0910 - Blutliebe
fragte er flüsternd. »Wie kommen Sie denn darauf?«
»Ich suche nach dem Motiv.«
»Keine Ahnung.«
»Kennen Sie die Geschichte des Hauses?«
»Kaum.«
»Sie beide vielleicht?« Jane wandte sich an Greta und Raki, erntete aber nur ein Schulterheben.
Auch die beiden waren überfragt.
»Was wollen Sie überhaupt damit erreichen?« Kendrake regte sich auf. Er trank seinen Kaffee und schüttelte den Kopf. »Der Blutsauger existiert hier. Er hat sich meine Tochter geholt, wie damals Dracula seine Bräute, und damit hat es sich.«
»Für mich nicht«, widersprach Jane.
»Und warum nicht?«
»Weil wir den Fall erst lösen können, wenn wir ein entsprechendes Motiv kennen. Es sieht so leicht aus, Sir, aber denken Sie mal nach.« Jane beugte sich dem Mann entgegen. »Denken Sie über Ihre Tochter und über deren Verhalten nach. Es gab eine Zeit, da hat sie sich vor dem Besucher gefürchtet, das stimmt, nicht?«
»Sicher.«
»Wunderbar. Aber als ich sie kennenlernte, kam es mir nicht so vor, als hätte Romana Furcht vor diesem Blutsauger. Sie hat mich als Person strikt abgelehnt, und das muß einen Grund gehabt haben. Da können Sie sagen, was Sie wollen, Sir.«
Kendrake starrte Jane böse an. »Mir gefällt nicht, was Sie damit andeuten wollen. Ich habe den Eindruck, als wollten Sie Romana einen Teil der Schuld geben.«
»Das ist sogar möglich!«
Trotz der ruhigen Antwort machte Kendrake den Eindruck, als wollte er jeden Augenblick gegen die Decke springen. Er wurde hochrot im Gesicht, der Atem zischte durch seine Zähne, die Augen bekamen einen irren Blick. »Sie wagen es, meine Tochter zu beschuldigen? Sie, Sie…«
»Ich habe Romana nicht beschuldigt. Ich denke nur nach und suche ein Motiv.«
»Blut!« brüllte er. »Blut! Ist das nicht Motiv genug, Miß Collins? Es geht ihm um Blut.« Er stützte sich mit beiden Händen an der Tischkante ab. »Verstehen Sie das?«
»Bleiben Sie sitzen, Mr. Kendrake. Es hat keinen Sinn, wenn wir uns hier verbal gegenseitig zerfleischen. Das Blut spielt bei Vampiren eine verdammt wichtige Rolle, darin sind wir uns einig. Aber es geht nicht allein darum. Dieses Wesen muß irgendwo hergekommen sein. Es hat auch eine Vergangenheit gehabt.«
Kendrake hatte sich wieder gesetzt. »Und woher, zum Teufel, wollen Sie das so genau wissen?«
»Ich bin nicht neu in diesem Geschäft, Mr. Kendrake. Auch ich habe meine Erfahrungen. Ich gehe davon aus, daß dieser Vampir Ihre Familie und Ihr Haus aus einem bestimmten Grund ausgesucht hat.«
Sir Walter Kendrake blies die Luft über den Tisch. Er schüttelte dabei den Kopf. Dann drangen Geräusche aus seinem Mund, die sich anhörten wie ein Mittelding zwischen Weinen und Lachen.
»Ich glaube es einfach nicht, was Sie da sagen. Sie beschuldigen mich indirekt, daß ich mit der Existenz des Vampirs etwas zu tun habe.«
»Ohne daß Sie es bisher gewußt haben!« schränkte Jane ein.
»Verdammt, das ist…«
»Sir!« meldete sich Raki und klopfte auf den Tisch. »Ich will mich ja nicht einmischen, aber…«
»Das hast du schon getan.«
»Gut, dann sage ich auch, was ich denke.«
»Bitte!«
Raki rutschte unruhig auf der Stuhlfläche hin und her. »Vampire sind zwar keine Menschen, aber es ist durchaus möglich, daß der Blutsauger menschlich reagiert. Auch ich glaube nicht, daß er vom Himmel gefallen oder aus der Hölle gestiegen ist. Der muß schon lange hier existiert haben. Kann doch sein, daß dieses Haus eine Vergangenheit besitzt.«
»Die wir nicht kennen.«
»Wir könnten nachforschen.«
»Und man wird uns die Wahrheit sagen, wie?«
»Zumindest in Andeutungen, Sir. Daraus könnten wir dann unsere Schlüsse ziehen.«
Kendrake überlegte einen Moment. Dann schüttelte er heftig den Kopf. »Nein«, sagte er, »nein und nochmals nein! Ich lasse mir da nichts einreden. Dieses Haus ist sauber gewesen. Wenn der Blutsauger hier existiert hätte, dann hat er sich verdammt viel Zeit gelassen, um sich zu zeigen. Und daran glaube ich einfach nicht. Er hätte viel früher hier erscheinen können, seine. Chancen waren da besser.«
»War nur ein Gedanke, Sir.«
»Danke.«
»Aber einen Grund muß es trotzdem geben!« meinte Jane.
»Schön, es gibt ihn.« Kendrake lachte scharf. »Jetzt sagen Sie mir bitte, wo wir ihn suchen sollen.«
»Das wird schwer werden.«
»Weiß ich.«
Jane lächelte und beugte ihren Worten schon vor. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Sir, aber könnte es sein, daß Sie indirekt mit diesem Phänomen zu
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