093 - Die Toten stehen auf
Dämonen fielen mit ihren Rasseln und Schlagstöcken in den Rhythmus ihres Herzens ein. Luguri leitete Hekates Blut aus den Schalen wieder zurück in ihren Körper.
Dorian wischte sich über die Augen. Er sah die Szene nun auf einmal in einem anderen Licht. Wurde er farbenblind, oder spielte Schwarze Magie ihm einen Streich?
Hekates Körper schien sich grünlich zu verfärben. Ihr Blut leuchtete auf einmal nicht mehr rot. Es schien die Farbe der Umgebung angenommen zu haben. Was für eine Teufelei stellte Luguri mit ihr an?
Dorian wartete gespannt darauf, was nun kommen würde. Doch es ereignete sich nichts Außergewöhnliches. Die erwartete Überraschung blieb aus. Die Dämonen trommelten. Luguri gab Laute einer fremden Sprache von sich, schmatzte, gurgelte und stampfte mit seinen dünnen Beinen auf. Er schien sich in einen Rausch hineinzusteigern.
Als sämtliche neunundvierzig Näpfchen geleert waren, entspannte er sich wieder.
Alraune öffnete die Augen. Sie machte einen geschwächten Eindruck, als sie sich auf dem Opferstein aufrichtete. Luguri bot ihr seine Hand an und war ihr beim Aufstehen behilflich. Er machte den Eindruck eines Varietekünstlers, der eine erfolgreiche Nummer abgezogen hatte.
„Danke, meine Hekate", sagte er zu der Hexe. „Du warst mir eine wertvolle Hilfe. Ohne dein Blut hätte ich meinen Auftritt nicht so erfolgreich gestalten können.“
Hekate machte noch immer einen ganz verwirrten Eindruck, als hätte sie keine Ahnung davon, was mit ihr passiert war. Dann schien sie sich langsam zu erholen. Ihre Haut bekam wieder Farbe, was auf eine bessere Durchblutung ihres Körpers zurückzuführen sein mochte. Dennoch schien es Dorian, daß ihre Haut einen grünlichen Schimmer beibehielt; aber das mochte eine Täuschung sein. „Man kann ruhig behaupten, daß sich Luguri vorzüglich in die Schwarze Familie integriert hat", meinte Magnus Gunnarsson. „Sein Comeback muß als gelungen bezeichnet werden. Hekates Tage dagegen sind gezählt."
Plötzlich polterte etwas hinter ihnen.
„Wußte ich doch sofort, daß etwas nicht stimmt", kreischte da eine schrille Stimme. „Aghmur, du Verräter!“
Dorian wirbelte herum. Hinter ihnen war der Dämon Orbaniel aufgetaucht. Als das Monster mit dem Fliegenkopf seinen Herrn sah, drehte es durch. Seine Gestalt begann langsam zu zerfließen, auf seinem unförmig werdenden Körper bildeten sich Blasen, die zerbarsten. Dabei wurden Laute gebildet, die sich zu Worten zusammensetzten.
„Ich habe gefehlt - und will sühnen!" klang es schaurig durch das Versteck.
Das Monster schnellte sich vom Boden ab und wollte zu dem Dämon fliehen. Doch Gunnarsson war schneller. Er schlug das schleimige Ding in zwei Teile. Aber das schien dem Ding nichts auszumachen, denn die beiden Teile bewegten sich jeder für sich weiter.
„Verrat!" kreischte der Dämon Orbaniel.
Dorian sah noch, wie die Dämonen im Tempel in Aufruhr gerieten. Luguri spuckte Gift und Galle, dann senkte sich Dunkelheit über das Gewölbe. Luguri und seine Helfer waren Dorians Blicken entschwunden.
Ein Grollen hallte durch das Gemäuer, und der Boden bebte.
Aghmur hatte seinen Herrn erreicht.
„Die Eindringlinge haben mich überlistet", wimmerte das fladenförmige Ding. „Aber wenn du gnädig sein willst, dann laß sie mich bestrafen.“
Der Dämon Orbaniel hatte für das jammernde Scheusal jedoch nur Verachtung übrig.
„Du hast meine Verbote mißachtet", donnerte er. „In deiner Freßgier hast du dich an jeder erbärmlichen Kreatur vergriffen, die dir über den Weg gelaufen ist. Du hast nicht einmal vor Ratten, Fliegen, Mücken, Käfern und Würmern. zurückgeschreckt. Zu so etwas sollst du nun werden."
Es gab einen Knall, und irgend etwas schlug in das fladenförmige Ding ein und zerriß es. Im nächsten Augenblick sah Dorian, wie sich aus den tausend Teilen, in die Aghmur zerrissen worden war, lauter Ungeziefer bildete. Das Getier stob quietschend, quakend und summend in alle Richtungen davon.
Der Dämon Orbaniel lachte schaurig.
„Zeigen Sie ihm den Ys-Spiegel", verlangte Gunnarsson von Dorian. „Er soll es überall herumerzählen, daß er den Ys-Spiegel gesehen hat. Dann werden es die Dämonen nicht wagen, über uns herzufallen."
Dorian zögerte.
Der Dämon Orbaniel wandte sich ihnen zu.
„Ihr sitzt in der Falle-, schrie er ihnen entgegen. „Flieht nur, ihr erbärmlichen Würmer, denn jetzt beginnt die wilde Jagd auf euch!"
„Den Spiegel, Dorian!" verlangte der
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