0912 - Der Hypno-Hund
zu unterschätzen, das gehörte auch noch dazu.
Er hielt an einer Ampel und drehte sich nach links, wo Moonbird auf dem wertvollen Lederpolster lag, sich aber nicht wohl fühlte. Er war unruhig, bewegte scheinbar grundlos den Kopf und öffnete das Maul. Er zeigte seine Zähne. Hin und wieder gab er auch ein leises Knurren von sich, das Shamrock sehr wohl verstand.
Moonbird ärgerte sich. Oder war es Furcht? Nein, der Hund brauchte nichts und niemanden zu fürchten. Er war sich selbst gut genug, und er war sich seiner Stärke auch bewußt.
Was war es denn? Hunger? Durst?
Nein, das konnte es auch nicht sein. Zudem begriff Shamrock das Verhalten seines Lieblings nicht. Nie hatte er grundlos einen anderen Hund angegriffen, aber in diesem Biergarten war es passiert. Er hatte einen Pit Bull mit einem einzigen Biß die Kehle zerrissen. Gut, der andere hatte ihn angegriffen, auch das war dem Mann ein Rätsel. Wo sollte der Grund für diesen Angriff liegen?
Er zerbrach sich den Kopf darüber und blieb an einer Stelle immer wieder hängen.
Es ging um den Fremden vom Nebentisch!
Hinter ihm hupten mehrere Fahrer. Ein Zeichen, daß die Ampel umgeschlagen war, und Shamrock gab wieder Gas. Noch immer ärgerte er sich darüber, daß er sich so hatte einwickeln lassen. Dieser fremde Mann, der am Abend in seine Vorstellung kommen würde, hatte ihn doch nervös gemacht.
Aber er würde kommen, das stand fest. Er hatte nicht nur ein leeres Versprechen gegeben, dafür hatte Shamrock einen Blick. Er kannte die Menschen und wußte, wie er sie einzuschätzen hatte. Er lenkte nur mit einer Hand und streichelte mit der anderen das Fell seines Lieblings.
Auch diese Berührungen schafften es nicht, den Hund zu beruhigen.
Immer wieder hechelte er und zitterte sogar, als würde er sich vor irgendeinem Ereignis fürchten.
»Was ist denn? Warum hast du Angst?«
Wenn der Hund auch vieles konnte, sprechen konnte er nicht. Er war eben immer noch ein Tier.
Indra atmete auf, als er seine Garage auf dem sonnigen Hof erreichte.
Mit Hilfe der Fernbedienung ließ er das Tor hochschwingen. Dann rollte der Rolls langsam in die düstere Höhle. Die Garage war breit genug, um den Mann normal aussteigen zu lassen. Seinen Hund nahm Shamrock mit. Er hatte ihn wie ein Fellbündel auf seinen angewinkelten linken Arm gelegt und sprach während des Gehens immer wieder leise auf ihn ein.
Shamrocks Blick glitt an der Rückseite des Hauses hoch. Er sah viel Glas, rotes Mauerwerk und hellblaue Balkonanstriche. Die Mieter saßen auf ihren Baikonen, hatten die Sonnenschirme aufgespannt und gaben sich an diesem Samstag der Muße hin.
Shamrock mußte bis nach ganz oben, wo sein Penthouse wie ein glitzernder Glaskäfig stand. Der Lift konnte nur durch einen Spezialcode nach unten geholt werden. Dieser Code öffnete auch die Tür, wenn der Lift unten wartete.
So war es auch in diesem Fall. Shamrock trug Moonbird in den »Käfig«, drückte einen bestimmten Knopf und glitt beinahe lautlos in die Höhe.
»Gleich sind wir oben, mein Liebling. Es kann nicht mehr lange dauern. Dann wirst du deinen Tee bekommen und dein Fressen. Danach kannst du dich ausruhen und dich auf den Abend vorbereiten, wo du wieder deine große Kunst zeigen mußt. Die Menschen warten auf dich. Sie wollen dich sehen, und sie werden dich und mich reich machen.«
Der Hund regte sich nicht. Wie ein lebloser Klumpen Fell lag er im Arm seines Besitzers.
Der Lift hielt an. Mann und Hund konnten in einen kleinen Flur treten, dessen Wände mit hellem Marmor verkleidet waren, wie in manchen Luxushotels.
Auch die Wohnungstür öffnete Shamrock durch einen Code. Er setzte seinen Hund ab, der Sofort in den Wohnraum trottete und sich auf sein Kissen legte.
Shamrock blieb neben ihm stehen. Die Sonne schien zwar auf seinen Glaskasten, aber Rollos hielten das meiste Licht fern, so daß sich nur mehr ein Streifenmuster auf Boden und Möbelstücke gelegt hatte.
Moonbird schaute ihn aus trüben Augen an.
»Hast du Hunger?«
Der Hund blieb stumm.
»Möchtest du etwas trinken?«
Moonbird rührte sich nicht.
Shamrock ging in die Hocke. Er umfaßte mit beiden Händen den Kopf des Tieres. »Was möchtest du dann?«
Der Hund bewegte sein Maul. Er riß es weit auf, dehnte es - und schnappte zu.
Shamrock fuhr in die Höhe.
Leider zu spät, denn sein kleiner rechter Finger klemmte bereits zwischen den Zähnen des Hundes, die ihn knackend und knirschend zerbissen.
Der Mann war bleich geworden. Er stand
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