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0928 - Der Fliegenmann

0928 - Der Fliegenmann

Titel: 0928 - Der Fliegenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bis zu den Füßen war er völlig haarlos, und sie erinnerte sich daran, daß sie seine Haut schon einmal berührt hatte. Jetzt aber konnte sie den gesamten Körper betrachten und schauderte zusammen.
    Selbst das Licht der Lampe schaffte es kaum, die Farbe zu verändern. Dieser Mensch sah noch immer so bleich und teigig aus wie ein Toter, der einige Tage über der Erde gelegen hatte und noch darauf wartete, begraben zu werden.
    Wo hielten sich die Fliegen auf? Sie waren an keiner Stelle des Zimmers zu sehen, und sie schienen sich kurzerhand in Luft aufgelöst zu haben. Es gab sie nicht mehr, auch die normalen Stubenfliegen turnten nicht mehr in die Helligkeit hinein.
    Jovanka stöhnte auf. Sie hatte etwas sagen wollen, was ihr nicht mehr möglich gewesen war. Der Anblick war für sie zu viel und ungewöhnlich. Sie fürchtete sich auf der einen Seite, auf der anderen aber spürte sie die Neugierde, die immer mehr von ihr Besitz ergriff.
    Sie wollte mehr über diesen Fliegenmann wissen.
    Er sprach nicht, er schaute sie nur an. Die Farbe seiner Augen konnte Jovanka nicht erkennen. Jedenfalls wirkten sie sehr düster.
    Der Mund war geschlossen. Die schmalen Lippen lagen aufeinander, wobei die Oberlippe etwas vorhing und die untere beinahe verdeckte. Ein muskulöser Körper gehörte zu dem haarlosen Schädel; nicht ein Fettpolster zeichnete sich ab.
    Alles war anders bei diesem Kerl. Seine Nacktheit, sein Aussehen, eben alles. Muskulöse Beine, kräftige Füße und Hände mit ziemlich langen Fingern.
    Jovanka hatte sich wieder gefangen. Sie blieb ruhig am Tisch sitzen, war nicht aufgesprungen und geflüchtet. Für sie ein großer Vorteil, denn früher hätte sie geschrien und wäre davongelaufen.
    Heute aber saß sie am Tisch und stellte dem Nackten sogar eine Frage: »Wer bist du?«
    »Ich bin die Angst!«
    Diesmal schmetterte die Antwort sie nicht nieder. Mochte er auch die Angst sein, letztendlich sah er aus wie ein Mensch, und Menschen hatten Namen.
    »Hat die Angst denn keinen Namen?« flüsterte sie. »Ich sehe dich hier als einen Menschen, und man wird dir irgendwann mal einen Namen gegeben haben. Oder nicht?«
    »Ich bin Edgar Bronzek!«
    Die alte Frau hatte den Namen genau verstanden, und sie dachte auch über ihn nach. Aber gehört hatte sie ihn noch nie. Aber das sollte nichts heißen. Sie kannte nur die Menschen aus dem Ort und einige aus den Nachbarsdörfern.
    »Dich kenne ich nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Wo kommst du her? Wer bist du?«
    »Ich bin tot!«
    Jovanka hatte sich wieder gefangen gehabt. Es hätte ihr auch nichts ausgemacht, wenn dieser Bronzek wieder von seiner Angst gesprochen hätte, aber die neue Antwort hatte bei ihr einen Schock hinterlassen. Wie konnte jemand behaupten, daß er tot ist und wie ein normaler Mensch vor ihr stehen? Das wollte ihr nicht in den Sinn. Sie konnte es nicht fassen. Es ging über ihren Horizont hinaus.
    »Ich bin die Angst, und ich bin tot!« wiederholte er und hatte diesmal lauter gesprochen.
    Jovankas Blick war auf sein Gesicht gerichtet gewesen. So hatte sie die Mundbewegungen des Mannes verfolgen können. Es war ihr auch gelungen, in den Mund zu schauen. Nur kurz, aber sie hatte dort genau die Schwärze gesehen und noch etwas mehr, denn diese Schwärze hatte sich bewegt.
    Bewegt?
    Fliegen etwa?
    Noch war der Mund geschlossen, aber die Lippen dabei etwas vorgestülpt. Er öffnete sich erst, als zwei Fliegen herauskamen. Sie trippelten bis zum Kinn und starteten von dort aus ihren Flug. Sie summten in das Licht hinein und verschwanden.
    Jovanka hatte staunend zugeschaut. Sie merkte den unheimlichen Druck in ihrem Innern. Was man ihr da zeigte, war einfach unglaublich. Dafür hatte der menschliche Verstand keine Erklärung. Nach wie vor schaute sie Edgar an, aber vor ihrem geistigen Auge baute sich ein ganz anderes Bild auf. Sie sah jemanden aus einem Grab kriechen. Nackt, mit Lehm und Dreck beschmiert. Und in dieser Schicht tummelten sich zahlreiche Käfer und Würmer, als hätten sie ihre Freude daran, über den Körper zu streifen. Einfach widerlich und voller Ekel.
    War dieser Edgar aus dem Grab gestiegen?
    Sie wollte ihn danach fragen, aber sie fühlte sich zu schwach. Statt dessen sah sie, daß Edgar sich bewegte und mit tapsenden Schritten auf sie zukam. Als er den Tisch erreichte, blieb er stehen, um sich nach vorn zu beugen. Dabei stützte er sich auf dem Tisch ab.
    Dadurch war sein Kopf in den Lampenschein geraten, und Jovanka konnte das Gesicht genau

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