0922 - Mein Trip ins Jenseits
Lauten zuhörte, die über seine Lippen drangen. Auch ein anderes Geräusch bekam er mit. Er kannte es, wußte es aber in seinem Zustand nicht richtig einzuschätzen. Mit einer schwerfälligen Bewegung drehte er sich diesem Geräusch entgegen, und plötzlich sah er, wie ein Auto auf ihn zufuhr.
In einer hilflos anmutenden Bewegung streckte er dem Wagen die Hände entgegen, als könnte er es so aufhalten, aber das war nicht möglich. Außerdem war es mit seinen Kräften vorbei. Die Beine gaben endgültig unter ihm nach, und er fiel zu Boden…
***
Wir hatten alles genau gesehen, als hätte jemand einen Film vor uns abgespult, bei dem es allerdings nur einen Hauptdarsteller gab, einen uns fremden Mann.
Er sah schrecklich aus. Auf seinem Gesicht klebte eine Schicht aus Blut und Erde, und wir sahen auch, daß dieser Mann am Ende seiner Kräfte war. Er konnte sich nicht mehr halten. Mit einer verzweifelt anmutenden Bewegung sackte er zusammen. Seine vorgestreckten Arme prallten zuerst auf den Boden.
So blieb er liegen.
Natürlich hatte ich den Wagen gestoppt. Wir rissen die Türen auf und waren blitzschnell draußen.
Obwohl Nathan nirgendwo in der Nähe zu sehen war, gingen wir davon aus, daß er indirekt mit dem Zustand des Mannes zu tun hatte, der stöhnend auf dem Boden lag, nicht weit von den Vorderreifen entfernt. So wie er konnte auch ein Radsportler angezogen sein, aber dieser Mann war über die Böschung hinweggeklettert, das hatten wir noch mitbekommen.
Während Suko und ich uns um den Fremden kümmerten, dachte Jane praktischer. Sie tauchte wieder in den Wagen zurück und holte den Verbandskasten hervor.
Inzwischen hatten wir den Mann auf den Rücken gedreht und auch zur Seite gezogen, so daß er unter sich das weiche Gras spürte. Er war nicht bewußtlos geworden, sondern erschöpft. Aus weit aufgerissenen Augen schaute er uns an. Seine Lippen bewegten sich, ohne daß er sprach, und nur weinerliche Laute drangen aus seinem Mund.
»Laßt mich mal!« sagte Jane. Sie drängte uns zur Seite und kümmerte sich um den Verletzten.
Mit einem Tuch tupfte sie ihm das Gesicht ab. Der Dreck mußte aus den Wunden entfernt werden.
Der Mann zuckte einige Male zusammen. Es tat sicherlich weh, und es würde noch mehr schmerzen, wenn Jane die Wunden desinfizierte.
Suko und ich standen wieder. Beide brauchten wir nichts zu sagen. Durch ein Nicken machte mir Suko klar, was er meinte, und ich folgte ihm zu der Trauerweide.
Jetzt konnten wir aus einer gewissen Höhe auf den Flußarm schauen. Das Wasser war noch aufgewühlt. Es schlug Wellen. Kieloben trieb ein schmales Boot. Ein Paddel schaukelte ebenfalls auf den Wellen. Ich wurde den Eindruck nicht los, daß sich in dieser trüben Brühe jemand versteckte.
Auch Suko verfolgte diesen Gedanken, denn er sagte: »Ich denke, wir sollten mal näher an das Wasser herangehen.«
Ich war einverstanden.
Schräg rutschten und stolperten wir den Damm hinab.
***
Er hatte es nicht geschafft! Die Beute war ihm entkommen. Der Mann hatte sich wie wahnwitzig gewehrt, und dann war noch das Glück auf seiner Seite gewesen, denn der letzte Tritt hatte Nathan zurück in das Wasser geschleudert.
Dort war er untergetaucht!
Er fühlte sich in der Tiefe nicht unwohl, denn sie war für ihn wie ein Versteck, aber er wußte auch, daß er etwas unternehmen mußte, wollte das Opfer noch lebendig kriegen. Seine Gedanken kreisten um den Tunnel, der ausgebaut werden mußte.
Er durfte nicht schwächer werden, sonst fiel er zusammen. Deshalb die Toten, deshalb auch die Morde.
Er schwamm wieder hoch.
Das Schwimmen hatte Nathan zwar nie gelernt, aber er konnte es. Er wußte instinktiv, wie er sich bewegen mußte. Von der Flußmitte aus schaute er zum Ufer zurück, wo er und der andere gekämpft hatten.
Aus seinem grinsenden Maul drang ein jaulender Laut, als Nathan sah, daß der Mann es geschafft hatte. Er quälte sich mühsam die Böschung hoch und war bereits ziemlich weit von ihm entfernt.
Uneinholbar?
Daran dachte Nathan nicht, denn er sah zudem, welche Mühe der andere hatte. Es lag nicht allein an der Steilheit des Weges, auch an seinen eigenen Kräften, die ihn verlassen hatten.
Nathan freute sich diebisch. Er würde den toten Flußarm an einer anderen Stelle verlassen und dem Opfer den Weg abschneiden. Dann hatte der Mann keine Chance.
Plötzlich zuckte Nathans Kopf wie der einer Puppe, die einen Stoß erhalten hatte. Es war eine Reaktion auf ein Geräusch, das an seine Ohren
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