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093 - Der Geist im Totenbrunnen

093 - Der Geist im Totenbrunnen

Titel: 093 - Der Geist im Totenbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cedric Balmore
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geht es weiter?“
    „Jameson ging mit Carrington zum Tatort – und dort hing das Bild an seinem alten Platz.“
    „Hattest du es vorher zurückgebracht?“
    „Das konnte und wollte ich nicht“, sagte Harry O’Neill erregt. Er nahm einen weiteren Schluck aus dem Glas. „Ich hatte es doch mit dem Messer herausgetrennt! Aber jetzt hängt es wieder am alten Platz, völlig unbeschädigt. Das erzählen sie jedenfalls im Ort. Es ist phantastisch, einfach nicht zu glauben! Diese mysteriöse Sache macht mir Angst, deshalb komme ich mitten in der Nacht zu dir. Ich mußte es dir sagen, mich aussprechen, sonst wäre ich verrückt geworden! Ich habe versucht, zu schlafen, aber es gelang mir nicht.“
    Sie schaute ihn an. „Wir sind verloren, Harry.“
    „Was redest du da?“
    „Wir sind verloren“, wiederholte sie und berichtete, was ihr widerfahren war.
    „Ein Alptraum, die natürliche Folge der ausgestandenen Nervenbelastung“, sagte er.
    „Und der Stein – was ist mit dem Stein?“ wollte Daphne wissen.
    Harry O’Neill runzelte die Augenbrauen. In seinen Augen gähnte Ratlosigkeit. Er war Arzt, ein rationell und wissenschaftlich gebildeter Mensch, für den nur das Konkrete zählte. Er war außerstande, sich einen Vers auf die Ereignisse zu machen, aber irgendwo mußte es eine Erklärung dafür geben. Oder brachen die Fundamente seines Glaubens bereits zusammen?
    „Du mußt ihn unbewußt aufgelesen und mitgenommen haben“, sagte er.
    „Im Schlafzimmer?“
    „Nein, tagsüber, nehme ich an“, sagte er. „Du hast ihn vielleicht auf dem Nachtschränkchen abgelegt und beim Einschlafen in die Hand genommen.“
    „Komm“, sagte sie und stand auf.
    „Ich muß es genau wissen!“ Daphne trat an einen Wandschrank, entnahm ihm eine Taschenlampe, öffnete die Terrassentür und ging, gefolgt von Harry O’Neill, in den Garten. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, empfand sie in diesem Augenblick keine Angst. Sie wollte nur Gewißheit haben, egal, welche Konsequenzen sich damit verbanden.
     

     

Sie gingen zum Totenbrunnen. Daphne leuchtete hinein. Die Bohlen lagen dort, wo sie immer gelegen hatten. Sie machten nicht den Eindruck, als ob sie in letzter Zeit verschoben worden wären.
    „Na, siehst du“, sagte Harry erleichtert.
    Daphne ließ den Lichtkegel der Lampe über die Quadersteine der Einfassung gleiten. Der wandernde Kegel stoppte an einer frischen Bruchstelle. Daphne holte den Stein aus der Tasche ihres Hausmantels. Er fügte sich nahtlos in die Lücke ein.
    „Es ist also wirklich passiert“, murmelte sie fassungslos. „Es war kein Traum!“
    „Du redest Unsinn“, herrschte er sie an. „Gespenster hinterlassen keine Spuren. Es ist so, wie ich es dir sage. Du hast den Stein unbewußt mitgenommen, vielleicht hat er später den dummen Traum ausgelöst. Der Beweis: du befindest dich nicht im Brunnen, sondern neben mir. Als ich klingelte, bist du in deinem Bett erwacht. Wenn dein Erlebnis irgendeine Beziehung zur Wirklichkeit hätte, müßtest du jetzt mit zerschmetterten Gliedern tot im Brunnen liegen.“
    „Ja, das ist wahr“, murmelte sie. „Es sei denn…“
    Sie führte den Satz nicht zu Ende.
    „Nun?“ dränge er.
    Sie blickte ihn an und knipste die Taschenlampe aus. Im Dunkel war sein Gesicht nur noch ein blasses, schemenhaftes Oval. „Es sei denn“, flüsterte sie, „die Geister von Marhill Place geben sich nicht damit zufrieden, uns zu töten. Sie wollen uns quälen und unser Ende durch eine Serie grauenhafter Ereignisse herbeiführen.“
    Harry O’Neill machte abrupt kehrt. „Ich weigere mich, diesen Unsinn zu glauben. Ich will nichts mehr davon hören“, sagte er scharf. Daphne folgte ihm schweigend ins Haus. Sie setzten sich und tranken.
    „Und was ist mit dem Gemälde?“ fragte Daphne nach kurzer Pause. „Welche Erklärung hast du dafür?“
    „Ich nehme an, Cochran hat es wieder in den Rahmen gespannt“, sagte er.
    „Ich denke, das ist technisch nicht möglich?“
    „Man müßte sich das Bild von hinten ansehen. Vielleicht hat er es mit Klebestreifen geschafft…“
    „Glaubst du das wirklich?“
    Harry O’Neill zögerte mit einer Antwort, dann sagte er resigniert: „Nein.“
    „Na also, hier sind Kräfte und Gewalten im Spiel, denen wir nichts entgegenzusetzen haben und denen wir hilflos ausgeliefert sind!“
    „Wir können diesen Kräften – falls es sie wirklich gibt – leicht ein Schnippchen schlagen“, sagte er. „Wir verlassen Marhill Place und Hillory

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