0921 - Die Trennung
Abmachung«, brauste Zamorra auf. »Vergiss das nicht.«
Asmodis’ Kichern erstarb. Der lange Schwanz peitschte um seine schwarzen Stiefel. »Die haben wir, ja. Doch falls du es schon wieder vergessen haben solltest: Die Bedingungen diktiere ich. Allerdings kannst du beruhigt sein, denn das war gerade ein kleiner Scherz. Ich beschäftige mich sehr wohl mit dem Amulett. Aber es wird noch viele Wochen, vielleicht sogar Monate dauern, bis ich es dir in alter Frische wieder zurückgeben kann. Die Kräfte darin sind ungeheuer stark, selbst für ein Universalgenie wie mich.«
Zamorra ließ den Kopf sinken, seine Körperspannung erschlaffte.
Es sah aus, als habe man einer Marionette unvermittelt ein paar Fäden durchgeschnitten. »Dann… dann wird sich das mit Nicole also noch nicht so schnell wieder einrenken?«
Asmodis lachte gehässig. »Duval? Das Flittchen hat dich verlassen, na und? Das ist kein Verlust und irgendwann wirst du auch noch dahinter kommen, Zamorra. Ein Mann wie du muss sich doch nicht lebenslang an eine Frau binden. Das ist die pure Verschwendung. Schau dich um. Es gibt Tausende von Frauen, mit denen du noch mehr Spaß haben kannst als mit Duval. Und nur darauf kommt es im Leben an. Du weißt doch, wie das geht, Zamorra. Es gab ein Leben vor Duval und da warst du kein Kind von Traurigkeit, was ich so gerüchteweise gehört habe. Und wenn du erst kapiert hast, dass du einer Luftblase nachweinst, dann wird das Leben nach Duval noch viel besser.«
Früher hätte Zamorra den Ex-Fürsten der Finsternis mit scharfen Worten zurecht gewiesen. Aber jetzt besaß er einfach nicht die Kraft dazu.
Dafür schienen die Worte des Teuflischen eine geradezu magische Kraft zu besitzen. Wortwörtlich. Sie beschworen Szenen aus der Vergangenheit herauf, an die sich Zamorra nicht sehr gerne erinnerte. Sie waren Teil seines Lebens, gewiss. Aber er hatte sie immer als dunklen Fleck auf dem Schleier seiner strahlenden, reinen Liebe zu Nicole empfunden.
***
Paris, Montmartre
Max Cassel dehnte und streckte sich. Der Fünfzigjährige ließ die Blicke durch sein mit Barockmöbeln überfrachtetes Zimmer schweifen.
Dann warf er einen Blick auf die Armbanduhr. Bereits nach Mitternacht.
Schöner Mist. Und ich hab immer noch drei Hefte zu korrigieren. Egal.
Machen wir Schluss. Das krieg ich heute ohnehin nicht mehr gebacken.
Müssen die kleinen Kacker eben eine Stunde länger auf den Dreck warten, den sie produziert haben…
Der Mathematiklehrer gähnte herzhaft. Eigentlich hatte er schon um zehn Uhr mit den Korrekturen der Klassenarbeit fertig sein wollen. Aber er konnte sich nicht so richtig darauf konzentrieren. Die junge, gut aussehende Frau, die vor einigen Tagen in die frei gewordene Wohnung im vierten Stock eingezogen war, ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Nicole Duval hieß sie. Und sie verkörperte all das, was er sich je vom Leben erträumt hatte. Single schien sie überdies zu sein, denn bisher hatte er keinen Mann in ihrem Umfeld gesichtet.
Sein Magen krampfte sich zusammen, er verspürte ein Kribbeln in allen Gliedern. Allein der Gedanke machte ihn supernervös. Ob ich sie einfach mal zu einem Kaffee einladen soll? Ganz unverbindlich. So auf gute Nachbarschaft, könnte ich sagen. Ja, das wäre doch ein guter Vorwand. Dann könnte ich sie näher kennenlernen und mal schauen, ob was geht.
Er dachte an seine Frau Anne, die nebenan schnarchte, dick, immer ein wenig nach Schweiß riechend und so unattraktiv wie eine alte Elefantenkuh. Er durfte sie seit vielen Jahren nicht mehr berühren, aber das hätte er ohnehin nicht mehr gewollt, seit sie sich total gehen ließ. An ihrer Seite war er geworden wie sie, er hatte sich angepasst.
Aber mit dieser Nicole könnte ich wieder jung werden, ich könnte wieder meinen ganzen Charme ausgraben, der mich früher so unwiderstehlich gemacht hat. Und meinen Bauch abtrainieren, kein Problem. Der alte Max hat Power ohne Ende, wenn nur die Richtige kommt und sie weckt. Dann kann sich der alte Max auch durchaus vorstellen, noch einmal ein ganz neues Leben anzufangen. Und die blöde Zicke von Monique, die mich hat abblitzen lassen, würde Augen machen wie eine Kuh bei Gewitter. Und auch die anderen Lehrer, Mann, was wäre ich bei denen der Held mit so einer scharfen Granate von Frau an meiner Seite. Und sie würde denen mit ihrem süßen Lächeln sagen, was der alte Max eigentlich für ein toller Hecht ist. Und mir dabei ganz zärtlich einen Kuss auf die Backe
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