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0921 - Die Trennung

0921 - Die Trennung

Titel: 0921 - Die Trennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Vollbart, Mantel und Anzug wie aus dem Modejournal.
    Gaudins Assistent Pedro Cavarro löste sich aus der Gruppe Menschen, die den Tatort sicherten und begrüßte seinen Chef mit knappen Worten. Gaudin nickte. Zwei Männer legten den Toten, um den es ging, soeben in eine Zinkwanne. Er warf einen kurzen Blick auf ihn. Das fast zur Unkenntlichkeit verzerrte Gesicht erschreckte ihn zutiefst. So etwas hatte er noch selten zuvor gesehen. Der Mann musste in seinen letzten Sekunden Grauenhaftes durchgestanden haben.
    Durch die halb geöffnete Küchentür sah der Inspektor, dass sich ein Polizeipsychologe um eine Frau kümmerte, die wie ein Häuflein Elend auf einem Stuhl saß und in die vors Gesicht geschlagenen Hände schluchzte.
    »Die Frau des Toten?«
    »Ja, Chef.« Cavarro, ein noch junger Mann mit dunklem Teint, kratzte sich am Kopf. »Madame Anne Cassel. Sie hat ihren Mann erhängt gefunden, beziehungsweise stimmt das so nicht ganz.«
    Gaudin runzelte die Stirn. »Irgendwann werden auch Sie’s noch lernen, sich präzise auszudrücken, Cavarro. Das Orakel von Delphi ist heute mal wieder der reinste Klartexter gegen Sie.«
    Cavarro grinste schräg. »Klar, Chef, irgendwann lern ich’s. Ist aber auch etwas kompliziert, der Fall. Also, die Kollegen der Gendarmerie erhielten gegen 0.20 Uhr einen Anruf von Madame Cassel. Sie klang ziemlich aufgeregt und bat die Flics, auf dem schnellsten Weg zu kommen. Ihr Mann habe sich in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen und nun kämen aus dem Raum so komische Geräusche wie Stöhnen und Würgen und Poltern. Sie habe versucht, die Tür zu öffnen, aber das ginge nicht. Sie habe schreckliche Angst, weil sie nicht wisse, was da drin los sei. Nun, die Flics kamen sofort und brachen das Zimmer auf. Es bot sich ihnen kein schöner Anblick. Eigentlich war’s sogar ein scheiß Anblick. Denn Monsieur Cassel hing am Kabel seines Computers an der Deckenlampe.«
    »Na also, geht doch.« Gaudin betrachtete sich die Szenerie einige Augenblicke. »Da stimmt was nicht«, murmelte er.
    »Da stimmt etwas ganz entschieden nicht, Chef«, pflichtete Cavarro ihm bei. »Wir haben hier einige auffällige Ungereimtheiten, die wir uns auf zumindest jetzt noch nicht erklären können.«
    »Sprechen Sie.«
    »Klar. Sehen Sie, hier. Hier hing der Herr des Hauses von der Decke, mitten im Zimmer. Das Computerkabel war am Haken der Deckenlampe befestigt. Aber es steht nichts in unmittelbarer Nähe, auf das Cassel für einen eventuellen Selbstmord beziehungsweise das Anbringen des Kabels hätte steigen können.«
    »Hm. Dann ist er wohl dahin gehängt worden. Wir haben es also mit einem Mord zu tun.«
    »Davon müssen wir ausgehen, Chef. Das würde sich auch mit der Aussage Madame Cassels decken, die Kampfgeräusche gehört haben will. Nur, die Sache wird jetzt erst so richtig kompliziert. Das Fenster ist vergittert und von innen verschlossen, die Tür nach Aussage der Flics ebenso. Von innen! Wie also konnte der Täter fliehen, wenn es ihn denn tatsächlich gibt?«
    Gaudin nickte bedächtig und schaute sich prüfend um. »Haben Sie das Zimmer schon auf eine Geheimtür hin untersucht?«
    »Natürlich, Chef. Ich meine, so gut es eben ging in der kurzen Zeit. Aber wir haben nichts gefunden. Madame Cassel sagt auch, dass es keine gibt.«
    »Hm. Das hört sich richtig nach Arbeit an, meinen Sie nicht auch, Cavarro?«
    Der Assistent nickte und leckte sich mit der Zunge über die Lippen. »Lügt Madame Cassel? Oder hat sie etwas falsch interpretiert? Ich könnte mir vorstellen…«
    Was sich Pedro Cavarro vorstellen konnte, blieb erstmal ungesagt.
    Zwei Flics in hellblauen Uniformen traten zu ihnen heran. Sie wirkten deutlich verunsichert und stellten sich als Robert Desargues und Jean Favre vor.
    »Wir haben die Tür aufgebrochen, Inspektor«, sagte Desargues, ein dicker, gemütlich wirkender älterer Mann. »Nun, Jean und ich, wir dachten, dass wir es Ihnen zumindest sagen sollten…«
    Gaudin schaute fragend. Soeben wurde die Zinkwanne an ihnen vorbei getragen. Die beiden Gendarmen warfen furchtsame Blicke darauf, das konnte er deutlich sehen. »Schießen Sie los«, forderte er den Flic in freundlichem Ton auf. »Was wollen Sie mir sagen?«
    »Wie? Ach so, ja, entschuldigen Sie, Inspektor. Wissen Sie, ich dachte zuerst, es sei nur eine optische Täuschung, wegen der Lichtverhältnisse im Zimmer. Aber Jean hat es auch gesehen. Wir haben gerade die ganze Zeit darüber gesprochen, ob wir es sagen sollen…«
    »Sie sind

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