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0923 - Die Henkerin

0923 - Die Henkerin

Titel: 0923 - Die Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Leuchttische und ein PC standen dort. Ich sah auch Stühle, und auf einer Liege lag ein junger Mann. Er schlief nicht, er war tot! Neben der Liege hatte sich eine Blutlache ausgebreitet.
    Es kostete mich Überwindung, aber ich mußte den Raum durchsuchen. Godwin blieb an der Tür stehen, ich schaute nach und fand, eingeklemmt zwischen Wand und Schrank, eine Frau.
    Auch tot?
    Nein, sie lebte.
    Aber sie starrte mich an wie eine Tote, denn der Schock hatte sie starr werden lassen. Sie trug eine weiße Bluse, die vorn nur zusammengeknotet war. Auf dem Gesicht waren eingetrocknete Tränenspuren zu sehen, und sie schien weder zu atmen, noch mich zu sehen.
    Ich sprach sie mit ruhiger Stimme an und hoffte, daß sie eine Reaktion zeigte.
    Es war nicht der Fall, aber ihr Atmen änderte sich, denn ich hörte sie plötzlich hechelnd schluchzen.
    Sie war wichtig für uns, sie war eine Zeugin und ich berührte behutsam ihre Hand. Zum Glück schrie sie nicht und so konnte ich sie behutsam aus ihrem Versteck hervorziehen. Sie ging neben mir her, wobei ich dafür sorgte, daß sie erst gar nicht auf die Leiche schauen konnte.
    Ich überließ sie Godwin de Salier, der sie in die Arme nahm und in den Flur führte.
    Ich blieb im Büro zurück, denn ich hatte die Verbindungstür zu den anderen Räumen gesehen.
    Im nächsten fand ich zwei Schreibtische. Einen Toten oder eine Tote sah ich nicht.
    Dann ging ich weiter.
    Die Kälte war geblieben und hatte sich auf meinem Rücken festgesetzt. Im übernächsten Büro fand ich eine tote Frau. Sie lag auf dem Gesicht und sah schlimm aus.
    Ich rechnete mit einer Aufstockung des Grauens, hatte aber das Glück, keine weitere Leiche zu finden.
    Es war ein kleiner Verlag. Trotzdem waren hier sicherlich noch mehr Menschen beschäftigt. Doch jetzt, im Juli, in der Zeit, wo alle Urlaub machten, arbeitete man mit kleinerer Besetzung. Das hatte vielleicht einigen das Leben gerettet. Ziemlich fertig ging ich wieder zurück auf den Gang, wo Godwin und die Frau standen. Ich sah und hörte, daß sie weinte, und es war gut, daß sie ihren Tränen freien Lauf lassen konnte und in Godwin einen väterlichen Zuhörer gefunden hatte.
    De Salier starrte mich an. Sein Gesicht glich dem einer Maske. Der Blick seiner starren Augen war in eine imaginäre Ferne gerichtet, und als er seine Lippen bewegte, um mich anzusprechen, drangen die Worte flüsternd hervor. »Sie ist noch schlimmer geworden, John, noch schlimmer. Viel schlimmer sogar. Sie nimmt keine Rücksicht und ermordet jeden, der ihr vor die Waffe kommt.«
    »So sieht es aus.«
    »Hast du noch mehr Tote gefunden?« fragte Godwin.
    »Zum Glück nicht«, antwortete ich.
    »Dann muß die Frau hier reden.« Er starrte sie an. Ihre Augen schwammen in Tränen, das Gesicht war aufgequollen, die Nase lief. Ich reichte ihr ein Taschentuch, das sie dankbar entgegennahm.
    Sicherheitshalber stützte ich sie ab. Nachdem sie einige Male ihre Nase geputzt hatte, drang ein Stöhnen aus dem verzerrten Mund. Sie drehte sich und starrte gegen die Wand.
    Ich ließ sie einige Sekunden in Ruhe. Erst dann erkundigte ich mich mit leiser Stimme. »Können Sie reden, Miß, oder wollen Sie…?«
    »Ich will es nicht.«
    »Darf ich denn Ihren Namen erfahren?«
    »Muriel Summer.«
    »Gut, Muriel. Ich heiße John Sinclair und bin Polizist.«
    Sie reagierte zunächst nicht darauf, sondern blickte wieder ins Leere. Muriel brauchte ärztliche Unterstützung, die würde sie auch bekommen, auf der anderen Seite aber war sie eine wichtige Zeugin für uns, und ich brauchte zumindest einige Daten.
    »Sie haben es gesehen?« fragte ich leise.
    Muriel überlegte. »Was meinen Sie?«
    »Die, die Taten.«
    »Nein, nicht alle. Ich hörte meinen Chef schreien, dann war es vorbei.«
    »Was haben Sie getan?«
    »Ich habe nur kurz hineingeschaut. Dann habe ich mich versteckt.«
    »Da, wo wir sie fanden?«
    »Nein, im Schrank daneben. Er, er ist eine Garderobe. Ich konnte mich hineindrücken. Man hat mich nicht gesehen, aber ich habe die schrecklichen Geräusche gehört und auch die fürchterlichen Schreie. Es ist alles so schlimm gewesen.«
    »Dann haben Sie den Schrank verlassen…«
    »Ja, habe ich.«
    »Und weiter?«
    »Ich will nicht darüber sprechen!«
    Stieß sie keuchend hervor. »Ich will es einfach nicht.«
    »Das kann ich gut verstehen, Muriel?«
    »Es ist alles so schlimm. Ich lebe noch, aber ich fühle mich wie tot. Sie war so - so…«
    »Sie?«
    Muriel Summer nickte.
    Ich fragte sehr behutsam

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