0921 - Die Trennung
geben zu lassen, wie der Teufel mit der Wiederherstellung der Amulettkräfte zurecht kam. Doch es war nichts passiert. Zamorra war geblieben, wo er war.
Das konnte nur eines bedeuten. Wie einst schon Merlin hatte Asmodis die Regenbogenblumen auf Caermardhin gesperrt. Vielleicht sogar vernichtet, um keine überraschenden Besuche mehr empfangen zu müssen.
Nicht mit mir, mein Lieber. Du weißt, wie hartnäckig ich sein kann. Und gleich doppelt, wenn ich unbedingt etwas will…
Professor Zamorra hatte sich in sein Auto gesetzt und war die Nacht durchgefahren. Bis jetzt.
Es ist so schön hier. Und warm. Am liebsten würde ich den ganzen Tag hier sitzen bleiben…
Nur unter Aufbietung seines ganzen Willens kam Zamorra wieder hoch. Er seufzte und fuhr weiter. Zwei Stunden später erreichte er Cwm Duad, das kleine Dorf am Fuß des steilen, bewaldeten Berges, auf dem Caermardhin thronte.
Unsichtbar, wie die meiste Zeit, natürlich. Der Legende nach zeigte sich Merlins Burg den Menschen nur in Zeiten allergrößter Gefahr. Zamorra, aber auch die Bewohner Cwm Duads wussten, dass diese Legende stimmte.
Der Meister des Übersinnlichen hielt vor dem »The Hanged Fletcher«. Brian Ffanellen, der junge Wirt der einzigen Kneipe am Ort erkannte ihn sofort wieder und begrüßte ihn herzlich. Der Professor nahm ein Bier und ein Zimmer, plauderte ein wenig mit Ffanellen, auch wenn es ihm schwer fiel und stieg dann über schmale Waldwege und steile Felsen »Merlin’s Hill« hinauf. Als er oben ankam, hatte sich sein Herzschlag so gut wie nicht beschleunigt.
Zamorra sah nur Bäume, Büsche und Felsen um sich herum. Und genoss für einen Moment die überwältigende Aussicht über die weitläufigen Bergketten und grünen Hügel der näheren Umgebung.
»Sid!«, brüllte er dann. »Bist du da? Bitte melde dich. Ich muss dringend mit dir sprechen.«
Außer einigen zeternden und aus Baumwipfeln hoch fliegenden Vögeln sowie einem flüchtenden Eichhörnchen passierte nichts.
»Sid! Bitte! Lass mich rein. Es ist äußerst wichtig.«
Zamorra fuhr herum. Eine riesige schwarze Gestalt tauchte neben ihm auf. Gleichzeitig war es ihm, als zöge jemand einen Schleier weg, der die wahre Landschaft verborgen gehalten hatte. Die Umrisse der mächtigen Burg bildeten sich aus dem Nichts, verdrängten die Bäume und Felsen, verdichteten sich blitzschnell. Es war, als habe Merlin sie dem breiten Berggipfel perfekt angepasst und jeden Quadratmillimeter ausgenutzt. Doch der Schein täuschte, wie Zamorra wusste. Caermardhin war um ein Vielfaches größer als das Bergplateau, hineingebaut in mindestens vier andere Dimensionen.
Dass er sie jetzt sah, bedeutete aber noch lange nicht, dass auch die Menschen aus Cwm Duad sie sahen.
Vor Zamorra erhoben sich die Mauern der mächtigen Eingangspforte. Asmodis, in der Gestalt eines düsteren, schwarz gekleideten, gut drei Meter großen Kriegers, lehnte mit verschränkten Armen daran.
»Hallo Sid. Danke, dass du dich meldest.« Zamorra benutzte noch immer einen von Asmodis’ früheren Anagramm-Namen.
Der Teuflische grinste. »So bescheiden geworden, Zamorra? Ich kann ja gar keinen Hochmut mehr an dir feststellen. Kein Selbstbewusstsein, keine Kraft. Nur noch Demut und Angst. Bist du gekommen, um dich vor mir zum Affen zu machen?«
»Du weißt genau, warum ich gekommen bin. Willst du mich nicht hereinbitten?«
Asmodis’ Augen verengten sich. »Es hat sich nichts geändert seit dem letzten Mal.«
»Das heißt, du hast noch immer nicht aufgeräumt?«
»Du bist ein schlaues Kerlchen, Professor.«
Zamorra nickte. Mit dieser Begründung hatte ihm Asmodis den Zugang zur Burg verweigert, als er ihm neulich das Amulett gebracht hatte. Doch das interessierte den Professor momentan nicht besonders. »Wie weit bist du mit Merlins Stern ?«
Eine Feuerlohe schlug aus Asmodis’ Mund und zischte ganz knapp an Zamorra vorbei. Die dünne rote Zunge, die folgte, tastete durch sein Gesicht.
Der Professor schlug sie angewidert beiseite. »Lass das. Ich frage dich noch einmal: Was macht das Amulett?«
Asmodis zog seine Zunge zurück. Er kicherte. »Was soll es schon machen? Nichts. Glaubst du, ich hätte nichts anderes zu tun, als mich Tag und Nacht mit der Blechscheibe zu beschäftigen? Dank des Wächters der Schicksalswaage ist mein Terminkalender übervoll. Ständig muss ich Welten retten und das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse wiederherstellen. Das ist Akkordarbeit, sage ich dir.«
»Wir haben eine
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