0911 - In der Knochengruft
haben.«
»Hilfe, Hilfe«, sagte er. »Glaubst du wirklich, daß man uns helfen will?«
»Ja, das glaube ich.«
»Kann alles sein«, sagte er. »Ich bin ja gegen Mittag wieder zurück. Nur kurz hinfahren und schauen.«
»Warum denn?« fragte Gilda quengelnd. »Es reicht doch, wenn einer durch diese Knochen attackiert worden ist. Wenn sie dich da im Steinbruch angreifen, ist niemand da, der dir zur Seite stehen kann. Die machen dich fertig.«
»Ich bitte dich.« Madson verdrehte die Augen. »Zwei Knochen. Ich bin einigermaßen in Form und weiß mich zu wehren.«
Gilda blieb bei ihrer Meinung. »Du hast sie nicht erlebt, Frank. Du hast die Knochen nicht in Aktion gesehen. Sie sind verdammt stark und mächtig. Da steckt Power dahinter. Außerdem - wer sagt dir denn, daß es nur zwei Knochen sind?«
»Du, Gilda.«
Die Angesprochene beugte sich über den Tisch. »Hier haben mich zwei Knochen angegriffen. Im Steinbruch oder in irgendeiner Höhle können es viel mehr sein.«
»Dann werde ich fliehen.«
»Oh, ich bitte dich, Frank. Sei nicht so naiv. Ich habe dir doch davon erzählt, wie schnell die verfluchten Knochen sind. Die haben sich irrsinnig flink bewegt. Ich konnte ihnen kaum folgen. Blitzartig waren sie da und schlugen zu. Das ist verflucht hart gewesen, kann ich dir sagen! Und vergiß nicht, daß sie letztendlich explodiert sind und ein monströser Geist plötzlich vor mir stand.«
»Ich weiß.«
»Hat sich nicht überzeugend angehört.«
»Ich möchte trotzdem fahren, Gilda.«
Die Frau seufzte, bevor sie abwinkte. Sie tat es mit einer resignierend anmutenden Geste. Gilda wußte, daß sie ihrem Mann nichts ausreden konnte. Das hatte sie immer an ihm bewundert, doch nun gab es eine veränderte Sachlage. Da waren Ereignisse in ihr Leben getreten, die sie aus der Normalität herausgerissen hatten. Alles war anders geworden. Gildas Meinung nach waren Mächte und Kräfte erweckt worden, die in den metaphysischen Bereich hineingehörten. Ihr war so, als hätte jemand ein Tor geöffnet, um die anderen zu entlassen.
Sie war so mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt gewesen, daß ihr die Veränderung erst auffiel, als Frank sich bereits der offenen Küchentür genähert hatte.
»Du willst also fahren?«
Er holte seine Jacke vom Haken. »Ja, Gilda.«
Sie schwieg auch dann noch, als Frank zu ihr zurückkehrte und mit seinen Lippen über ihre Wange strich. »Ich bin so schnell wie möglich wieder zurück, Liebes.«
In Gildas Augen schimmerten Tränen, und sie umklammerte die Hand ihres Mannes hart. »Bitte, Frank, bleib hier!«
»Warum?«
»Es ist einfach zu gefährlich.«
Er winkte locker ab. »Das kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich hast du Barney auch nicht davon abgehalten, im Steinbruch zu spielen. Und ich bin erwachsen.«
»Die Zeiten haben sich geändert.«
Er küßte sie noch einmal. »Wir werden sehen, Gilda.« Dann verließ er die Küche und das Haus.
Gilda Madson aber blieb mit gefalteten Händen und weinend am Tisch sitzen. Sie glaubte plötzlich, ihren Mann zum letztenmal lebend gesehen zu haben…
***
Die Madsons fuhren einen Ford Scorpio, der drei Jahre alt und gut in Schuß war. Frank kannte sich natürlich in der Umgebung aus. Sie lebten außerhalb von Cowfold, und hatten zu anderen Menschen kaum Kontakt.
Zum Steinbruch führte von der Straße nur noch ein Feldweg. Hier waren früher die Lastwagen gefahren, hin leer und zurück schwer mit der Beute aus dem Steinbruch beladen. Das aber lag einige Jahre zurück, und der Steinbruch selbst lag wie ein gewaltiges, weit geöffnetes Maul in dem Gelände, wobei es die Natur endlich wieder geschafft hatte, sich auszubreiten, die Landschaftsnarben zu verstecken und sich mit dem natürlichen Niedrigwald an der Westseite des Steinbruchs zu vereinigen.
Eine herrliche und wunderbare Spielgegend für die Kinder, wenn auch nicht ganz ungefährlich, aber wer sich hier herumtrieb, kannte sich aus.
Die unmittelbare Umgebung des Geländes war ziemlich waldreich. Es gab kleine Buckel und Mulden, und beides wurde durch das Astwerk des Niedrigwaldes ziemlich geschützt.
Frank Madson war bisher nur zweimal im Steinbruch gewesen. Einmal zusammen mit seinem Sohn, und der hatte ihm auch die verschlungenen Wege und Pfade gezeigt, die zu den Höhlen führten.
Man brauchte nicht unbedingt in den Steinbruch selbst hineinzugehen, um sie zu erreichen, sie waren auch von der Waldseite aus zu erreichen.
Höhlen, Gänge, Tunnelsysteme, das alles war
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