0905 - Puppenterror
Auftauchen der Puppe dazugehört.«
»Magie«, wiederholte er flüsternd.
»Himmel, ich hätte nie gedacht, daß ich je im Leben damit konfrontiert werden würde.«
»Überraschungen gibt es immer.«
»Und wie wollen Sie gegen diese Magie ankommen?«
»Mit Magie!«
»Dann sind Sie…«
»Keine Sorge, ich bin kein Magier, aber es gibt gewisse Mittel, durch die man sich schon wehren kann.«
Es wurde still zwischen uns. Wir hörten die Geräusche außerhalb der Bude wie eine akustische Kulisse, die nie abriß. »Sie haben mich vorhin gefragt, Mr. Baker, ob mir nichts aufgefallen ist, als ich mit dieser Puppe kämpfte.«
»Klar, das habe ich.«
»Es ist mir etwas aufgefallen«, sagte ich leise.
»Und was?«
Ich wartete, bis sich Bakers Haltung wieder etwas entspannt hatte und sprach dann. »Die Augen der Puppe waren anders. Sie waren für mich so erschreckend fremd, denn sie schimmerten nicht nur rötlich, sie wurden, als ich das Wesen attackierte, zu regelrechten Blutblasen, die sich aus den Höhlen nach vorn wölbten. Wie halbrunde, leicht eingefärbte Linsen, die sich mit Blut füllen und zerplatzten. Fragen Sie mich bitte nicht, woher das Blut kam, ich weiß es nicht. Es kann im Innern der Puppe seinen Platz gefunden haben, woran ich jedoch nicht so recht glaube, denn dann hätte auch Blut spritzen müssen, als die Puppe in den Schredder fiel und zermalmt wurde. Also trifft das auch nicht zu. Ihr Körper konnte nicht mit Blut gefüllt sein. Es ist also einiges nicht zu erklären, und das macht mir natürlich Sorgen.«
Er wartete mit seiner Antwort. Bakers Mund stand offen, als er mich anschaute. »Jetzt fange ich an zu begreifen. Ich glaube, ich hätte auch so reagiert wie Sie, Mr. Sinclair. Ja, wäre mir das passiert, hätte ich zu meinem eigenen Schutz eine Antwort gesucht, die auf das Unerklärliche hinführt. Klar, das ist es. Der Mensch muß sich vor Dingen schützen, die er mental nicht fassen kann. Eine gute und sichere Logik.«
»Ich widerspreche nicht.«
»Aber Sie glauben nicht daran, daß es nur ein Schutz ist. Sie sind davon überzeugt, daß Magie eine Rolle spielt.«
»Ja.«
»Da kann ich natürlich nicht mitreden. Ich versuche, so etwas wie eine logische Folge in diese Vorgänge hineinzubringen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Noch nicht, Mr. Baker.«
»Nun ja, mir geht es einfach darum, daß die Puppe irgendwoher gekommen sein muß. Sie ist ja nicht vom Himmel gefallen. Außerdem habe ich die Puppe nicht zum erstenmal gesehen. Sie turnte schon öfter auf unseren Müllbergen herum. Ich habe nachforschen lassen, woher sie möglicherweise gekommen ist, aber ich habe keine Antwort erhalten. Ich weiß nicht, wer sie auf den Müll geschafft hat. Oder glauben Sie daran, daß sie von allein gekommen ist?«
»Ausschließen kann man nichts.«
»Gut, das meine ich auch. Dann habe ich noch einen Schritt weitergedacht und bin zu der Überzeugung gelangt, daß jemand die Puppe hier auf dem Müll abgeladen hat. Oder ist Sie Ihrer Meinung nach von selbst gekommen, Mr. Sinclair?«
»Das weiß ich nicht.«
»Tja«, sagte er und schüttelte den Kopf, während er gleichzeitig zur Flasche griff. »Noch einen Schluck?« fragte er.
Ich lehnte dankend ab.
Er trank und sagte dann: »Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen. Jemand rangiert Puppen aus. Wer tut das?«
»Die Mitarbeiter eines Kaufhauses.«
»Genau.« Er lachte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Die Spur könnte zu einem Kaufhaus führen. Oder ist Ihnen das zu stark überdacht, Mr. Sinclair?«
»Nein, Mr. Baker. Auch ich habe mich schon länger mit diesem Gedanken beschäftigt. Es könnte sein, daß ich dort eine Spur finde. Aber es kommen nicht nur Kaufhäuser in Frage. Zahlreiche Geschäfte, die ich im einzelnen jetzt nicht kenne, stellen, um ihre Kleidung zu präsentieren, Puppen in die Schaufenster. Irgendwann werden sie ausgetauscht, weil sie nicht mehr modern oder kaputt sind. Dann müssen diese Puppen entsorgt werden. Und wo geschieht das?«
»Nicht bei uns.«
»Wo sonst?«
Er streckte mir seine Hand entgegen. »Da bin ich überfragt. Es mag sein, daß es irgendwo ein Lager gibt, wo die Puppen gesammelt werden, um irgendwann entsorgt zu werden. Fragen Sie mich aber nicht nach dem genauen Ort.«
»Schon klar. Nur denke ich, daß ich diesen Ort herausfinden könnte.«
»Bestimmt.«
»Sie können mir also nicht helfen?«
»Nicht, was diesen Ort angeht. Aber ich verspreche Ihnen, daß ich meine Augen offenhalten werde.
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