0927 - Reigen der Paratender
blickte dorthin, wohin alle anderen blickten - und starrte genau in ein schlankes, um die senkrechte Achse tanzendes Psychod. Es war purpurn und befand sich, strategisch ausnehmend günstig plaziert, genau dort, wo nahezu jeder Besucher des Raumhafengeländes es unweigerlich sehen mußte. Flammen schienen um die purpurne Spindel zu tanzen, die Form des Psychods veränderte sich ständig.
Als Tekener genauer hinblickte, sah er nichts anderes als ein schlankes Sphäroid, das von einer roten Aura umgeben war. Der Anblick ließ ihn völlig kalt. Das Psychod sagte ihm nichts.
Aber Jennifer starrte tief gebannt auf das irrlichternde Werkzeug Margors.
Abermals verloren, dachte Tekener.
Der Körper seiner Gefährtin versteifte sich zunächst in einer Art Schock. Dann löste sich die Verkrampfung. Das Gesicht der jungen Frau zeigte es deutiich; es wurde weicher, verlor die Angespanntheit, verwandelte sich in die Richtung eines geistig trägen, nur an Lebenserhaltüngsfunktionen halbwegs interessierten Menschen. Es wurde nicht zum Gesicht einer Debilen oder Geistesgestörten, keineswegs. Aber der Ausdruck dafür, daß ein fremder Verstand die Kontrolle übernommen hatte, sagte Tekener alles. Desinteresse, Müdigkeit, starke Unsicherheit, die Abwesenheit von Widerstandskraft und Kritikfähigkeit... diese Eindrücke mischten sich. Das Resultat schockierte Tekener derart, daß er zu kämpfen hatte, um nicht wie ein Rasender zu agieren und Dinge zu tun, die ihnen beiden das Leben kosten würden.
Margor, dachte er ganz langsam und siedend vor Zorn, ich bekomme dich. Früher oder später. Und wenn ich dich nicht kriege, dann wird dich ein anderer bestrafen.
Er blieb äußerlich ruhig. In seinem Innern tobte ein Orkan. Seine Kehle wurde trocken, seine Finger zitterten, und die Handflächen wurden feucht. Binnen fünfzehn Sekunden hatte er sich wieder völlig in der Gewalt und blickte scheinbar desinteressiert durch die schmutzige Scheibe hinaus.
Der Gleiterbus passierte das Psychod, wurde schneller und glitt auf eine breite Piste hinaus.
In der schwarzen Sturmfront zuckten Flächenblitze hin und her. Ein erster Windstoß wirbelte Blätter und Abfälle hoch und ließ sie in einer Spirale über dem Raumhafen tanzen.
Tekheter war etwa erdgroß, die Oberflächenschwerebeschleunigung betrug lediglich vier Hundertstel mehr als die Terranorm, das Klima war ungefähr mittelmeerisch. Die riesigen Eisfelder, die sich niemals auflösten, waren für diese blizzardhaften Stürme verantwortlich; schließlich rotierte der Mond um einen Planeten, der Teile von ihm dem Sonnenlicht entzog: Der Raumhafen befand sich etwas nördlicher als der Äquator. Hier schien stets die Sonne. Als der Gleiter abseits von Tekheron nach Süden abschwenkte und auf eine ausgedehnte Siedlung zuschwebte, verdeckte die Wolke die Sonne. Ein pechschwarzer Schatten huschte jagend über das Land. Die Flanken der Berge, hinter denen das Hochlandmeer lag, gingen in die Farbe des Horizonts über. Die ersten Schleier aus Eiskristallen trieben heran und bildeten fingerähnliche Ausläufer, die nach Tekheron griffen und nach dem Gebiet des Lakikrath-Wasserfalles.
In der Luft war plötzlich ein kreischendes Heulen zu hören. Der Gleiterfahrer, mit Sicherheit ebenfalls ein Paratender, kümmerte sich nicht darum. Er hielt auf die großen, im Kreis angeordneten Gebäude zu. Sie sahen aus, als bestünden sie aus unzähligen winzigen Zellen. Der erste Gleiter hielt an, die breiten Türen falteten sich zischend auf. Von dem breiten Durchlaß zwischen den Berghängen raste der Blizzard heran und machte binnen - Sekunden das gesamte Gelände um den Raumhafen unsichtbar. Aus dem Innenlautsprecher dröhnte eine Anordnung.
Wir verlassen den Gleiter. Jeder erhält einen Wohnraum zugewiesen. Über die spätere Verwendung eines jeden von uns wird in den nächsten Tagen entschieden."
Wortlos gehorchten die Paratender. Sie sprangen in den Sturm hinaus, als scheine die Sonne. Stets dann, wenn sich Planet Arwalal II zwischen dem Mond Tekheter und der Sonne befand und die größere Menge der solarkonstanten Strahlung abfing, bildeten sich derartige Sturmkerne aus. Auch Tekener stand auf. Die Paratender taumelten und stemmten sich gegen die Wucht des Sturmes, der Myriaden scharfer Eiskristalle heranschleppte und fast waagrecht durch die Luft schleuderte. Etwa die Hälfte der Insassen hatte den Gleiter verlassen; von den anderen Fahrzeugen kamen neue Gruppen. Ein junger Mann sah sich um und
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