092 - Da lacht der Satan
Haar und seinem markanten Gesicht hätte er als Filmstar Karriere machen können. Verschiedene Frauen im Publikum verschlangen ihn mit ihren Blicken.
Dorian bugsierte Unga nach der Show in einen Klub. Im Nu war der Cro Magnon von attraktiven Mädchen und Frauen umringt. Sie trugen knappe Abendkleider, und ihre Blicke waren eindeutig. Ein paar junge Männer und Mädchen luden sie schließlich zu einer privaten Party in einer Apartmentwohnung in der Nähe des Lincoln Centers ein. Dorian nahm die Einladung an.
Zwei Cadillacs und weitere Wagen brachten die ausgelassene Gesellschaft zu einem modernen Apartmenthaus. Die Party fand in einer riesigen Atelierwohnung statt. Es war kurz nach Mitternacht, und innerhalb der nächsten Stunde kamen noch weitere Partygäste. Zum Schluß waren es an die fünfzig Personen.
Unga verschwand mit einem Schwarm hübscher Mädchen im Schlafzimmer und ward nicht mehr gesehen. Dorian Hunter, sonst gewiß kein Kostverächter, hielt sich zurück.
Ein blondes Mädchen setzte sich zu ihm an die Bar und griff nach dem Spiegel.
Dorian nahm der Blondine den Spiegel heftiger aus der Hand, als er es beabsichtigt hatte.
„Sie machen sich wohl nichts aus Mädchen, was?"
Ihr Blick war auffordernd, ihre Lippen waren halb geöffnet, das Dekollete sehenswert. Dorian spürte die pulsierenden Schwingungen, die von dem Ys-Spiegel ausgingen. Früher hätte ein solches Mädchen bei ihm bestimmte Reaktionen ausgelöst. Jetzt nicht mehr. Der Spiegel hatte etwas in ihm gelähmt oder gar abgetötet.
Dorian war froh, als sie ging. Er setzte sich mit dem Gesicht zur Bar, ließ sich von dem Mann, der als Barkeeper fungierte, eine Bourbonflasche geben und kümmerte sich um nichts mehr. Dorian trank drei Viertel der Flasche allein, doch sein Verstand blieb klar. Das hing wahrscheinlich auch mit dem Ys-Spiegel zusammen.
Ein Unbehagen keimte in Dorian auf, tief aus dem Unterbewußtsein kommend. Aber er war verblendet und sah nur die Macht, die er erlangen wollte.
Es wurde sechs Uhr morgens, bis der Cro Magnon wieder auftauchte. Dorian bestellte ein Taxi.
Eine knappe Viertelstunde später betraten Dorian und Unga das „Ramada Inn Hotel". Als Dorian sich auf sein Zimmer begeben wollte, legte Unga ihm eine Hand auf die Schulter.
„Komm noch einen Moment zu mir, Dorian."
Der Dämonenkiller betrat das Hotelzimmer des Cro Magnons. Unga sprach inzwischen fließend Englisch und Französisch und besaß einiges Wissen über die moderne Zivilisation: Er hatte einen hervorragend gefälschten französischen Reisepaß, und Dorian glaubte, daß er zur Not auch allein in New York zurechtgekommen wäre.
Unga schloß die Tür leise. Dorian knipste das Licht an.
„Was ist, Unga?"
Der Cro Magnon setzte sich aufs Bett.
„Du bist einsam und traurig, Dorian. Ich spüre es. Der Ys-Spiegel hat dich verändert - und mehr noch der Umgang mit Magnus Gunnarsson und das Streben nach Macht, nach dem Vermächtnis des Hermes Trismegistos."
„Du weißt Bescheid darüber, daß ich nach Hermes Trismegistos' Vermächtnis strebe und sein Erbe antreten will?"
Der Cro Magnon nickte.
„Nun, dann kannst du auch wissen, daß wir drei sind, drei Konkurrenten, die nach dem Stein der Weisen streben. Magnus Gunnarsson, du und ich."
Er konnte Unga nicht überraschen.
„Ich habe es geahnt", sagte der Cro Magnon, der einen viel feineren Instinkt hatte als der moderne Mensch. „Aber ich bin nicht dein Konkurrent, Dorian, sondern in erster Linie dein Freund. Es ist dein Verdienst, daß ich aus einem primitiven Wilden zu einem Menschen wurde, der in diese Zeit paßt, wenn ich auch noch viel zu lernen habe."
Dorian winkte ab. „Da haben auch noch andere mitgeholfen. Sprachen und Manieren hast du auf Castillo Basajaun gelernt, und das meiste Wissen hat man dir dort in meiner Abwesenheit beigebracht."
„Das mag sein, aber du warst mein Vorbild, Dorian. Zuerst waren mir die Technik und diese moderne Zeit unheimlich. Ich hätte viel lieber wieder in einer Höhle gelebt. Aber dann überlegte ich mir, daß es sich lohnen müßte, in dieser Zeit ein Mann zu sein, ein Mann wie du."
Dorian schwieg.
„Aber jetzt kann ich dich nicht mehr bewundern", fuhr Unga fort. „Du bist seltsam geworden, anders, krank fast. Ich glaube, daß etwas deinen Geist vergiftet."
Er sah auf den Ys-Spiegel.
„Es war interessant, deine Ansicht zu hören, Unga", sagte Dorian Hunter. „Aber du weißt noch viel zu wenig von dieser Zeit und den Dingen, um die es geht,
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