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093 - Der Geist im Totenbrunnen

093 - Der Geist im Totenbrunnen

Titel: 093 - Der Geist im Totenbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cedric Balmore
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Geruch von Barium und Antimon durchzog das Zimmer.
    Leroy stand, als gäbe es nichts, was er zu fürchten hätte. Dann brach er ganz plötzlich zusammen. Es riß ihm buchstäblich die Beine unter dem Körper weg.
     

     
    Daphne wagte kaum zu atmen. Vorsichtig näherte sie sich dem Mann, der nur wenige Schritte von der Tür entfernt zusammengebrochen war. Sie streckte zögernd die Hand aus, hatte aber nicht den Mut, ihn zu berühren.
    Daphne richtete sich auf. Sie starrte auf das Gewehr in ihrer Hand und hatte Mühe, dem beängstigenden Wirbel ihrer Gedanken standzuhalten.
    Sie sah, daß es Carrington erwischt hatte, er blutete aus einer Brustwunde.
    Daphnes Mund wurde trocken. Sie hatte noch nie gehört, daß Geister bluteten! Das war ausgeschlossen!
    Sie stellte das Gewehr beiseite. Sie wußte, daß es darauf ankam, die Tatwaffe zu säubern oder zu verstecken, aber im Augenblick fehlte ihr die Kraft, etwas zu unternehmen. Sie setzte sich und spürte das Zittern in ihren Knien, den lastenden Druck in ihrem Magen.
    Harry muß mir helfen, dachte sie. Mein Problem ist auch seines.
    Sie rief ihn an. Seine Sprechstundenhilfe war am Apparat. Dann meldete er sich selbst.
    „Du mußt sofort herkommen, sofort!“
    Er spürte, daß etwas Außergewöhnliches geschehen war. Die Hysterie in ihrer Stimme war ein deutliches Zeichen dafür. „Du mußt ruhig bleiben, Daphne. Ich kann jetzt nicht kommen, das Sprechzimmer sitzt voller Patienten…“
    Daphne wußte, daß sie mit diesem Anruf gegen sämtliche Abmachungen verstieß, die sie getroffen hatten. Aber wie hätte sie wissen sollen, was sich nach Leroys Tod ereignen würde?
    „Schicke sie nach Hause“, bat Daphne. „Es geht um Tod und Leben…“
    Sie legte auf, schenkte sich einen Kognak ein, starrte auf den Toten am Boden und fragte sich, ob er wahrmachen würde, was er angedroht hatte.
    Tote kehrten zurück, das hatte Leroy bewiesen…
    Daphne leerte das Glas mit einem Schluck. Langsam beruhigte sie sich. Sie durfte jetzt nicht die Nerven verlieren!
    Die junge Frau wartete.
     

     

Es dauerte fast eine Dreiviertelstunde, ehe Harrys Wagen vor dem Haus stoppte. Daphne eilte in die Diele und ließ ihn herein. Sie fiel ihm schluchzend in die Arme. Er klopfte ihr tröstend auf die Schulter, aber sie spürte die nervöse Ungeduld, die ihn dabei quälte. Er verstand das Ganze nicht, er war sogar ein wenig wütend, weil er meinte, daß Daphnes Verhalten ein eindeutiges Sicherheitsrisiko darstellte.
    Daphne löste sich aus seinen Armen und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Harry O’Neill blieb stehen, als habe er einen Schlag erhalten. Er starrte ungläubig auf den Mann, der am Boden lag, dann kniete er sich neben ihn, zog ein Augenlid hoch, prüfte den Puls.
    „Tot“, murmelte er und schaute Daphne an. „Warum hast du das getan?“
    „Es war Leroy“, sagte Daphne. „Er hat es mir gestanden.“
    Harry O’Neills Miene verdüsterte sich. „Was soll der Quatsch? Das kann er doch weder gesagt, noch kannst du ihm so etwas geglaubt haben…“
    „Es ist die Wahrheit, Harry“, meinte Daphne, ließ sich in einen Sessel fallen, griff nach einer Zigarette und fuhr bitter fort: „Ich durchschaue jetzt das Schema – ein Schema des Terrors! Leroy hat zugegeben, daß er zurückgekommen ist, um uns zu vernichten. Ich meinte, ihn töten zu müssen, ergriff das Gewehr und schoß. Aber erst danach wurde mir klar, daß er das herausgefordert hat, daß er genau das wollte.“
    „Ich verstehe kein Wort!“
    „Du und ich … wir sollen über den Toten stolpern, über diesen angeblichen Mr. Carrington, den es in Wahrheit nicht gibt, niemals gegeben hat!“
    Er setzte sich, schaute auf seine Uhr und sagte: „Ich muß zurück, meine Patienten erwarten mich. Ich habe behauptet, einen wichtigen Krankenbesuch machen zu müssen. Begreif doch, Liebling, jetzt ist nicht die Zeit, über diese Dinge zu reden! Andererseits muß die Leiche weg! Wir werfen sie am besten in den Brunnen, genau, wie wir das mit Leroy getan haben.“
    „Hast du den Verstand verloren? Mit dem Brunnen nahm das Unglück seinen Anfang!“
    „Was erwartest du von mir? Daß ich den Toten in den Kofferraum lade und unterwegs verbuddele? Das geht nicht, dafür fehlt mir die Zeit.“
    „Bradford!“ hauchte Daphne plötzlich und hielt sich erschreckt die Hand vor den Mund.
    „Was ist mit ihm?“
    „Der Taxifahrer! Er kann und wird bezeugen, daß er Carrington hergebracht hat. Wenn er nun nicht in das Hotel

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