0907 - Imperium der Zeit
sagen, Nici, wir haben uns diesmal noch nicht allzu sehr mit Ruhm bekleckert. Es ist beinahe, als hätten wir irgendwas übersehen, so wenig Ansätze haben wir momentan.«
»Sei nicht zu hart zu dir«, sagte sie sanft. »Manche Fälle brauchen eben ein wenig länger, bis man hinter sie gestiegen ist.«
Zamorra fuhr sich mit der Hand durch das kurze schwarze Haar. »Zwei Tage sind wir jetzt schon hier. Zwei Tage! Und mehr als ein paar Telefonate mit William, einen ergebnislosen Kampf gegen den Römer und einen historischen Vortrag haben wir nicht aufzuweisen. Deinen Optimismus in allen Ehren, aber wir hatten schon mal mehr drauf. Von Merlins Stern ganz zu schweigen…«
Für einen Moment rechnete er damit, dass sie wieder von dem Amulett anfangen würde, doch Nicole ließ die Bemerkung unbeachtet verklingen.
»Was hast du denn mit William besprochen?«, fragte sie schlicht.
»Ich bat ihn, nach Querverbindungen zu suchen. Verbindungen zwischen Speeren, Römern, Trier… ach, was soll's? Wir stochern ja doch nur im Nebel.«
Frustriert machte Zamorra ein paar Schritte in den Raum hinein und setzte sich zu ihr aufs Bett. Langsam und ohne ein weiteres Wort strich Nicole mit den Händen über seinen nackten Rücken, und die Berührung half ihn, seinen Zorn über ihre Situation in den Griff zu bekommen.
»Es ist…«, begann er schließlich, nachdem er sich wieder ein wenig gefasst hatte. »Diese sinnlose Warterei, weißt du? Dieses Herumsitzen.«
»Na, dagegen kann man doch was machen«, sagte sie leise, rutschte ein wenig zur Seite und schlug die Bettdecke zurück. »Wer nicht sitzen will, kann von mir aus gerne liegen.«
Eigentlich hatte Zamorra zu viel Ärger im Bauch, um auf ihr Angebot einzugehen, doch ihr offenes Lächeln, ihr einladender Körper und das schalkhafte Glitzern ihrer Augen halfen ihm, sich wenigstens für die nächsten Stunden von seiner Frustration abzulenken.
***
Zamorra wusste, dass es ein Traum war und er in Wahrheit in seinem Trierer Hotelbett lag, und doch half ihm dieses Wissen nicht. Im Gegenteil: Es verstärkte seine Frustration nur noch.
Im Traum fand er sich in einer weißen Leere wieder, die sich soweit erstreckte, wie er blicken konnte. Völlige Stille umgab ihn, hüllte ihn ein und machte die Erfahrung noch unangenehmer. Es war, als sei er mit einem Mal aus der Welt verschwunden, als hätte ihn eine unbekannte Macht aus der Realität entfernt und hierher in dieses unendlich scheinende Verließ aus Nichts verbannt, aus dem es, das wusste er in seinem Traum instinktiv, keine Rückkehr mehr gab.
Panik wallte in ihm auf; weitaus stärker, als er sich je zugestanden hätte. Doch plötzlich…
Bevor Zamorra der Angst nachgeben konnte, die doch so unnatürlich für ihn war, erfüllte ein Lachen wie aus tausend Kehlen die Leere. Und obwohl er es nicht sicher sagen konnte, spürte er, dass es ein böses, hämisches Lachen war.
Ruckartig drehte der Meister des Übersinnlichen sich um, blickte in alle Richtungen, aber er konnte die Quelle des gleichzeitig von überall und nirgends her dringenden Geräuschs nicht ausmachen. War da jemand? Sollte er sich ihnen zu erkennen geben? Gehöhrte das Lachen etwa ihm?
Im Traum behagte ihm der Gedanke gar nicht, von unbekannten Beobachtern ausgelacht zu werden. Er fühlte sich… schuldig. Ja, das war es, erkannte der Professor mit einem Mal, und diese Einsicht lastete schwer auf seinem Gemüt. Schuldig.
Er fühlte sich, als habe er dieses abfällige, spöttische Lachen verdient. Weil er dumm gewesen war. Dumm und vergesslich.
»Weil ich etwas übersehen habe«, sagte er leise.
Im selben Moment, in dem er sich dies eingestanden hatte, verstummte das Lachen genauso abrupt, wie es gekommen war, und machte wieder der unheimlichen Stille von vorhin Platz. Bis auf…
Ein Klatschen ertönte, wie von Handflächen, die in gleichmäßigen Abständen aufeinander schlugen. Und es kam direkt von hinter ihm!
Zamorra riss abwehrend die Arme hoch und wirbelte herum, bereit, sofort zuzuschlagen, wenn es nötig sein sollte. Und er hielt verdutzt inne, als er sah, wer ihm da gegenüberstand: ein asiatisches Gesicht, dunkle Haare und ein spöttisches Grinsen - das war…
»Fu Long«, rief Zamorra erstaunt und starrte den Ministerpräsidenten der Hölle an. »Was… was machst du hier?«
»Gar nichts«, erwiderte der Vampir mit einem leisen Lächeln. »Ich bin genauso wenig hier, wie du es bist.« Dann hob er erneut die Hände und begann, langsam zu
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