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0916 - Der Quellmeister und die Bestie

Titel: 0916 - Der Quellmeister und die Bestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nannten, ertönte dumpfer, dröhnender Donner. Dieses Geräusch dauerte fast eine Minute lang an, und die Priesteranwärter waren während dieser Zeit kaum noch zu hören, obwohl sie sich Mühe gaben, ihre Lautstärke zu erhöhen.
    Pankha-Skrin sah sich um. Er kannte die Physiognomie der Zaphooren mittlerweile gut genug, um zu erkennen, daß diese Männer und Frauen Todesangst empfanden. Mit weit aufgerissenen Augen und bleichen Gesichtern standen sie da und starrten in die Richtung des Spalts, durch den das fürchterliche Geräusch gekommen war. Einige schlugen die Hände vors Gesicht und begannen zu weinen, hemmungsloses Schluchzen erschütterte ihren Körper. Da empfand der Quellmeister Mitleid mit den Geplagten. Er wandte sich an den, der ihm am nächsten stand, und sagte zu ihm „Verzage nicht! Wenn wir den Mut nicht verlieren, winkt uns womöglich allen die Freiheit. Kukelstuuhr wird den heutigen Tag wahrscheinlich nicht überleben!"
    Der Mann, ein junger Zaphoore mit einem verwachsenen Gesicht und drei Augen, sah ihn verständnislos an.
    „Ich weiß, was ich sage!" bedrängte er ihn. „Sprich zu den andern und wiederhole, was du von mir gehört hast! Sie sollen den Mut nicht verlieren! Das ist das Wichtigste."
    Dann wandte er sich ab, denn es gab fünf Wesen in dieser Halle, deren Aufmerksamkeit er nicht unnötig auf sich ziehen wollte.
     
    *
     
    In der letzten Pause der Ruhe vor der großen Opferfeier drangen die Geister der Vergangenheit in das Innere der Schleierkuhle ein. In den Gängen, die den Kern des Labyrinths im Innersten der kosmischen Burg umgaben, stießen sie auf die letzten Kukelstuuhr-Priester, die noch auf der Suche nach Opfern für ihre Götzen waren. Sie verschreckten sie so, daß die Bleichhäutigen Hals über Kopf flohen. Die Geister folgten ihnen geräuschlos und gelangten unbemerkt hinter den Priestern in die Halle des Feuers.
    Die verängstigten Priester dagegen sprachen sich untereinander ab, niemand von ihrem Erlebnis zu berichten. Denn bisher war es erst ein einziges Mal vorgekommen, daß ein Geist der Vergangenheit sich in die Tiefe der Schleierkuhle gewagt hatte, und es war demnach eine schlechte Nachricht, wenn jemand vom Auftreten weiterer Geister berichtete. Schlechte Nachrichten aber waren dem Oberpriester unwillkommen, und gewöhnlich pflegte er ihre Überbringer zu bestrafen - in schlimmen Fällen so hart, daß er ihnen den Priesterrang nahm und sie zu Opfern für die Gottheit erklärte. Verständlicherweise lag den Verschreckten angesichts der Nähe der großen Opferfeier und der geringen Zahl der bisher eingefangenen Opfer nichts daran, das Risiko einer derartigen Entwicklung einzugehen.
    Infolgedessen wußte in den Hallen der Priester niemand etwas von der Anwesenheit der Geister, und es gelang diesen, indem sie sich hinter solchen her bewegten, die in dem Gewölbe des Oberpriesters zu tun hatten, die Halle mit dem Piedestal zu erreichen. Daß dies der letzte Tag vor der großen Opferfeier war, hatten die Geister bislang noch nicht in Erfahrung gebracht. Es war ohne Zweifel eine besondere Gunst des Schicksals, die Arqualov veranlaßt hatte, ausgerechnet diesen Termin zu wählen, aber bisher wußte er von seinem Glück nichts.
    Sie gelangten kurze Zeit später ins Innere des zeltähnlichen Gebäudes, in dem der Oberpriester Xummacron mit seinem Stab von sieben Mitarbeitern hauste. Die Geister bewegten sich geräuschlos und gaben ihre Anwesenheit durch nichts zu erkennen. Sie belauschten Xummacrons Gespräche mit seinem Stab und erfuhren auf diese Weise, daß die Opferfeier am nächsten Tag stattfinden solle. Da Arqualov vermutete, daß das Monstrum Kukelstuuhr mit dem ehemaligen Burgherrn Murcon in enger Verbindung stehe, hielt er es für ausgesprochen glücklich, daß er seinen Vorstoß gerade zu dieser Zeit unternommen hatte.
    Er wartete mit seinen Gefährten, bis die Pause der Ruhe begann: Dann schlugen sie zu - jeder gegen das Opfer, das er eigens für sich ausgesucht hatte.
    Arqualov hatte sich den Oberpriester Xummacron selbst vorgenommen. Aber dieser war von hohem Alter, und als der Geist der Vergangenheit ihm in seiner Schlafkammer erschien, gab sein Herz auf - weitaus rascher, als Arqualov erwartet hatte. Mit einem Toten konnte er nichts anfangen. Die Verpflanzung seines Bewußtseins in den Körper eines anderen mußte in dem Augenblick erfolgen, in dem der Körper sich anschickte, in den Todesschlaf zu versinken, nicht eine Zehntelsekunde später. ‘

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