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0928 - Der Fliegenmann

0928 - Der Fliegenmann

Titel: 0928 - Der Fliegenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sehr weiche Haut, auch nicht heiß oder kühl, mehr neutral. Und die aus dem Fliegenschwarm gedrungenen Worte hatte sie auch nicht vergessen.
    ICH BIN DIE ANGST!
    Ja, das war gut möglich. Eine, Gestalt wie er, vorhanden und doch unsichtbar, konnte eben nichts anderes sein als die Angst. Die nackte Angst vor dem Tod oder etwas Schlimmerem.
    Aber was war schlimmer als der Tod?
    Jovanka wußte es nicht, und sie wollte sich auch keine weiteren Gedanken darüber machen, sondern alles so hinnehmen, wie es kam. Die folgende Nacht war wichtig.
    In Reichweite und auf einem Brett an der Wand stand das alte Radio. Der Sender brachte Musik, die ihr gefiel. Folklore aus Böhmen und Mähren. Hin und wieder auch Klassik von Smetana, Brahms oder Dvorak.
    Die Nachrichten hörten sich schlimm an. Und auch die anschließende Wetterprognose gefiel ihr nicht, denn noch immer war kein Regen angesagt. Es würde in den nächsten Tagen so heiß bleiben wie bisher.
    Als die Musik begann, hatte sich der Himmel fast verdunkelt. Nur vereinzelt waren noch hellere Flecken zu erkennen, aber auch die würden bald verschwunden sein.
    Die Sterne waren ebenfalls zu sehen und auch der Mond, der jetzt einen vollen Kreis geschaffen hatte. Er sah so fahl aus wie ein unheimliches Auge.
    Um ihn besser sehen zu können, stand die alte Frau auf und ging vor die Tür.
    Als sie dort stehenblieb und den Kopf leicht anhob, da schien ihr der Erdtrabant direkt ins Gesicht, und sie erinnerte sich wieder an die alten Geschichten, die man sich über den Mond erzählte. Daß er den Beschützer des Bösen war. Daß seine Kraft ausreichte, um Vampire und Werwölfe zu wecken, die in mondhellen Nächten auf die Suche nach Blut gingen.
    Der Vollmond war immer eine besondere Zeit. Da kannte sich Jovanka aus. Sie wollte noch einmal einen Rundgang machen und nach ihren Tieren schauen, denn auch sie verhielten sich bei Vollmond anders.
    Es war an diesem Abend nicht anders. Zwar waren die Hühner still, aber sie schliefen nicht. Wach hockten sie auf ihren Stangen und starrten die Frau an.
    Die Schweine standen wie zwei Skulpturen nebeneinander und grunzten leise vor sich hin. Über ihre dicken Körper hinweg summten zahlreiche Fliegen, und dieses Geräusch erinnerte Jovanka wieder an das vom Friedhof, auch wenn es hier im Stall nicht so laut klang. Das hier waren normale Fliegen, die ihren Kopf umschwirrten und keine von irgendwelchen anderen Mächten gelenkte.
    Sie verließ den Stall wieder. Die Welt war geheimnisvoll geworden. Der Schleier der Nacht hatte auch das stille Dorf erreicht. Jovanka empfand die Ruhe nicht als normal, sie war einfach anders und kam ihr gespannter vor. Als lägen die Menschen wach in den Betten, ohne laut zu atmen oder sich umzudrehen, aber erfüllt von einer irrsinnigen Spannung und darauf wartend, daß in den nächsten Stunden irgend etwas passierte.
    So dachte auch Jovanka.
    Mit langsamen Schritten bewegte sich die Frau wieder auf das Haus zu und lauschte in die Stille hinein.
    Sie wartete auf das Summen, auf den Schwarm der Fliegen, der einfach kommen mußte, davon ging sie aus. Nicht nur ihr Gefühl sagte es, sie spürte es mit einer ihr schon furchteinflößenden Sicherheit, als könnte sie in die Zukunft schauen.
    ICH BIN DIE ANGST!
    Wieder kamen ihr die Worte in den Sinn. Sie hatte den Sprecher nicht gesehen und nur gefühlt, aber dieses Abtasten der fremden Haut war ihr schon in der Erinnerung geblieben. Noch immer glaubte sie, dieses Material an ihrer Hand zu fühlen.
    Ein Auto fuhr durch den Ort. Viel zu laut. Der Auspuff hätte ausgetauscht werden müssen.
    Der Wagen entfernte sich in Richtung deutsche Grenze. Jovanka dachte an dieses Land, dem sie nach der Veränderung in ihrem eigenen noch keinen Besuch abgestattet hatte. Der Riese Deutschland lag für sie nach wie vor wie hinter einer gewaltigen, schwarzen Wand.
    Sehr hoch am Himmel und nur bei genauem Hinsehen zu erkennen, trieben dünne Wolkenbänke entlang, die den Mond so aussehen ließen, als hätte er einen Bart bekommen.
    Jovanka wartete weiter.
    Die Minuten vergingen, die Tiere in den Ställen waren auch ruhig geworden. Kein Grunzen der Schweine mehr, auch kein Gackern der Hühner. Dafür schlichen zwei der drei Katzen näher. Sie waren beide dunkel, und es sah so aus, als würden nur ihre Augen über den Boden wandern, wobei die Körper nicht zu sehen waren.
    Sie kamen und rieben sich an Jovankas Beinen. So bewiesen sie der alten Frau ihre Liebe.
    Doch plötzlich sprangen sie

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