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093 - Die Toten stehen auf

093 - Die Toten stehen auf

Titel: 093 - Die Toten stehen auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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murmelten drei Priesterinnen im Hintergrund.
    Mirmas Augen wurden groß. Das war das einzige Anzeichen dafür, daß ihr Körper erneut von einer Schmerzwoge heimgesucht wurde. Die Schmerzen kamen nun in immer kürzeren Abständen.
    Auf dem Lager neben Mirma lag Andron, ihr Lieblingsmann und Vater ihrer Tochter, die noch vor Sonnenuntergang geboren werden sollte. Sein Körper zuckte im Rhythmus ihrer Wehen. Die Priesterinnen hatten ihm ein heiliges Holz zwischen die Zähne geschoben. Darauf konnte er beißen, wenn der Schmerz zu groß wurde, den Mirma auf ihn übertrug.
    Das Geburtsholz war bereits ganz trocken. Eine Priesterin nahm es ihm aus dem Mund, tauchte es wieder in die Milchschale und steckte es ihm dann zwischen die Zähne zurück.
    Andron biß sofort zu. Ein Schüttelfrost durchlief seinen Körper.
    „Ertrage die Schmerzen der Geburt mit Demut, Andron!" sagte eine der Priesterinnen salbungsvoll. „Die Frau, das höchste und vollkommenste Wesen, erschafft Leben - und der Mann hat die Schmerzen der Geburt zu ertragen."
    Andron hörte die Worte nur undeutlich. Mirma sandte wieder Schmerzimpulse, heftiger und andauernder als je zuvor, aus, und sein Körper wand sich unter den geistigen Schlägen, die wie Peitschenhiebe auf ihn niedersausten.
    Andron konnte nicht länger mehr an sich halten. Er spie das Geburtsholz aus und schrie seinen Schmerz in die Welt hinaus. Seine Hände verkrallten sich in seinem Leib.
    Mirma spürte von den Wehen nichts, denn sie verstand es, sie auf ihren Lieblingsmann abzuwälzen. Zudem waren noch die Priesterinnen zur Stelle, die ihr Gesicht salbten und schminkten und ihre Lenden mit jenen magischen Symbolen beschrieben, die alle Schmerzen auf den Mann ableiteten. Eine Priesterin schob Androns Kiefer auseinander und steckte das Holz dazwischen. Er spie es wieder aus und schrie erneut. Dabei schlug er mit Armen und Beinen um sich.
    „Es ist soweit! Das neue Leben erwacht!"
    Andron gebärdete sich wie von Sinnen - als wäre ein Linker in ihn gefahren. Doch das schien nur so. In Wirklichkeit war seine linke Hand machtlos. Er demonstrierte es. Die Rechte hielt die Linke fest umklammert.
    „Alle - reinen Kräfte - steht mir bei!" flehte Mirma da.
    „Ruhig! Ruhig, Kindchen!" sagte die älteste Priesterin unter den Geburtshelferinnen. „Es wird alles mit rechten Dingen zugehen. In diesem Leib kann nur ein reines Wesen geboren werden."
    „Nein!" schrie Mirma da. Ihr gewölbter Leib bäumte sich auf und der pralle Bauch schlug Wellen. „Nein! Nein! Nein!"
    Andron schrie wie am Spieß und biß sich dabei die Rechte wund. Als er wieder das Holz zwischen die Zähne bekam, biß er mit solcher Gewalt zu, daß es in zwei Stücke zerbrach. Ein schlechtes Omen, das die Geburtshelferinnen in Wehklagen ausbrechen ließ.
    „Nein, nein! Etwas Linkes greift nach mir!" schrie Mirma.
    Inzwischen hatte man auch außerhalb der einfachen Hütte erkannt, daß in diesem Geburtshaus etwas nicht stimmte. Die Priesterinnen versuchten die Neugierigen, die sich an der Tür drängten, zu verscheuchen.
    „Versperrt nicht die Sicht zum Totenhaus!" verlangten sie kreischend.
    Eine Gasse bildete sich, so daß das Totenhaus von Mirmas Ahnen wieder zu sehen war.
    Die Schwangere hob den Kopf und konnte genau durch das Seelenloch in das Beinhaus blicken.
    Und da schrie sie. Statt einer gütigen Seele glaubte sie dort das Dunkel eines Linken zu erkennen. Hatte sie den Toten nicht genügend geopfert? Hatte jemand die Grabgaben ihrer Ahnen geraubt? Warum denn sonst waren ihr die Toten nicht wohlgesonnen?
    Das war der Augenblick der Geburt.
    Mirma reckte ihren Unterleib in die Höhe. Die Priesterinnen hielten ihr Arme und Beine fest, denn sie wußten, im entscheidenden Augenblick würde die werdende Mutter nicht mehr die Kraft haben, die Schmerzen auf den Vater zu übertragen. Bäche von Schweiß rannen über Mirmas Körper. Ihr Bauch zuckte, die Wölbung senkte sich - und mit einem Schrei entließ sie das Neugeborene.
    Aber was für ein Wesen war das! Es hatte eine dunkle, erdfarbene Haut, und statt kleiner, tolpatschiger Hände besaß es Krallen. Zwei Linke hatte es! Und mit diesen zerfetzte es Mirmas Unterleib, bevor die Priesterinnen es noch verhindern konnten.
    Dann wollte sich das Neugeborene auf die Priesterinnen stürzen. Doch da war Andron. Er packte das garstige Geschöpf, dessen Vater er nicht sein konnte, am dünnen Hals und würgte es. Er spürte den Schmerz nicht, den ihm die Krallen verursachten. Er hielt

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