0928 - Der Fliegenmann
phantastisch. Ich sah die Orte, die wir überflogen, klein wie Spielzeugstädte. Ich sah die Wälder, Felder, Berge und Hügel.
Ein wunderschönes Panorama, von dem ich mich gefangennehmen ließ. Aber ein Flug von Frankfurt nach Dresden dauert nicht lange, und wir befanden uns bereits im Sinkflug.
Natürlich war ich gespannt darauf, was mir mein Freund Harry Stahl zu sagen hatte. Grundlos machte er nicht die Pferde scheu. Er hatte angedeutet, daß hinter einem kleinen Fall möglicherweise etwas Großes stecken konnte, womit er manipulierte Menschen meinte. Diese Tatsache hatte meinen Chef, Sir James, dazu bewogen, der Bitte des Deutschen nachzukommen und mich in den Fall zu integrieren.
Ich schaute auch zu, wie wir landeten und sah die Stadt Dresden dabei immer näher kommen. Auch die Elbe lag in Sichtweite, dann der Flughafen, der ziemlich klein war. Die Rollbahn tauchte auf, und schon hüpfte der Airbus über den Beton.
Wir waren sicher gelandet. Zum Glück, denn eine gewisse Anspannung erlebte ich bei der Landung immer. Wenig später stoppte die Maschine, und bald stiegen die ersten aus. Wie immer ließ ich mir entsprechend Zeit. Ich kam noch früh genug und würde nichts versäumen.
Als fünftletzter verließ ich den Jet, begleitet vom Lächeln der beiden Stewardessen.
Der Rest war Routine. Es gab bei mir keine großen Kontrollen, und meine Reisetasche erhielt ich auch schnell. Der Koffer befand sich in London. Jane wollte ihn mitnehmen. Mir reichte die Tasche.
Ein grinsendes Gesicht unter dem dunklen Haar mit den grauen Strähnen erwartete mich. Harry Stahl wie er leibt und lebte. Er schlug mir auf die Schultern, staunte über meine Bräune und sprach von der schwindenden Ozonschicht und dem Krebs.
»Ich habe einen guten Sonnenschutz gehabt. Okay, ich bin geflogen, aber wie hätte ich sonst so schnell…?«
»Sonnenschutzcreme – mal was was anderes als eine kugelsichere Weste«, unterbrach mich Harry.
Ich boxte ihm gegen die Brust. »Die habe ich noch nie getragen.«
Harry wechselte das Thema. »Hast du Hunger, Durst? Wenn ja, gehen wir was essen und trinken.«
»Und sonst?«
»Fahren wir los«, antwortete Harry.
»Wohin?« fragte ich.
»Nach Tschechien.«
»Auf dem Weg dorthin könntest du mir etwas über den neuen Fall erzählen.«
Harry verzog den Mund. »Viel weiß ich auch nicht.«
»Aber die Welt ist doch bedroht, wie ich hörte.«
»Nicht so direkt.«
»Dann hast du gelogen.«
Er wand sich und gab die Antwort erst, als wir draußen in der Hitze standen.
»Wenn man den Faden weiterspinnt, könnte es darauf hinauslaufen«, erklärte er.
»Auch gut gesagt.«
»Ja, meine ich doch.«
Sein Wagen stand auf dem Parkplatz für Besucher, und ich fragte ihn, ob der auch eine Klimaanlage hatte.
»Du wirst lachen, John, aber die habe ich mir auf eigene Kosten einbauen lassen.«
»Immerhin etwas.«
»Jedenfalls freue ich mich, daß du gekommen bist.« Er schlug mir noch mal auf die Schulter. »Zu zweit werden wir den Zombie schon ans Glockenseil spannen…«
***
»Ich bin die Angst!«
Er hatte gesprochen, Joyanka hatte ihn gehört. Sie hielt noch immer die Hände vor die Augen, aber sie wußte auch, daß er dicht vor ihr stand. Die Frau wußte selbst nicht genau, weshalb sie nicht hinschaute. Vielleicht störte es sie, daß sie nur die Stimmen vernommen hatte. Wo war das Summen, das Sirren und Toben der unzähligen Fliegen geblieben? Nicht mehr da, verschwunden, als wären die Fliegen von der Luft verschluckt worden.
Erst nach einer Weile traute sie sich, die Hände vom Gesicht wegzunehmen. Sehr langsam, sie ließ die Finger über die schweißnasse Haut rutschen. An den Ellenbogen spürte sie den Widerstand der Tischplatte, und die Augen öffneten sich automatisch.
Jovanka schaute hin, konnte sehen. Diesmal glaubte sie, ihren Augen nicht trauen zu können. Sie zwinkerte und verzog den Mund, als wollte sie ein Wort sprechen, aber das wäre ihr nicht möglich gewesen. Zu groß war die Überraschung.
Vor ihr stand ein Mann – ein nackter Mann!
Eigentlich hätte sie die Augen so schnell wie möglich wieder geschlossen. Für sie war ein fremder nackter Mann noch immer so etwas wie ein Besucher vom anderen Stern. Gut, ihren eigenen hatte sie gekannt, aber ein fremder war schon etwas anderes.
Und doch starrte sie hin.
Jovanka konnte einfach nicht anders, denn dieser Mann war nicht nur nackt, er war auch außergewöhnlich, denn an seinem Körper entdeckte sie kein einziges Haar. Vom Kopf
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