0905 - Puppenterror
ich dafür sorgen, daß die Puppen krank werden. Ich habe alles bei mir, das kannst du sehen.«
Alice wußte nicht mehr, was sie denken sollte. Ihr Magen hatte sich zusammengezogen, es fiel ihr auch schwer, Atem zu holen.
Doc Doll stellte seine Tasche zur Seite, damit sie ihn nicht störte. Dann stemmte er sich vom Fußboden ab und kam langsam in die Höhe. Seine drei Instrumente hielt er fest.
»Wolltest du etwas sagen, Alice?« flüsterte er ihr zu.
Sie schüttelte den Kopf.
»Aber zuschauen willst du - oder?«
Alice konnte nichts sagen. Sie zitterte, sie schluckte dabei, und die dünne Haut an ihrem Hals zuckte. Nur nicht sprechen, nur nichts sagen, was eventuell falsch sein könnte. Er würde sich bestimmt rächen.
»Ja«, sagte er, »dann werde ich mal anfangen. Es ist ja ein Paradies für mich. Puppen, nur Puppen, wohin ich auch schaue. Ich kann sie mir aussuchen, wie wunderbar…«
Alice war nicht in der Lage, etwas gegen ihn zu unternehmen. Neben dem Regal hatte sie sich gegen die Wand gedrückt. Der Hals saß zu, der Knoten war so dicht wie bei einer Henkersschlinge, und plötzlich wünschte sie sich, nicht mehr allein zu sein…
***
Wir hatten die Adresse gefunden. Das Künstlerpaar lebte in einem Industriegebiet im Londoner Süden.
Es gefiel uns beiden hier nicht, doch wir konnten uns die Orte unserer Einsätze nicht aussuchen. Das Wetter hatte sich gehalten, es regnete nicht, und der Himmel zeigte Wolken, Bläue und auch Sonne, mehr ein Aprilhimmel.
Das Haus, in dem Diana Perl und Darius Chan lebten, war ein Fertighaus. Die Fassade zeigte einen hellgrauen Anstrich, und zur Tür hoch führten drei breite Stufen aus Waschbeton.
Wir hatten den Rover neben der Treppe abgestellt und gingen hoch zur Eingangstür. Angemeldet hatten wir uns nicht. Wir hofften darauf, daß die beiden Künstler im Haus waren.
Ihre Namen hatten sie einfach rechts und links der Tür auf die Wand gemalt. Sie hatten Lackfarbe verwendet. Der Frauenname stand dort in Rot, der des Mannes in Blau.
Suko klingelte.
Unsere Geduld wurde schon auf eine harte Probe gestellt, bis endlich jemand die Tür aufzog.
Ein Halbchinese schaute uns an. Das mußte dieser Darius Chan sein. Er trug eine ausgebeulte Cordhose und einen grobmaschigen braunen Pullover. Sein Blick war nicht gerade freundlich. »Sind Sie angemeldet?« fragte er.
»Nein«, sagte Suko.
»Was wollen Sie dann?«
»Mit Ihnen und ihrer Partnerin reden.«
Seine Augen verengten sich. Auf den hochstehenden Wangenknochen erschien eine leichte Gänsehaut. Er kaute, ohne etwas zu essen und strich über sein nach hinten gekämmtes, langes Haar, das im Nacken einen Zopf bildete. »Nein, wir haben jetzt keine Zeit. Sie können wieder gehen, meine Herren.«
Suko lächelte milde. »Sie sollten sich aber Zeit für uns nehmen, Mr. Chan.«
»Warum?«
»Weil man sich für zwei freundliche Polizisten immer ein paar Minuten Zeit nehmen sollte.«
»Wie?«
»Scotland Yard.«
Chan war überrascht. Er verlor etwas von seiner Sicherheit, was nicht unbedingt auf ein schlechtes Gewissen schließen mußte. Die meisten Menschen waren beim Besuch durch die Polizei immer etwas nervös.
»Haben Sie Ausweise?« Mit dieser Frage überbrückte er seine Verlegenheit.
Wir zeigten sie ihm.
»Ja, ist gut.«
»Lassen Sie uns jetzt rein?«
Er wollte schon antworten, möglicherweise auch zur Seite treten, doch aus dem Hintergrund erreichte uns die Stimme einer Frau. »Was ist denn los, Darius?«
»Besuch.«
»Wer?«
»Zwei Bullen, ähm, ich meine, zwei Polizisten.«
»Schmeiß sie raus, wir haben zu tun.«
»Sie wollen aber nicht gehen.«
»Dann hören wir uns eben an, was sie zu labern haben. Ich bin mir keiner Schuld bewußt. Falsch geparkt habe ich bestimmt nicht.«
»Um Falschparker zu besuchen, kommen keine Leute von Scotland Yard, Darling.«
»So ist das…«
»Kommen Sie rein«, sagte Chan und öffnete die Tür fast bis zum Anschlag.
»Danke sehr.« Ich lächelte ihm zu und schob mich an ihm vorbei ins Haus. Der lange Flur nahm uns auf.
Die Frau hielt sich nicht im Gang auf. Sie befand sich in einem Raum, zu dem an der linken Seite eine Tür hinführte, die offenstand. Darius Chan geleitete uns dorthin, und der weiche Kunststoffboden gab unter unseren Füßen nach. In dem Raum des fensterlosen Traktes war der Boden mit Holz gefliest. An das Arbeitszimmer des Paares schlossen sich der Wohnraum und das Schlafzimmer an.
Dort stand ein breites Futon-Bett.
Und wir sahen Diana
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