0923 - Panik im Hyperraum
Santix entließ einen Tempester aus der Triebkammer. Es war jener, der ihnen beim Aufstieg zu Deck 9 über den Weg gelaufen war. Er war so apathisch, daß einer der Paratender ihn am Arm nehmen und fortführen maßte.
Poul Santix hatte an der Schalttafel einige Einstellungen vorgenommen. Jetzt sagte er: „Okay. Der nächste Tempester bekommt es mit der LFT-Regierung zu tun."
Margor nickte grimmig. Am liebsten hätte er selbst die Therapiekammer aufgesucht, um sich der Illusion hingeben zu können, seine verhaßtesten Feinde zu besiegen. Aber er beherrschte sich. Der Tag würde schon noch kommen!
Er sah, wie man einen der Tempester zu der Tür neben der Schaltwand führte. Die Wirkung des Temperantiums schien bereits nachzulassen, denn der Tempester war aufbrausend und schüttelte die Hand des Paratenders, der ihn führte, ab.
Je wilder, desto besser, dachte Margor. Tifflor und sein Stab sollten eines grausamen Todes sterben. Und sie sollten noch viele Tode sterben.
Der Tempester stürzte durch die Öffnung der Triebkammer, die Tür fiel hinter ihm zu. Sie hörten ihn dahinter rumoren, als suche er einen Fluchtweg aus der Finsternis. Einmal prallte er gegen die Kammer, daß die Trennwand erbebte. Ein wütendes Gebrüll folgte, dann wurde es still.
Jetzt läuft das Programm ab, dachte Margor, und er versuchte im Geist nachzuvollziehen, was der Tempester in der Triebkammer in einer Vision erlebte.
Aber er vermochte sich nicht zu konzentrieren. Durch die Trennwand kamen immer wieder störende Geräusche, die durch den Kampf des Tempesters gegen imaginäre Feinde verursacht wurden.
„Das ist ungewöhnlich", stellte Poul Santix fest. „Normalerweise gibt es während der Therapie keine derartigen Nebeneffekte, weil sich der Vorgang im freien Raum abspielt."
„Was kann schiefgegangen sein?" erkundigte sich Margor.
Poul Santix überprüfte die Geräte an der Schaltwand, hoc Pontak gesellte sich zu ihm. Poul Santix gab einen überraschten Laut von sich und wich zurück. Als er sich zu Margor herumdrehte, war sein Gesicht kreidebleich.
„Das ist mir unerklärlich", stammelte er. „Die Laserprojektoren für die holographischen Bilder bekommen nicht genügend Energie."
Er hatte kaum ausgesprochen, als plötzlich die Trennwand erbebte, als hätte die Faust eines Riesen dagegen geschlagen. Ein Riß bildete sich, und der Kopf des Tempesters tauchte darin auf. Wutschnaubend verschwand er wieder und rannte an anderer Stelle erneut gegen die Wand an.
„Es kann nicht an der Energiezufuhr liegen", behauptete Poul Santix. „Und ein technisches Versagen ist ebenfalls unmöglich. Es scheint nur eine Erklärung zu geben, aber an die wage ich nicht zu denken."
„Sprich schon, Poul", befahl Margor. „Was ist eigentlich los?"
„Es muß sich um einen Defekt an der Erhaltungsschaltung handeln", sagte der Hyperphysiker und begab sich zu dem faßförmigen Gebilde im Zentrum von Deck 5. „Der abrupte Spannungsabfall kann nur auf eine verminderte Leistung der Erhaltungsschaltung zurückzuführen sein. Sie liefert nicht mehr genügend Energie!"
„Unsinn!" rief Margor erregt aus. „Wenn es so wäre, wie du sagst, dann würde das auf die Hyperraumnische ebenfalls Auswirkungen haben. Sie würde instabil werden und vermutlich schrumpfen oder..."
Ein Knistern und Krachen, das von den Trennwänden und dem Boden aus Formenergie ausging, brachte ihn zum Verstummen. Ein Vibrieren, das von der Erhaltungsschaltung auszugehen schien, pflanzte sich über den Boden fort und wurde auf die Wände übertragen. Unter einem Paratender wölbte sich der Boden auf, und an anderer Stelle senkte sich das Niveau um fast einen Viertelmeter.
„Was hat das zu bedeuten?" rief Margor entsetzt.
„Es verhält sich so, wie du gesagt hast", erklärte Poul Santix. „Wenn die Hyperraumnische Energie verliert, dann beginnt sie zu schrumpfen. Diesem Veränderungsprozeß sind auch die einzelnen Decks aus Formenergie unterworfen. Die von uns beigebrachte Ausstattung ist jedoch starr und kann sich den Verformungen nicht anpassen."
„Spar dir deine klugen Reden!" schrie Margor. „Sage mir lieber, was mit uns passiert."
„Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, Boyt. Aber es sieht so aus, als sei unsere Großraumnische angezapft worden und als würde uns die Energie entzogen."
6.
Die Landschaft von Jota-Tempesto verschwand, und Schwärze umfing Baya. Sie hatte das Gefühl, in den Schwarzteil des Auges gestürzt zu sein und im Nichts zu
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