0915 - Murcons Vermächtnis
Hand.
„Nichts wie fort von hier!" kreischte er.
Er hastete in Richtung des Ausgangs. Aber der Geist, der sich in den Staubwolken verbarg, hielt offenbar von einem solchen Vorhaben nicht viel. Sein Gelächter wurde noch lauter. Plötzlich wölbte sich der Boden der Halle steil in die Höhe. Der Tolle Vollei strauchelte und stürzte. Der Boden wich sogleich darauf wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Für die beiden Freidenker mußte der Vorgang völlig unerklärlich sein.
„Bleibt hier, ihr beiden!" dröhnte die Stimme des Geistes. „Ich habe mit euch noch einiges vor. Ein Mächtiger bedarf der Zerstreuung in ganz anderer Weise als ein sterblicher Mensch!"
Es ließ sich absehen, daß der, der sich einen Mächtigen nannte, mit Hajlik und Vollei nicht eher zu spielen aufhörenwürde, als bis sie dasselbe Schicksal erlitten hatten wie die anderen, die vor ihnen gekommen waren und deren vertrocknete Körper den Boden der Halle bedeckten. Pankha-Skrin hielt den Zeitpunkt zum Eingreifen für gekommen. Er erhob sich hinter seiner Deckung. Er zerrte das kleine Übersetzergerät unter den Hautlappen des Oberkörpers hervor und richtete es so, daß der Verstärker seine volle Leistung entfalten konnte.
„Es scheint, wir sind einander schon einmal begegnet!" rief er, und trotz der Winzigkeit des Gerätes hallte seine Stimme fast so laut wie die des Geistes. „Kommst du wieder, um dich am Unglück der Sterblichen zu laben -wie damals, als du Serena zu dir riefst? Woher nimmt du den Mut, dich einen Mächtigen zu nennen, wenn du doch nur der Geist eines armseligen Freibeuters bist?"
Sofort, nachdem er diese Worte gesprochen hatte, zog er sich mit seinem Bewußtsein in die inneren Tiefen entelechischer Denkkreise zurück und ließ das Oberflächendenken brachliegen. Nur der Bruchteil einer Sekunde verging, da spürte er, wie ein fremder Geist sich an dem seinen zu schaffen machte, wieer betastet wurde, wie das fremde Bewußtsein sich wunderte, ein ganz und gar untätiges, wie blödes Gedankenfeld zu finden.
„Woher kenne ich diese Stimme?" raunte es aus dem Dunst, dessen Bewegung auf einmal nicht mehr so heftig war. „Wer ist dieser Frevler, der mir binnen kurzer Zeit zweimal in die Quere kommt? Weißt du nicht, was es bedeutet, einen Geist der Vergangenheit zu beschimpfen?"
Pankha-Skrin sprach nicht mehr. Die Fühler des fremden Bewußtseins griffen in die Tiefe, näherten sich der entelechischen Denkebene. Der Quellmeister konzentrierte seine ganze Kraft auf einen einzigen Gedanken.
Gleich mußte der Zusammenprall kommen ...!
Ein gellender Schrei brachte die Halle zum Schwingen.
„Eine Falle!" schrillte es aus dem Dunst. „Eine tödliche Falle! Warte, du Verräter! Ein zweites Mal hast du mich überrumpelt. Ein drittes Mal..."
Die Stimme verlor mit einemmal an Kraft. Es hörte sich an, als entferne sich der Sprecher mit rasender Geschwindigkeit. Der Dunst löste sich auf. Nur wenige Sekunden verstrichen, und die Halle bot sich dem Blick wieder so da, wie sie ausgesehen hatte, bevor der Geist erschien. Selbst die herabgestürzten Felsklötze waren verschwunden, und die Decke, von der sie herabgefallen waren, war eine glatte Fläche ohne die geringste Unebenheit.
Die beiden Freidenker lagen auf dem Boden, das Gesicht gegen den Fels gepreßt. Pankha-Skrin trat zu ihnen hin. „Steht auf!" sagte er. „Die Gefahr ist vorüber."
Der Tolle Vollei drehte sich vorsichtig um. Er starrte den Quellmeister verständnislos an, als erkenne er ihn nicht.
„Ich weiß, daß du mir auf der Spur bist", sprach Pankha-Skrin auf ihn ein. „Aber indem du mich bis in die Tiefen des Großen Gasthauses verfolgst, läßt du dich mit Mächten ein, denen du nicht gewachsen bist. Nimm deine Begleiterin und kehre mit ihr an die Oberwelt zurück. Ihr habt hier unten nichts verloren!"
Der Tolle Vollei gehorchte. Seine Bewegungen waren mechanisch. Er schien nicht zu wissen, was er tat.
Noch schlimmer aber stand es um Hajlik. Sie stierte vor sich hin, als habe sie den Verstand verloren. Vollei steuerte auf den Ausgang zu. Wenige Augenblicke später waren die beiden Freidenker verschwunden. Man hörte ihre schlürfenden Schritte sich durch den Korridor entfernen.
Inzwischen war auch der humpelnde Tantha aus seinem Versteck hervorgekommen. Ehrfurcht spiegelte sich in seinem offenen Gesicht.
„Jetzt glaube ich, Herr, daß du dich vor den Geistern nicht fürchtest", sagte er. „Du hast Macht über sie! Sie werden uns nichts
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