die entsprechende Tür. »… unmöglich in ihre Familien oder Lebensumgebungen zurückgeschickt werden können, bevor nicht geklärt ist, was genau mit ihnen geschehen ist und vielleicht weiter geschieht.«
    »Patienten?«, fragte Nicole. »Sie machten auf mich einen ganz fidelen Eindruck. Was fehlt ihnen denn?«
    »Nichts, das ist es ja. Nichts Erwähnenswertes jedenfalls und erst recht nicht mehr das, weswegen sie ursprünglich eingeliefert wurden und eigentlich als unheilbar eingestuft worden waren. Krebs, Demenz, Organversagen auf Grund von Altersschwäche…«
    »Altersschwäche? Sie machen Witze.« Zamorra konnte nur den Kopf schütteln.
    »Das würden Sie nicht sagen, wenn Sie sie vorher gesehen hätten.«
    »Wann ›vorher‹?«
    »Bevor Patient X auffällig wurde.« Hogarth schürzte die Lippen. »Kommen sie. Überspringen wir die männliche Fraktion, die keinen anderen Eindruck vermittelt als die Ladies. Ich zeige Ihnen lieber gleich die beiden, die am unmittelbarsten von dem Phänomen letzter Nacht getroffen wurden.«
    »Und das wären?«
    »Die diensthabende Nachtschwester des Bereichs, in dem Patient X untergebracht ist, und der diensthabende Arzt.«
    Zamorra nahm diese Information so hin. Ohne besondere Erwartung, in Gedanken immer noch bei dem wütenden Damenquartett, folgte er Hogarth in den nächsten Raum, der mehr einem Aufenthaltsraum glich.
    Es gab Lektüre und Spielsachen für kleine Besucher. Und es gab eine offenbar zum Krankenhaus gehörige Frau mit streng gescheiteltem dunklem Haar, die in die Beschäftigung mit genau zwei solchen Kleinen vertieft war, als sie eintraten.
    »Darf ich vorstellen?«, sagte Hogarth und nickte hin zu der Spielgruppe.
    Bevor er weitersprechen konnte, fragte Nicole, die sofort von den Kindern angetan war, aber höflichkeitshalber den Blick auf deren Betreuerin richtete: »Die Schwester, von der Sie sprachen?«
    Hogarth schüttelte den Kopf. »Die Schwester ist… war die Kleine dort.« Er zeigte auf das Mädchen von vielleicht fünf, sechs Jahren.
    Zamorra war nicht weniger verblüfft als Nicole. Aber noch bevor Hogarth weitersprach, dämmerte ihm bereits, wie die nächste Eröffnung lauten würde.
    Hogarth enttäuschte ihn nicht. »Und der kleine Junge dort war der diensthabende Arzt.«
    5.
    Vergangenheit
    Der Geruch des Spießbratens, der über dem offenen Feuer brutzelte, übertünchte die weniger angenehmen Düfte, die die Küche durchzogen. Annie Greenyard wischte sich den Schweiß mit einem Zipfel der Leinenschürze vom puterroten Gesicht. Sie dampfte regelrecht, sowohl der Arbeit - sie wusste manchmal nicht mehr, wo sie zuerst anpacken sollte - als auch der Hitze wegen, die von den Herden ausging. Es waren mehrere Feuerstellen, an denen die Töpfe auf gusseisernen Öfen standen, und einer der Helfer war nur damit beschäftigt, unablässig Holz, Kohle oder Torfbatzen nachzulegen. Der Braten des Direktors wurde über gutem Buchenholz gegrillt, der Haferschleim für die Häftlinge begnügte

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