Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0927 - Reigen der Paratender

Titel: 0927 - Reigen der Paratender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
entfernte sich dann langsam vom Rand der langen Karawane. Tekener, der Jennifer wieder an der Hand gefaßt hielt, blieb im Windschatten des Gleiters stehen und betrachtete die Szene mit scheinbarer Gleichgültigkeit.
    Der Junge schien kein „vollkommener" Paratender zu sein. Er war jetzt etwa fünfzig Meter von der Gruppe entfernt und verschwand immer wieder im dichten Gestöber aus Schnee und Eiskristallen. Seine Haltung bewies, daß er einerseits zu fliehen versuchte, andererseits sich den Anschein gab, als gehorche er der letzten Anordnung. Als er zwischen den Stämmen einer Baumgruppe verschwunden war, ging ein Ruck durch eine Gruppe von Menschen. Mindestens fünfzig Paratender reagierten synchron, drehten sich um neunzig Grad und rannten dann, vom Sturm mitgerissen, durch das heulende Eisinferno dem Flüchtenden nach. Es war gespenstisch, völlig lautlos und wirkte wie eine robotisch gesteuerte Aktion.
    Tekener resignierte für diesen Augenblick, wartete eine Pause zwischen zwei heulenden Sturmspitzen ab und zog Jennifer mit sich. Zusammen mit den Frauen und Männern aus der Raumschiffbesatzung, den freiwillig aus allen Teilen der Galaxis eingesammelten Menschen und einer unbekannten Anzahl echter Paratender kämpfte er sich bis in eine Halle vor. Dort wurden sie namentlich aufgerufen, registriert und eingewiesen.
    Wieder war Ronald Tekener auf einem toten Gleis gelandet.
     
    *
     
    Einen Tekheter-Tag, also knapp zwölf Stunden Terra-Norm später: Der Tekheter trug einen pastellblauen Arztkittel. Aufmerksam betrachtete er, wie seine Assistenten arbeiteten. Auf den ersten Blick wirkte das Labor mit der riesigen Glasscheibe völlig normal. Tekener aber registrierte, daß jedermann in diesem Raum nur ein Ziel kannte, nämlich dem Aufsichtsführenden zu Willen zu sein.
    Sie alle arbeiteten schnell und konzentriert. Das Munarquon wurde untersucht, analysiert, aufgeschwemmt, getestet und zur Anwendung vorbereitet. Der Mediziner wandte sich an Tekener.
    „Was weißt du über die Wirkung und die Dosierung von Munarquon?"
    Tekener war es mittlerweile gelungen, seine neue Rolle zu verinnerlichen. Er verhielt sich wie jene Vincraner und Tekheter, die hier schufteten. Er schilderte, was er mit dem Rauschgift erlebt hatte. Zuletzt erwähnte er, daß er selbst nicht süchtig war, daß er aber mit seiner Gefährtin deswegen schwere Probleme habe.
    „Die Experimente mit Munarquon werden auf breiter Basis durchgeführt. Auch die abtrünnigen Lotsen werden in wenigen Tagen begeisterte Anhänger Boyt Margors sein dank der tausend Kilogramm des Rauschgifts.
    Schon stehen viele Psychode an strategisch richtigen Plätzen; alle Spannungen zwischen Vincranern und Tekhetern gehören schnell der Vergangenheit an."
    „Ich verstehe. Was in meiner Kraft steht, werde ich dazutun", erklärte Tekener. Über seine eigene Reaktion war er verblüffter als über alles andere. Er wußte, daß binnen kurzer Zeit die Tekheter zwangsläufig entdecken mußten, daß jenes teuer eingekaufte „Rauschgift" nicht viel mehr als ein Kurzzeit-Beruhigungsmedikament war. Die Fachleute hatten zwar ihren freien Willen, nicht aber ihre Fähigkeiten verloren. In dem Augenblick, da diese Tatsache feststand, würde es dem Rauschgift-Schwarzhändler Scrugg Tomas schlecht ergehen.
    „Du kannst sicher sein, daß wir deine Fähigkeiten brauchen", erwiderte der Wissenschaftler trocken. „Dort siehst du bereits die ersten Testpersonen. Bis jetzt haben wir festgestellt, daß Munarquon mit der Zuverlässigkeit eines stark aufgeladenen Psychods wirkt."
    Er deutete durch die Scheibe.
    Etwa hundert Tekheter befanden sich in dem Raum. Das Glas mußte einseitig verspiegelt sein, denn keiner der Anwesenden nahm von den Insassen des Labors Notiz. Die Tekheter unterhielten sich und tranken aus Kunststoffbechern. Tekener hatte sofort, als er ins Labor gerufen worden war, den richtigen Verdacht gehabt: Den ahnungslosen Planetariern wurde Munarquon verabreicht. Die ersten Opfer waren schon zu erkennen. Sie saßen oder lagen in Sesseln und auf Pritschen, und ihre Gesichter zeigten den Ausdruck höchster Glückseligkeit. Ihre Körper verharrten in katatonischer Starre.
    Bald würde erkannt werden, daß Munarquon nur kurzfristig wirkte.
    Falls Boyt Margor davon erfuhr, gab es drei Wahrscheinlichkeiten für seine Reaktion. Margor kam hierher, er ließ Tekener zu sich kommen, oder er gab Befehl, den Betrüger zu töten. Tekener beschloß, dieser Entwicklung zuvorzukommen. Natürlich

Weitere Kostenlose Bücher