Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
092 - Piraten im Nordmeer

092 - Piraten im Nordmeer

Titel: 092 - Piraten im Nordmeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
musterte seine neue Bleibe.
    Dann wurde auch der ziemlich kleinlaut wirkende Kapitän Boronin an Bord gezogen und gleich unter Deck gebracht.
    Erstaunt nahm er zur Kenntnis, dass die einzigen beiden Passagiere der Fahrt das Massaker überlebt hatten. Und er erdolchte den Verräter Ulaf mit Blicken. Natürlich nahmen Rulfan und McKenzie dem Einäugigen die Geschehnisse nicht übel – schließlich hatte er nicht wissen können, dass ein Maulwurf der Flybusta seine Mannschaft infiltriert hatte.
    Kurz darauf kehrten auch die vier letzten – von Laryssa angeführten – Flybusta mit langstieligen Äxten an Bord zurück. Rulfan und Dave glaubten plötzlich zu erkennen, dass die Genosse Troozki mehr Tiefgang hatte als zuvor. Als die Sturmbraut ihre Enterhaken vom dem kleinen Raddampfer löste und sich in Bewegung setzte, drang ein leises Blubbern an ihre Ohren und sie begriffen, dass die Piraten nun auch die letzte Spur ihrer Untat beseitigten. Boronins Schiff soff ab.
    Über ihnen knatterten die rechteckigen Segel im nun langsam wieder aufkommenden Wind. Der Nebel hatte sich weitgehend verzogen. Am Himmel wurde die Sonne sichtbar. Die Flybusta zerstreuten sich. Viele verschwanden unter Deck, vermutlich um sich nach der Schlacht zu stärken.
    Rulfan und David McKenzie wanderten über die beiden Decks, um sich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen, und spekulierten mit leiser Stimme über etwaige Fluchtmöglichkeiten. Momentan war natürlich nicht daran zu denken, und hier auf See hatten sie schon gar keine Chance.
    Aber wenn sie an einer Insel anlegten und ihnen die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich die Beine zu vertreten…
    Schließlich begegnete ihnen Fuchsgesicht, Orlands Zweiter Offizier. Er stellte sich mit dem Namen Master Tom vor. Auch er sprach das rollende Englisch, das David schon bei Laryssa gehört hatte. Master Tom war neugierig auf die beiden Neuzugänge, und so kam es zu einer kurzen Unterhaltung an der Reling, bei der Rulfan und Dave einiges über die Herkunft der Flybusta erfuhren: Die meisten Männer an Bord stammten von den so genannten Meera- oder Nebelinseln, die laut Rulfan zum altbekannten Svalbard-Archipel gehörten.
    Vor dem Einschlag des Kometen, der das Antlitz der Erde für immer verändert hatte, waren die kargen, zu Norwegen gehörenden Inseln von dreitausend Menschen bewohnt gewesen. Wenige Tage vor der Katastrophe hatte vor der Insel Spizborgh – früher Spitzbergen – das russische Kreuzfahrtschiff Maxim Gorki angelegt und aus Furcht vor einer erwarteten Flutwelle zweitausend Passagiere an Land gehen lassen. Diese Menschen – in der Mehrzahl Briten, Niederländer und Deutsche –, waren die Ahnen eines großen Teils der heutigen Bewohner der Nebelinseln. Master Tom stammte von einem Eiland, das man Byorn oder »Bäreninsel« nannte.
    »Und wohin geht die Fahrt jetzt?« Rulfan setzte eine interessierte Miene auf.
    »An der norwejanischen Küste entlang nach Tromsoy«, gab Master Tom Auskunft.
    Dave McKenzie, dem man hier an Bord den Namen
    »Vierauge« verliehen hatte, konnte mit dem Namen nichts anfangen und sah Rulfan – »Rotauge« – fragend an. Er erfuhr, dass Tromsoy eine Insel war, die hinter dem Nordkap zwischen Hammerfest und den Lofoten lag. Laut den Berichten einer britanischen Expedition, die vor einem halben Jahrzehnt in diese Gegend vorgestoßen war, wurde die früher Tromsö geheißene Insel von einem barbarischen Volk bewohnt, das auf merkwürdige Weise mutiert sei und dessen Sitten am ehesten mit denen der alten Wikinger vergleichbar waren.
    »Mit anderen Worten«, führte Rulfan aus, »es handelt sich um eine brutale, ausschließlich auf dem Prinzip der Stärke basierende Gesellschaft, die jede Art von Gutwilligkeit, Entgegenkommen und Verhandlungsbereitschaft als Schwäche auslegt.«
    Master Tom konnte den Ausführungen nicht so recht folgen und hakte nach.
    »Die Typen polieren einem die Fresse, wenn man ihnen zu gutmütig kommt«, vereinfachte Rulfan.
    Der Zweite Offizier entblößte grinsend ein schadhaftes Gebiss. »Ja, so kann man es ausdrücken.«
    »Und warum nehmen wir dann Kurs auf die Insel?«, fragte Dave. »Was gibt es dort zu holen?«
    »Einen ganz besonderen Stoff«, erwiderte Master Tom geheimnisvoll. »Wie sich gezeigt hat, ist der brave Kapitän Boronin ein ziemlich durchtriebener Schurke und hat nicht nur Geschäfte mit dem Transport gewöhnlicher Fracht gemacht…«
    Er schnalzte mit der Zunge. »Ich schätze, bald werden wir alle stinkreich

Weitere Kostenlose Bücher