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093 - Der Geist im Totenbrunnen

093 - Der Geist im Totenbrunnen

Titel: 093 - Der Geist im Totenbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cedric Balmore
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Village. Wir ziehen nach London, in ein Hotel. In Hotels spukt es nicht.“
    „Willst du den Besuch eines Geistes durch den der Polizei ersetzen?“ fragte Daphne bitter. „Dieser jähe Ortswechsel würde Verdacht erregen. Aus heimlichem Klatsch würde unter Umständen eine konkrete Anklage werden.“
    „Was schlägst du vor?“
    „Ich bin völlig fertig, buchstäblich am Ende“, seufzte Daphne und ließ die Schultern hängen. „Das ist Leroys Rache, glaube es mir…“
    „Du spinnst!“ sagte er wütend. „Leroy ist mausetot, er hat weder mit den Ahnen dieses Hauses etwas zu tun, noch ist anzunehmen, daß sie sich seinetwegen zu einer Sympathiekundgebung entschlossen haben.“
    „Warum eigentlich nicht?“ fragte Daphne und schaute ihm ängstlich in die Augen. „Die Lebenden halten zusammen, warum sollte es unter Toten nicht ähnlich sein?“
    „Einen Pakt der Toten…“
    „Das ist ein treffender Ausdruck, genau das wollte ich sagen“, erklärte Daphne und wiederholte erschauernd: „Einen Pakt der Toten…“
    „Horrender Quatsch!“ wehrte sich Harry O’Neill gegen diese Vorstellung, aber er sah auf einmal sehr nachdenklich aus.
    „Wir müssen jetzt kämpfen, Harry – um unser Leben und unser Glück.“
    Er nickte. „Ich fürchte, du hast recht. Deine Worte machen mir Mut. Wir sind stärker als die Geister, glaube ich. Wir müssen nur einen Weg finden, sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.“
    „Wie stellst du dir das vor?“
    „Ich weiß es noch nicht“, sagte er langsam und starrte plötzlich ins Leere. „Man müßte vielleicht ein Opfer bringen…“
    „Ein Opfer?“
    „Irgend etwas in dieser Richtung“, sagte er und wunderte sich, welche Worte über seine Lippen kamen. Wurden diese Dinge wirklich von dem aufgeklärten, witzig-sarkastischen Dr. Harry O’Neill geäußert? Nahm er sie ernst?
    „Laß dir etwas einfallen, Harry!“
    „Wir sollten die Geschichte des Hauses studieren, die Geschichte des Totenbrunnens. Irgendwo muß es einen Hinweis darauf geben, warum die mutmaßlichen Geister nicht zur Ruhe gekommen sind.“
    „Du glaubst also endlich auch daran, daß wir zum Spielball dunkler, unheimlicher Mächte geworden sind?“
    Harry O’Neill hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. Er sah hilflos aus. „Ja und nein“, sagte er. „Fest steht jedenfalls, daß uns ein paar Dinge widerfahren sind, für die es keine befriedigende Erklärung gibt. Ich hoffe immer noch, daß uns unsere ramponierten Nerven nur einen Streich gespielt haben und daß sich am Ende alles in Wohlgefallen auflöst.“
    „Es ist die Strafe, Harry…“ beharrte Daphne.
    „Rede keinen Unsinn, es gibt keine Strafe von oben“, sagte er scharf.
    „Wir müssen ihn töten“, sagte Daphne plötzlich und hob ihr Kinn.
    Harry O’Neill zuckte leicht zusammen. „Wen?“ fragte er.
    „Carrington! Er ist der böse Geist. Mit ihm ist das Entsetzen in unser Leben getreten“, meinte Daphne. „Carrington ist der Pol, um den sich alles dreht.“
    Harry O’Neill schüttelte den Kopf. Er sah müde, aber auch verbissen aus. „Schlage dir das aus dem Kopf“, meinte er. „Ein Mord genügt.“
    „Es geht jetzt ums Überleben, Harry“, erklärte Daphne ihm eindringlich. „Du hast selbst von der Notwendigkeit eines Opfers gesprochen!“
    „Dabei dachte ich nicht an Mord“, entgegnete er. „Schon gar nicht an den Tod eines Fremden! Wenn Carrington der Unheimliche ist, dem wir unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten verdanken, ist er unverletzlich.“
    „Auch Geister sind verwundbar“, erklärte Daphne halsstarrig, „das weiß jedes Kind. Es steht sogar in alten Märchenbüchern. Die Geister suchen ihre Ruhe. Wir müssen sie ihnen verschaffen!“
    „Geister lassen sich allenfalls verscheuchen und überlisten, aber man kann sie nicht ermorden“, sagte Harry O’Neill. Er sprach langsam. Es war zu spüren, wie sehr es ihm widerstrebte, derartige Mächte überhaupt anzuerkennen, aber die Erlebnisse der letzten Stunde hatten ihre Spuren hinterlassen und ihn gezwungen, Dinge in sein Kalkül aufzunehmen, die er bislang nur belächelt hatte. „Carrington ist kein Geist“, fuhr er fort. „Erinnere dich doch! Du hast ihm die Hand gegeben, er kam mit dem Taxi nach Marhill Place. Nein, Liebling, er ist ein Mensch aus Fleisch und Blut.“
    „Vielleicht ist es einfach falsch, das Auftreten von Geistern mit der Mitternachtsstunde in Zusammenhang bringen zu wollen. Dann wäre es notwendig, unsere Ansicht zu

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