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092 - Der Herr des Schreckens

092 - Der Herr des Schreckens

Titel: 092 - Der Herr des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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Häufchen Knochen geworden, schlimmer aussehend als eine schlecht balsamierte Mumie in einem tausend Jahre alten Grab.
    Die Schwarzen Lamas aber und Chandar-Chan jubelten und triumphierten. Sie lösten das, was von dem Opfer übrig geblieben war, vom Kreuz, und schleppten es zu einer Falltür vor dem Altar. Acht Schwarze Lamas hoben unter Aufbietung aller Kräfte die schwere, steinerne Falltür hoch.
    Ein schleimiges Unwesen mit Saugnäpfen besetzt und so dick wie ein kräftiger Mann, glitt heraus und peitschte umher. Entsetzt wichen die Schwarzen Lamas zurück. Nur Chandar-Chan blieb stehen. Das Untier machte einen Bogen, sobald es in seine Nähe kam.
    Das schleimige Ungeheuer packte den Mumienkörper, der knapp neben der Falltür lag, und zog ihn durch die Öffnung. Ein Grunzen und Schmatzen ertönte. Sobald die Bestie und die Überbleibsel des unglücklichen Opfers verschwunden waren, wuchteten die Schwarzen Lamas die Falltür wieder zu.
    Nicole hatte all das im Traum miterlebt. Sie lag völlig angezogen auf ihrem Bett und schlug um sich. Schweiß stand auf ihrem verzerrten Gesicht.
    „Nein“, stieß sie hervor. „Nein, nein, nein!“
    „So wirst auch du enden, Nicole Dulac“, rief Chandar-Chan, und seine Stimme dröhnte wie ein eherner Gong, „wenn dein Vater nicht nach Tibet kommt und mir gibt, was ich haben will, will, will…“
    Ein schauriges Echo hallte. Nicole schrie auf. Jemand packte sie mit eisernem Griff und schüttelte sie.
     

     
    Nicole Dulac sah brandrotes Haar und ein besorgtes Gesicht. Sie befand sich in ihrem Zimmer in der Rue de la Durance. Draußen war Sonnenlicht. Autos fuhren vorbei und Menschen gingen vorüber.
    „Ein Traum“, sagte Nicole nach einer ganzen Weile. „Mein Gott, was für ein Traum. So einen Alptraum habe ich noch nie erlebt.“
    Auch die beiden Polizisten kamen nun in Nicoles Zimmer. Robert Arvois sagte ihnen, Mademoiselle habe schlecht geträumt, und schickte sie weg.
    „Ich habe dich bis in die Küche schreien hören“, sagte Arvois zu Nicole. „Du bist so naßgeschwitzt, als seiest du in die Seine gefallen. Was war denn?“
    Noch ganz im Bann des schrecklichen Traumes, erzählte Nicole Robert alles. Er hörte schweigend der entsetzlichen Schilderung zu.
    „Das war eine ernstzunehmende Drohung“, sagte er, als Nicole geendet hatte. „Von nun an lasse ich dich keinen Augenblick mehr aus den Augen. Ich werde mich hier einquartieren, zumindest bis dein Vater zurück ist.“
    Nicole war geneigt, auf Roberts Vorschlag einzugehen, machte aber trotzdem ein paar Einwände.
    „Ich weiß nicht recht, so sehr lange sind wir noch nicht befreundet, und gleich zusammen hier wohnen, dazu unter diesen Umständen, wo meine Mutter tot und mein Vater in der Klinik ist.“
    „Du glaubst doch nicht etwa, ich will die Situation ausnutzen?“
    „Nein, davon bin ich überzeugt.“
    „Dann ist alles klar. Was andere vielleicht reden könnten, ist mir gleich. Deine Sicherheit ist mir wichtiger als die Meinung von ein paar Klatschmäulern im Haus.“
    Nicole stand auf, machte sich etwas zurecht und trank eine Tasse starken Kaffee. Im hellen Tageslicht und in der Gesellschaft von Robert Arvois wich das kalte Grauen allmählich von ihr, das sie umfangen hielt.
    Ein Gutes hatte der Alptraum. Er lenkte Nicole von ihrer herzzerreißenden Trauer um ihre Mutter ab. Kurz vor 15.00 Uhr fuhr Nicole mit Robert in Begleitung eines Polizisten zum Rothschild-Krankenhaus, um nach ihrem Vater zu sehen. Anschließend wollten die beiden jungen Leute zur Polizeipräfektur, um mit Kommissar d’Estienne zu sprechen.
    Der lange Polizist saß zusammengekauert hinten im Auto. Er brummte Unverständliches vor sich hin, aber sicher waren es keine Lobsprüche auf die Konstrukteure des Wagens. Robert Arvois erreichte die moderne, aus mehreren Gebäudetrakten bestehende Klinik.
    Der Polizist blieb in der Halle bei der Anmeldung zurück und vertiefte sich in eine Zeitung. Robert Arvois und Nicole Dulac wurden von einer Schwester zur Privatstation verwiesen, auf der Professor Dulac lag.
    Der Professor hatte ein Einzelzimmer. Er lag im Bett und sah starr zur Decke. An seinen Augen erkannte Robert, daß er unter dem Einfluß von Beruhigungsmitteln stand.
    Dulac gab Robert und Nicole schlaff und kraftlos die Rechte. Er murmelte eine Begrüßung.
    „Yvonne ist tot“, flüsterte der Professor leise. „Ich habe vor zwei Stunden eine Stimme gehört. Sie rief mir zu: ‚Der Tod deiner Frau ist deine Schuld. Er ist

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