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0906 - Das Vermächtnis der Hexe

0906 - Das Vermächtnis der Hexe

Titel: 0906 - Das Vermächtnis der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Ohren wummern fühlen.
    »Ist da jemand?«
    Keine Antwort.
    Er zögerte ein paar Sekunden, dann ballte er die Hände zu Fäusten, seufzte voller Inbrunst und sagte: »Ach, was soll's!«
    Er rannte zu der Ecke, hinter der der Schatten verschwunden war, flitzte um die Kurve - und prallte im nächsten Augenblick gegen… ja, wogegen?
    Seine Hüfte stand für einen Moment in Flammen.
    »Aua! Oh Mann, so ein Shit!«, plärrte Rhett.
    Vor ihm stand ein Hydrant.
    »Du dämliches Ding!«
    Als der Schmerz in der Hüfte abebbte, ließ er seiner Wut erneut freien Lauf. Diesmal allerdings anders als noch vor wenigen Minuten. Er trat mit dem rechten Fuß gegen seinen knallroten Peiniger. Das Geräusch, das dabei entstand, klang dumpf und kein bisschen metallisch.
    Rhett runzelte die Stirn und klopfte mit den Fingerknöcheln gegen den Hydranten.
    Kein Zweifel! Das Ding war aus Kunststoff.
    »Wo bin ich hier?«, murmelte er. Dann hob er den Kopf und schrie in den schwarzen Himmel: »Wo bin ich hier?«
    Erwartungsgemäß erhielt er keine Antwort.
    Falsche Türen, aufgemalte Zeiger einer Uhr, Schlurpi-Eis, ein Fahrplan ohne Buchstaben, Kunststoff-Hydranten, leises Dauergebrabbel. Was sollte das alles?
    Er trat einen Schritt zurück und bemerkte, dass der Hydrant leicht schief stand. So, als habe er ihn bei dem Zusammenstoß losgerissen.
    Blödsinn! Er hatte schon genug Filme im Fernsehen oder im Kino gesehen, in denen ein Auto einen Hydranten wegriss und eine gewaltige Wasserfontäne aus dem Boden schoss. Er konnte sich aber an keinen Film erinnern, in dem das auch ein rennender Junge geschafft hätte.
    Er machte wieder einen Schritt nach vorne und packte den vermeintlichen Wasserspender an einem seiner Armstümpfe. Tatsächlich, er ließ sich hin und her wackeln!
    Rhett ging auf die Knie und drückte den Hydranten in eine so schräge Stellung, dass er darunter lugen konnte. Er hatte mit Wasserleitungen, Rohren oder sonst was gerechnet, aber nicht mit dem, was er da stattdessen zu sehen bekam.
    Zwischen dem Fuß des Hydranten und dem Boden zogen sich fingerdicke Fäden in die Länge. Wie bei einem Kaugummi, auf den man getreten ist.
    Fast so, als wäre der Hydrant auf dem Betonboden…
    ... aufgeklebt worden?
    Noch bevor Rhett über diese Entdeckung nachdenken konnte, sah er den Schatten wieder, den er verfolgt hatte. Ein Gesicht hinter der nächsten Ecke des Bahnhofsgebäudes! Doch kaum fiel sein Blick am Hydranten vorbei zufällig in diese Richtung, schon zog sein heimlicher Beobachter den Kopf zurück.
    Rhett sprang aus seiner kauernden Haltung auf.
    »Hallo, Sie! Warten Sie doch!«
    Er spurtete los und rannte an der Querseite des Hauses entlang. Er sprang über ein paar kleine Blumenbeete oder sprintete kurzerhand durch sie hindurch, wenn sie zu breit zum Überspringen waren.
    Nur unterbewusst nahm er wahr, dass der Boden der Beete nicht aus Erde bestand, sondern aus faustgroßen braunen Kugeln. Die Blumen standen in voller Blüte und strahlten in den unterschiedlichsten Farben. Wieder kam ihm etwas höchst unecht vor, doch noch bevor er den Gedanken festhalten konnte, ( die Blumen riechen nach nichts ) war er auch schon wieder verschwunden.
    Er hetzte an ein paar Parkbuchten vorbei, die bis auf einen roten VW Golf leer waren. Endlich erreichte er das Eck des Gebäudes, schlidderte herum - und sah wieder niemanden! Sein Beobachter war verschwunden.
    Rhetts Lunge pumpte wie ein Blasebalg.
    »Langsam nervt's«, keuchte er.
    Vor dem Bahnhof verlief eine Straße, die nach links und rechts im dichten Wald verschwand. In vielleicht dreißig Metern Entfernung sah er die Seitenwand eines Bushäuschens, an der ein riesiges Plakat das Jahrhundertereignis ankündigte: ein Konzert der Band Shrinking Sausages !
    Rhett hatte noch nie von einer Band mit einem so bescheuerten Namen gehört, aber er war sich sicher, dass ihre Mitglieder die Eismarke Schlurpi bevorzugten.
    Auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen die Bäume dicht an dicht. Wenn sich sein Beobachter dort verkrochen hatte, hatte Rhett nicht den Hauch einer Chance, ihn zu finden.
    »Hallo?«, rief er noch einmal. »Kommen Sie doch raus!«
    Diesmal erhielt er eine Antwort. Na ja, zumindest etwas Ähnliches.
    Ein leises Weinen drang an sein Ohr.
    Woher kam es? Rhett neigte den Kopf, wandte sich in alle Richtungen, doch dieser andauernde Brabbelteppich, dieses ständige Gemurmel machte es ihm nicht einfach, die Quelle des Weinens zu lokalisieren.
    Da sah er wieder das Gesicht,

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