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0907 - Imperium der Zeit

0907 - Imperium der Zeit

Titel: 0907 - Imperium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Gegenstand ihnen im Laufe der letzten Wochen bereitet hatte. Würde der Professor ihr jetzt gestehen, dass ihn die Sorge um das Amulett von ihrem eigentlichen Fall abgelenkt hatte, lieferte ihr das vermutlich nur ein weiteres Argument, dem Stern von nun an mit Vorsicht zu begegnen. Ja, ihn vielleicht sogar abzulegen, bis sie dem Grund für seine Fehlfunktionen auf die Spur gekommen waren.
    Und dazu war Zamorra schlicht noch nicht bereit. Dafür hatte er dem Amulett zu lange vertraut, zu lange mit ihm gearbeitet und gelebt. Überlebt.
    Schweigend fuhren er und Nicole durch Trier, vorbei an den zahlreichen Menschen, die zu dieser frühen Stunde bereits auf den Beinen waren.
    Sie hatten sich nicht angemeldet, bevor sie heute aufgebrochen waren. Den Angaben auf Bechtels Website nach war das Weingut zu den üblichen Bürozeiten stets besetzt, und mehr als eine erste Auskunft brauchten die Dämonenjäger vielleicht auch gar nicht.
    Der Römer hatte sich, nach allem, was sie bisher gehört hatten, in der vergangenen Nacht nicht gezeigt. Zumindest hatte die Morgenpresse, die Zamorra beim Frühstück schnell überflogen hatte, von keinen weiteren Sichtungen oder gar Anschlägen berichtet. Dennoch wollte er sich ein Bild von der aktuellen Lage machen. Er hob die rechte Hand vom Lenkrad und drückte auf die »On«-Taste des kleinen Radios in der Mitte des Armaturenbretts.
    »Was dagegen, wenn ich die Nachrichten einschalte?«, fragte er Nicole. Sie schüttelte den Kopf, also drehte er das Gerät ein wenig lauter und suchte einen regionalen Sender.
    »… nichts Neues im Fall des Geisterrömers«, drang schließlich die Stimme eines Moderators aus den in die Wagentüren eingearbeiteten Boxen. »Obwohl: So ganz stimmt das nicht! Haben Sie vielleicht die gestrige Sondersendung von Thomas Scheuerer gesehen, diesem Scharlatan und Bauernfänger vom Offenen Kanal?«
    Nici kicherte. »Vor dem gibt's hier aber wirklich kein Entkommen.«
    Der Ansager fuhr fort. »Falls nicht: Scheuerer hat in seiner gestrigen Sendung versprochen, dass er dem Spuk - denn für nichts anderes hält er diese bizarre Mordserie - in einer für heute anberaumten zweiten Sondersendung ein Ende machen wird. Ja, liebe Trierer, richtig gehört: Heute Abend will der ›Meister des Übersinnlichen‹ ein Gespenst fangen, live und vor laufenden Kameras.«
    »Ach du dickes Ei…«, murmelte Nicole ungläubig. Es klang, als wisse sie nicht, ob sie lachen oder frustriert den Kopf gegen die Scheibe des Beifahrerfensters rammen sollte.
    Zamorra schnaubte. »Na, jetzt verstehe ich auch, was er mir letzte Nacht noch sagen wollte. Einladen wollte er uns, in seine Sendung. Vermutlich sollten wir hinter den Kulissen die Drecksarbeit machen und den… den Geist einfangen, oder wie immer er sich das vorgestellt hat, während er wie der größte Held dasteht.«
    »Na, ich weiß schon mal, wo wir garantiert nicht auftauchen werden«, murmelte Nicole und machte das Radio, in dem der sichtlich amüsierte Moderator die Hörer von RPR1 aufforderte, Fragen an die Toten einzusenden, wieder leiser. »Wäre ja noch schöner, wenn wir seinen unnatürlichen Drang zur Selbstdarstellung auch noch unterstützten.«
    ***
    Das Weingut Bechtel lag ein wenig außerhalb, in den Weinbergen rund um Trier, und bestand aus einem großen, dreistöckigen und ein wenig ins Fachwerk gehenden Haupthaus und mehreren Schuppen und Garagen. Ein gepflasterter Außenbereich war mit Bänken und Holztischen übersät, über welche sich breite Sonnenschirme spannten - ein sicheres Indiz dafür, dass hier neben dem reinen Weinverkauf auch eine Straußwirtschaft betrieben wurde. Angesichts der wunderbaren Aussicht, die man von dem Gelände hinab auf das Moseltal hatte, zweifelte Zamorra nicht daran, dass Bechtels Gastronomiebetrieb während der Hauptsaison, wenn zahlreiche Touristen die Gegend heimsuchten, gut besucht sein dürfte. Vorausgesetzt, das Preis-Leistungsverhältnis stand dem wunderschönen Ambiente in nichts nach.
    Zu dieser Tageszeit herrschte aber noch gähnende Leere, und Zamorra hatte keine Mühe, auf dem unbefestigten Bereich links von der Hofeinfahrt, der als Besucherparkplatz ausgeschildert war, eine schattige Ecke für den Jaguar zu finden.
    Kies knirschte unter seinen Füßen, als er in Nicoles Begleitung auf das Haupthaus zuschritt. Vor einer schweren Eichentür, in die auf Augenhöhe ein verspiegeltes rechteckiges Fenster eingelassen worden war, hielten sie an.
    Statt einer elektrischen Klingel

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