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093 - Der Geist im Totenbrunnen

093 - Der Geist im Totenbrunnen

Titel: 093 - Der Geist im Totenbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cedric Balmore
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grinste matt, ganz kurz nur. „Das wäre wirklich geschmacklos gewesen“, meinte er. „Und außerdem gegen das Gesetz. Nein, ich habe nichts dergleichen gesagt. Er muß mich mißverstanden haben.“
    Daphnes Gedanken wirbelten wild durcheinander. Er fängt an, dich zu durchschauen, sagte sie sich alarmiert. Er wollte mir eine Falle stellen…
    Inspektor Jameson legte die getippte Einverständniserklärung vor sie hin. Daphne überflog die Zeilen, dann sagte sie: „Das unterschreibe ich nicht. Ich fühle mich für Leroys Totenruhe verantwortlich. Niemand hat das Recht, sie zu stören!“
    „Madame“, meinte Jameson zögernd, „erlauben Sie mir bitte den Hinweis, daß Sie sich damit schwerlich einen guten Dienst erweisen würden. Erstens kann die Behörde auch gegen Ihren Widerstand eine nachträgliche Obduktion ansetzen, und zweitens liefen Sie Gefahr, durch Ihre Weigerung den Verdacht auf sich zu lenken, etwas verschleiern zu wollen.“
    „Aber Inspektor!“ rief sie. „Sie wissen doch genau, was passiert ist. Dr. O’Neill hat es bestätigt. Das Ganze war ein tragischer Unfall!“
    „Offenbar geht es den Experten darum, den genauen Einschußwinkel festzulegen. Vor allem soll geklärt werden, ob die Selbstmordtheorie aufrechtzuerhalten ist.“
    Daphne heuchelte entsetzte Verwunderung. „Das ist ja wie ein Komplott! Sie wissen, wie sehr ich meinen Mann liebte und wie tief sein Tod mich berührt! Konnten Sie nicht verhindern, daß diese Liebe durch schmutzige Verdächtigungen belastet wird?“
    „Nein“, sagte Jameson. „Ich tue wirklich nur meine Pflicht.“ Er reichte ihr einen Kugelschreiber. „Darf ich bitten, Madame?“
    „Woher wußten Sie, daß ich in diesem Hotel abgestiegen bin?“ fragte sie, von plötzlichem Mißtrauen überwältigt. „Haben Sie mich beschatten lassen?“
    „Nein, ich habe mich bei Dr. O’Neill erkundigt. Er nannte mir Ihre Adresse.“
    „Ich bin nach London gefahren, um einen Notar zu engagieren“, sagte sie. „Gleichzeitig will ich versuchen, mich von dem Schock des Erlebten zu lösen. In einer fremden Umgebung ist das eher möglich als auf Marhill Place.“
    „Das ist mir völlig klar“, nickte er. „Würden Sie jetzt bitte unterschreiben?“
    Daphne nahm den Kugelschreiber entgegen und tat, was er von ihr verlangte. Jameson verabschiedete sich und ging. Es war zu spüren, wie stark ihn das Geschehen belastete und wie sehr er darunter litt, Daphne gleichsam als Gegner behandeln zu müssen.
     

     
    Die junge Frau zog sich aus und duschte, danach ging sie ins Bett. Sie hatte damit gerechnet, nicht einschlafen zu können, aber der genossene Alkohol und eine gewisse Erschöpfung brachten ihr wider Erwarten die ersehnte Ruhe. Am nächsten Morgen erwachte sie gegen neun Uhr. Mit einem Schlag setzte ihre Erinnerung ein. Sie stand auf und machte Toilette, zerquält von Befürchtungen und Überlegungen, die sich auf die bevorstehende Obduktion des toten Leroy bezogen.
    Was würde geschehen, wenn man feststellte, daß der Schuß aus mindestens drei Yard Entfernung erfolgt war und Selbstmord demzufolge nicht in Frage kam?
    Sie erschauerte. Sie dachte an das Vermögen, das Leroy ihr hinterlassen hatte, und sie versuchte sich vorzustellen, wie es sein würde, wenn sie, des Mordes an ihrem Mann überführt, von diesem Reichtum keinen Penny bekommen würde…
    Ihr fiel Harry ein. Weshalb hatte er nicht angerufen, warum hatte er sie nicht auf Jamesons Besuch und seine gefährlichen Wünsche vorbereitet?
    Sie erwog, mit Harry zu telefonieren, aber nach Lage der Dinge wäre das dumm und selbstmörderisch gewesen. Die Polizei hatte Verdacht geschöpft, das bedeutete, daß auch Harry in den Kreis der Verdächtigen einbezogen wurde und man ihn vermutlich beobachtete. Zumindest würde man sein Telefon überwachen.
    Plötzlich sehnte sich Daphne nach Leroy.
    Diese Sehnsucht verblüffte und erschreckte sie.
    Leroy war immer ein Hort der Sicherheit, des Vertrauens und der Zuverlässigkeit gewesen.
    An seiner Seite hatte es weder Ängste noch Verzweiflung gegeben. Er war ihr immer wie ein Fels in der Brandung erschienen.
    Nein, dieser Vergleich war töricht. Wenn es in ihrem Leben eine Brandung gegeben hätte, wäre es vermutlich niemals zu dem Verbrechen gekommen, dann wären sie gezwungen gewesen, zusammenzuhalten und einander zu stützen. Aber das Leben der Herrin von Marhill Place war ausgesprochen langweilig gewesen, so daß sie sich am Ende in das Abenteuer mit Harry gestürzt

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