Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0905 - Die Anstalt

0905 - Die Anstalt

Titel: 0905 - Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
Vom Netzwerk:
entnahm er, dass auch sein Großvater und später sein Vater ihre Gaben dazu genutzt hatten, um gegen die Mächte der Finsternis anzukämpfen. Gegen das Jenseitige und Okkulte.
    »Bislang klingt nichts danach, als könnte es das Königreich aus den Angeln heben«, wagte Hall einzuwerfen. »Besessenheit und dergleichen sind ernstzunehmende Phänomene, doch sie treten relativ häufig und überall auf der Welt auf. Ich wünschte, Ihr würdet mir die Euch bekannten Fakten über meine Familie zur Verfügung stellen und mich wieder dorthin gehen lassen, woher ich kam. Das Millbank ist ein Gefängnis. Und was immer unter seinem Fundament begraben sein mag, es wird kaum in der Lage sein, Einfluss zu nehmen auf -«
    »Sie irren sich, Mister Hall. Sie irren sich gewaltig. Das Begrabene nimmt bereits Einfluss. Es tut das, wovor Ihr Großvater einst warnte. Es strebt aus den Tiefen empor und hat bereits begonnen, die Siegel, die es bannen sollten, zu durchlöchern. Es gibt - es gibt erste Opfer zu beklagen.«
    »Wo?«
    »Im Millbank.«
    »Was ist passiert?«
    »Was aktuell darin passiert, wissen wir nicht. Ich habe den Komplex umstellen lassen. Offiziell, weil es zu einer Gefangenenrevolte kam.«
    »Und… inoffiziell, beziehungsweise in Wahrheit?«
    »Weil der Kontakt ins Innere abgebrochen ist. Nichts kommt mehr hinein. Und nichts hinaus.«
    Ungläubig starrte Hall sie an. »Seit wann?«
    »Seit letzter Nacht.«
    »Was heißt, niemand kommt mehr hinein?«
    »Die Tore sind geschlossen. Der gesamte Komplex ist hermetisch abgeriegelt.«
    »Warum bricht man sie nicht auf?«
    »Weil das, mein junger, übermütiger Freund, nicht möglich ist. Es sind spezielle Barrieren, die die Tore sichern. Barrieren, die für einen Fall wie diesen gebaut wurden und die auf konventionelle Weise unüberwindlich sind.«
    »Warum klettert man dann nicht über die Mauern oder bricht durch Fenster ein?«
    Königin Victoria lachte nachsichtig und bitter zugleich auf. »Ich bitte Sie nur um eines, Mister Hall: Begeben Sie sich unverzüglich nach Millbank. Sie erhalten von mir eine Depesche, die Sie mit allen nur erdenklichen Vollmachten ausstattet.«
    ***
    »Wohin geht Ihr, Meister?«
    »Ich muss weg. Aber ich werde nicht lange fort sein. Bleib du so lange in der Obhut des Hofes. Ich habe von höchster Stelle das Versprechen bekommen, dass man sich gut, sehr gut um dich kümmern will. Dir wird es nicht nur nicht an Essen, frischer Kleidung und einem weichen Bett mangeln, man will sogar versuchen, dir ein bisschen was beizubringen.«
    Twist sah unfroh zu ihm auf. »Das klingt aber nicht danach, als würdet Ihr nur kurz mal fort sein.«
    Arsenius Hall zuckte die Achseln, beugte sich vor und legte dem Jungen die Hände auf die Schultern. »Ich weiß nicht genau, wie lange es dauern wird. Aber ich komme zurück, darauf hast du mein Wort. Ich will offen zu dir sein, weil wir das immer zueinander waren, nicht wahr?« Er wartete, bis Twist mit gesenktem Blick genickt hatte, dann fuhr er fort: »Ich habe einen nicht ungefährlichen Auftrag erhalten. Zugleich wurde mir angedeutet, wer mein Vater war, nach dem ich, wie du weißt, seit Langem suche. Was das Ganze mit dem Millbank zu tun hatt, weiß ich noch nicht sicher. Aber ich werde es herausfinden.«
    »Das Millbank?«, fragte Twist verständnislos. »Das… Zuchthaus?«
    »Das Zuchthaus«, bestätigte Hall tonlos.
    »Sie haben Euch verhaftet!«
    »Nein, nein«, beschwichtigte er. »Ich soll dort nur nach dem Rechten sehen.«
    »Ich komme mit! Ich war auch auf dem Friedhof dabei!«
    »Das war, wurde mir gerade versichert, etwas unvergleichlich Harmloseres. Nein, du bleibst wie besprochen hier. Und hier hole ich dich auch wieder ab.«
    Twist hob den Kopf. Aus seinen Augen rannen Tränen. »Ihr kommt nicht wieder. Ihr lasst mich auch allein.« Er wich vor Hall zurück. »Geht schon! Verschwindet! Ihr könnt mir alle gestohlen bleiben!«
    »Ich kann dich nicht mitnehmen«, sagte Hall bekümmert. »Ich wünschte, ich könnte es. Aber die Lage beim Millbank ist prekär. Ich muss mir selbst erst ein Bild machen, um -«
    Er merkte, dass Twist ihm gar nicht mehr zuhörte. Er hatte sich in eine Ecke der Küche zurückgezogen, wo ihm ein provisorisches Lager bereitet worden war. Aber für die Dauer von Halls Abwesenheit würde man ihm ein richtiges Zimmer spendieren, das hatte er durchgesetzt. Er hoffte nur, dass Twist sich nicht bockig stellte oder gar weglief.
    »Versprich es mir«, sagte er.
    »Was?«, krächzte

Weitere Kostenlose Bücher