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092 - Piraten im Nordmeer

092 - Piraten im Nordmeer

Titel: 092 - Piraten im Nordmeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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keine Lust, auf ein Riff zu laufen, bloß weil unser Steuermann sich einbildet, besser zu navigieren als ein Schmuggler, der schon zahllose Male dort gelandet ist.«
    Tja, so war die Besprechung verlaufen. Nun rauschte die Sturmbraut unter knatternden Segeln bei blauem Himmel gen Westen, vorbei an gezackten Küsten, hinter denen sich die gigantischen Wälder ausbreiteten, die Laryssa in den langen Jahre ihrer Wanderung mehrmals durchquert hatte.
    An sich hätte sie gute Laune haben müssen: Sie hatte einen Posten, den auch die Galgenvögel an Bord respektierten, und verfügte sogar über einen Burschen, der ungefähr in ihrem Alter war. Seinem wachen Blick zufolge war er auch mit mehr Intelligenz geschlagen als die ganze Mannschaft der Sturmbraut zusammen. Wenn er wirklich aus dem sagenumwobenen Meeraka stammte, würde er eine Menge zu erzählen haben, um ihr die langen Abende zu verkürzen. Neben seinen körperlichen Verpflichtungen natürlich…
    Warum jedoch empfand sie dann diesen Grimm, wenn sie an der Reling stand und das wogende Meer betrachtete?
    Sie brauchte nicht lange nachzudenken, bis sie es wusste: Sie war nicht nur unter den Abschaum der Meere gefallen, sie diente auch noch dem Mann, der vermutlich ihren Vater auf dem Gewissen hatte. Sie half ihm, ins Reich eines souveränen Fürsten einzudringen und auf dessen Grund und Boden etwas zu stehlen, das ihm nicht gehörte.
    Wer war Kapitän Orland? Ein verabscheuungswürdiger Kretin, der den Tod verdiente? Ein kranker, vielleicht gar vom Irrsinn geschlagener Mann?
    Das Schlimmste war, dass sie ihn gut leiden konnte – und dies kam ihr irgendwie wie ein Verrat an ihrem Vater vor.
    Laryssa seufzte, dann winkte sie den rotznasigen Schiffsjungen heran und ließ sich von ihm alles über die Insel erzählen, mit deren Herrscher Orland im Zwist lag.
    ***
    An Bord der Sturmbraut ging alles seinen geregelten Gang.
    Rulfan von Coellen hatte sich inzwischen daran gewöhnt, in einer Gesellschaft zu leben, deren Mitglieder bei einem Artikulationswettbewerb gegen einen Teller Buchstabensuppe den Kürzeren gezogen hätten.
    Professor David McKenzie musste, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, die Kabine seiner ebenso ansehnlichen wie unordentlichen Herrin in Schuss zu halten oder ihre Kleider zu flicken, ebenso mit anpacken wie alle anderen: das Deck schrubben, Netze flicken, Waffen reinigen, Taue knüpfen…
    Kapitän Orland stolzierte derweil an Deck umher und rieb sich in Erwartung der nicht mehr fernen Beute die Hände. Dem angeketteten Wulf begegnete er mit Argwohn, und Rulfan fürchtete den Tag, an dem Orland aus einer schlechten Laune heraus befehlen könnte, den Lupa zu schlachten. Denn das hätte bedeutet, dass die Zeit des Friedens vorbei war. Niemals würde Rulfan zulassen, dass seinem treuen Freund auch nur ein Haar gekrümmt würde. Es würde also Tote geben.
    Noch aber war Orland bester Laune. Als er Rulfan nach dessen Werdegang befragte, erfand der Albino aus dem Stegreif eine Räuberpistole über seine und Dave McKenzies Vergangenheit und baute sie als Söldner des Fürsten Myschkin auf, der sich kürzlich in Nydda eine blutige Nase geholt hatte.
    Somit wurde ihre angebliche Flucht aus Nydda glaubwürdig.
    Was seinen eigenen Hintergrund anging, war der Kapitän der Sturmbraut ziemlich zugeknöpft, doch Rulfan entnahm seinen Worten, dass er das schwarze Schaf einer ehrenwerten Familie war. Etwas gesprächiger war Orland bezüglich der geopolitischen Lage der neun Meera-Inseln, zu denen auch Byorn gehörte, obwohl sie über hundert Seemeilen von ihnen entfernt lag.
    Beherrscht wurden die Inseln, auf denen zahllose Geysire heißes Wasser und viel Nebel erzeugten, von einem Adelshaus, das seine Macht vererbte, sofern sich die tückischen Brüder oder Vettern nicht gegenseitig um die Ecke brachten. Da die Meera-Inseln kahl und öde waren und kaum Abwechslung boten, zogen immer mehr Menschen von dort fort und siedelten sich in den Ländern der Sveedi und Finni an. Um den Mangel an Arbeitskräften auszugleichen, importierte man seit Jahren Festlandbewohner; vorwiegend politisch Verurteilte, die abgeschoben wurden, oder man griff auf das Angebot von Sklavenhändlern zurück.
    Die Flybusta waren zwar auf den Inseln nicht sehr beliebt, doch wenn sie hin und wieder ein abgelegenes Hafennest anliefen, um ihre Beute gegen Lebensmittel, Alkoholika und die Dienste leichter Mädchen einzutauschen, empfing man sie immer mit großem Hallo. Schließlich würden sie

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