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0907 - Die blutenden Bäume

0907 - Die blutenden Bäume

Titel: 0907 - Die blutenden Bäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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- Bamberg genommen. Uns umgab eine Gegend, wie sie typisch für das Land der Franken war.
    Viel Gegend, viel Landschaft, leicht bergig, auch bewaldet, dann wieder mit freien Flächen versehen. Äcker und Wiesen, die kleine, schmucke Dörfer umgaben. Wein wuchs an den Hängen. Die Luft war klar, der Himmel blau, wolkenlos, und auch irgendwelche Vögel verfolgten uns nicht.
    »Beinahe wie im Urlaub«, sagte Harry, als er links an einem Lastwagen vorbeihuschte.
    »Aber nur beinahe.«
    »An was denkst du«
    Ich hob die Schultern. »Kannst du dir vorstellen, daß es einen Wald mit blutenden Birken gibt?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Dann sollten wir die Bahn wechseln und in Richtung Frankfurt fahren, Harry.«
    »Warum?«
    »Dort steige ich in die Maschine und fliege wieder zurück nach London.«
    »Tut mir leid, das begreife ich nicht. Wir haben doch hier einen Fall, denn wir lösen müssen.«
    »Gibt es den?«
    »Klar.«
    »Blutende Birken.«
    Harry nahm die Hände für einen Moment vom Steuer und ließ sie wieder sinken. »Es ist unglaublich, ich kann es mir auch nicht vorstellen, aber trotzdem sollten wir die Flinte nicht ins Korn werfen und nachschauen, meine ich.«
    »Du hast recht, mein Freund.«
    »Dann verstehe ich deine Bemerkung von vorhin erst recht nicht.«
    Ich seufzte und schaute auf das graue Band der Straße. »Manchmal verstehe ich mich selbst nicht, Harry. Es kann auch daran liegen, daß es eigentlich nichts Normales mehr in meinem Leben gibt. Alles ist irgendwie anders. Ich stehe morgens auf, denke an Dämonen, gehe am Abend zu Bett, und es sind die gleichen Gedanken. Die Ratio sagt, daß es so etwas nicht geben kann, aber meine Erfahrungen haben mich das Gegenteil gelehrt. Das hört sich zwar gerade aus meinem Mund ungewöhnlich an, aber ich kann nichts daran ändern. Es ist nun mal so.«
    »Komme ich auch noch dorthin?«
    »Wenn du lange genug dabei bist, bestimmt.« Ich streckte das rechte Bein aus. »Wenn ich daran denke, daß dieses Jahr erst drei Monate alt ist, und ich mir vorstelle, was Suko und ich schon alles durchgemacht haben, da kann ich nur den Kopf schütteln. Da folgt eins auf das andere, Harry. Du kommst kaum dazu, richtig Luft zu holen. Irgendwann in den letzten Jahren habe ich mal einen kleinen Stein auf einen schneebedeckten Hang geworfen. Der Stein ist dort nicht liegengeblieben. Er war so etwas wie der Auslöser. Er hat sich in Bewegung gesetzt und wurde mit jedem Meter, den er zurücklegte größer, bis der dann zu einem haushohen Ball geworden war, den meine Freunde und ich anzuhalten versuchten. Es ist ja immer mehr dazugekommen, und ich weiß nicht, wie weit der Ball noch wachsen wird.«
    »Hoffentlich nicht so weit, daß er euch irgendwann überrollt. Und mich womöglich gleich mit.«
    »Das kann schon sein.«
    Harry lächelte mir zu. »Sehr lange kenne ich dich noch nicht, John, aber ich weiß genau, was ihr schon alles geleistet habt. Außerdem darfst du nicht vergessen, daß nicht der Ball gewachsen ist, ihr seid es ebenfalls. Ich sehe euch, wenn ich bei dem Vergleich bleiben soll, schon als Riesen an.«
    »Das meinst du ehrlich?«
    »Was sonst?«
    »Dann bin ich beruhigt. Und ehrlich gesagt, du hast auch ein wenig recht. Wir sind vor den Problemen nicht davongelaufen. Wir haben uns ihnen gestellt und…«
    »Es wird schon weitergehen, John. Irgendwie geht es immer weiter.«
    »Ich hoffe es.«
    Wir schwiegen. Es hatte mir gutgetan, mit Harry darüber zu sprechen.
    Manchmal brauchte man einen Menschen, der ein wenig außen vorstand, als jemand, der in gewisser Weise betriebsblind war, weil er selbst zu tief drinsteckte.
    Die Stadt Erlangen lag bereits hinter uns. Der nächste größere Ort hieß Forchheim, da mußten wir dann ab von der Bahn. Der Verkehr war weniger geworden, Harry konnte schneller fahren. Wir hatten bereits Mittag, aber hinter uns lag kein Stau. Wir würden unser Ziel früher erreichen als angenommen.
    Über die Bundesstraße 470 ging es dann weiter bis Heroldsbach, das hatten wir auf der Karte gesehen.
    Natürlich hatten wir über die blutenden Birken gesprochen. Harry Stahl war, ebenso wie ich, davon überzeugt, daß diese Bäume nicht unbedingt ein Geheimnis waren, von denen niemand etwas wußte. Wir konnten uns gut vorstellen, daß dieser seltsame Wald nahe des Ortes schon bekannt war. So hofften wir, von den Einheimischen dort einige Tips zu bekommen.
    Die Ausfahrt wurde angekündigt.
    Forchheim, Heroldsbach. Es war in weißen Buchstaben auf blauem

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