093 - Der Höllengreif
Flügeln.
Er nahm mehr und mehr ein vogelähnliches Aussehen an. Statt eines Schnabels hatte das seltsame Tier ein breites, spitz zulaufendes Maul. Als es aufklaffte, sah Marriott gefährlich spitze Doppelzahnreihen.
Cahoo sah jetzt aus wie die Verkörperung des Bösen. Grauenerregender hätte er sich nicht verwandeln können. Seine ungemein langen Krallen kratzten auf dem Boden, als er sich abstieß.
Er sprang hoch und breitete die Schwingen aus. Aus seinem Sägezahnmaul kam ein schauriges Krächzen, das Marriotts Blut in den Adern gerinnen ließ.
Der Dämon setzte zum Angriff an.
Trevor Marriott glaubte nur mit der Pistole eine Chance gegen dieses fliegende Ungeheuer zu haben, deshalb wartete er nicht, bis Cahoo ihn erreicht hatte, sondern er schnellte herum und hechtete in Richtung Streckbank. Hart landete er auf dem Boden, und er hatte so viel Schwung, daß er zwei Meter weit rutschte.
Dreißig Zentimeter von der Pistole entfernt blieb er liegen. Cahoo kreischte wieder, und Marriott streckte sich in fiebernder Hast. Der Schweiß rann ihm in die Augen.
Cahoo legte die Flügel an.
Sein Körper sackte mit vorgestreckten, rasiermesserscharfen Greifern nach unten.
Plötzlich brüllte Trevor Marriott auf. Noel Bannister schloß kurz die Augen. Er litt mit Marriott. Die Krallen hatten die Kleidung des CIA-Agenten aufgeschlitzt und sich in die Haut gebohrt.
Jetzt spannte der Dämon die Schwingen wieder aus und flatterte wild. Der Wind, den er mit seinen heftigen Flügelschlagen erzeugte, ließ das Feuer in der Eisenschale unruhig flackern, und die Fackeln schienen beinahe zu erlöschen.
Cahoo zerrte sein Opfer unter der Streckbank hervor und weg von der Pistole.
Noel Bannister sah Blut!
Marriott war verletzt, aber er kämpfte verzweifelt weiter.
Cahoo ließ ihn los. Marriott drehte sich auf den Rücken. Der fliegende Dämon griff sofort wieder an.
Aus nächster Nähe blickte Trevor Marriott in das aufgerissene Dämonenmaul. Er stieß die Fäuste nach oben und traf den furchterregenden Schädel.
Plötzlich knurrte Cahoo, und dann biß er zu. Es ging so schnell, daß Marriott nur eine Faust zurückreißen konnte. Die zweite erwischte Cahoo.
Als die Kiefer zusammenklappten wie die Schenkel einer Bärenfalle, brüllte Marriott wieder auf.
Erneut schlug ihm das Ungeheuer die langen Krallen in den Leib. Für Noel Bannister stand fest, daß Marriott diese schweren Verletzungen nicht überleben konnte.
Er zerrte verzweifelt an den dickgliedrigen Ketten, ohne sich davon befreien zu können. Er schrie, beschimpfte den Dämon, nannte ihn einen feigen Bastard verfluchte ihn und verlangte immer wieder, er solle von Marriott ablassen.
Doch Cahoo machte weiter.
Dayle Gilliat bekam den Kampf voll mit, aber er war zu keiner Reaktion mehr fähig. Er konnte nichts sagen, nicht eingreifen, war nicht einmal imstande, sich zu erheben.
Tränen rannen ihm über die entstellten Wangen. Cahoo hatte aus ihm ein Wrack gemacht, doch Trevor Marriott war noch schlimmer dran.
Der CIA-Agent bekam die ganze Grausamkeit des Dämons zu spüren. Es war mehr, als Noel Bannister mit ansehen konnte.
Bannister wandte niedergeschmettert den Kopf ab, und er hoffte für Trevor Marriott, daß es bald vorbei sein würde.
Ein letzter, markerschütternder Schrei… Dann hatte Trevor Marriott ausgelitten.
Mit einem triumphierenden Krächzen wandte sich Cahoo um. Sein Körper wuchs empor, und er nahm wieder sein gewohntes Aussehen an. Er lachte gehässig.
»Hast du genau zugesehen? Dasselbe Ende erwartet dich«, sagte er zu Noel Bannister.
In der nächsten Sekunde wurden die Ketten locker. Sie lösten sich von Noel Bannister, hielten ihn nicht länger fest, klirrten gegen die Wand.
Er war frei.
Wenn man das als Freiheit bezeichnen konnte.
Noel Bannisters Nervenstränge vibrierten. Er fühlte sich diesem starken Dämon gegenüber schrecklich ohnmächtig.
Wie sollte er Milton Cahoo beikommen?
Womit konnte er diesen gefährlichen Feind vernichten? Lance Selby hatte ihnen weißmagische Sprüche oder Formeln eingetrichtert, mit denen man Dämonen zwar nicht vernichten, aber zunächst irritieren und schwächen konnte, so daß sie ihre volle Kraft nicht entfalten konnten.
»Das muß euch in Fleisch und Blut übergehen!« hatte Lance gesagt. »So eine Formel kann euch unter Umständen das Leben retten. Lernt sie auswendig. Sie müssen so gut sitzen, daß ihr sie aufsagen könnt, wenn man euch aus tiefstem Schlaf reißt.«
Aber nun fiel ihm
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